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Viele Apotheken sind gefährdet.

© dpa

Wegen Insolvenz eines Dienstleisters: Jede fünfte Apotheke in Existenz bedroht

Die Insolvenz eines Dienstleisters, der Rezepte abrechnete, bedroht nun auch Brandenburgs Apotheken. Ministerien ignorieren Hilferuf.

Potsdam - In Brandenburg ist jede fünfte Apotheke von der Insolvenz des Apotheken-Abrechnungszentrums AvP Deutschland betroffen. Das teilte der Apotheker-Verband Brandenburg am Donnerstag in Potsdam mit. Das Abrechnungszentrum rechnet die Rezepte, die bei einer Apotheke eingehen, im Auftrag der Apotheker mit den Krankenkassen ab. 

Weswegen die Insolvenz des Abrechnungszentrums nun zu erheblichen offenen Forderungen bei den Apotheken führt: Im Durchschnitt hat der Dienstleister bei jeder der rund 120 betroffenen Apotheken Außenstände in Höhe von bis zu 160 000 Euro. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt gegen zwei AvP-Mitarbeiter wegen Bankrotts, einer betrügerischen Form der Insolvenz.

Woidke habe dem Verband nicht geantwortet

Die Pharmazeuten erheben schwere Vorwürfe an die Adresse der Politik: Auf Hilfeersuchen des Apothekerverbandes Brandenburg e.V. (AVB) hätten die Staatskanzlei, das Wirtschaftsministerium sowie das Finanzministerium ablehnend desinteressiert oder überhaupt nicht reagiert. Einzig das Gesundheitsministerium zeigte sich sofort alarmiert. Ein Schreiben an Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sei nach Angaben des AVB der Staatskanzlei „nicht einmal eine Antwort wert“ gewesen.

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Im Wirtschaftsministerium sei nur gegen großen Widerstand des Ministeriums überhaupt ein Gesprächstermin erreicht worden. „Das vor einer Woche zustande gekommene Gespräch verlief jedoch weitestgehend ergebnislos“, sagte der Vorsitzende des Apothekerverbandes, Olaf Behrendt. „Es brachte nur zutage, dass sich das Wirtschaftsministerium offenbar nicht für eine Sicherung der unverschuldet in Not geratenen Apotheken und damit für die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung in Brandenburg interessiert.“

Verband will Erlass der Umsatzsteuer

Keine Antwort habe es zudem auf ein Schreiben mit der Bitte um Unterstützung an das Finanzministerium des Landes gegeben. Hier wollte der Verband darüber sprechen, ob es möglich sei, wenigstens die fällige Umsatzsteuer zu erlassen oder zinslos zu stunden, um nicht noch mehr Geld aus den Apotheken abzuziehen. 

„Der Liquiditätsengpass gefährdet – völlig unverschuldet – die wirtschaftliche und persönliche Existenz der Apothekeninhaberinnen, aber auch die Arbeitsplätze der Mitarbeiter der betroffenen Apotheken und die Patientenversorgung,“ sagte Behrendt. „Wir erwarten jetzt Angebote zu konstruktiven, der Situation angemessenen und lösungsorientierten Gesprächen.“

Nonnemacher: Es gibt diverse Hilfen

Thema war die AvP-Insolvenz allerdings in der letzten Sitzung des Gesundheitsausschuss des Potsdamer Landtags. Damals sagte Ministerin Ursula Nonnemacher (Grüne), es bestehe zwar „prinzipiell die Gefahr von Zahlungsfähigkeit“ einzelner Apotheken. Es gebe jedoch bereits diverse Hilfen: So hätten Arzneimittelgroßhändler erklärt, Zahlungen zu stunden. 

Eine Krankenkasse habe eine Abschlagszahlung vorgezogen, weitere Kassen leiteten ebenfalls Hilfsmaßnahmen ein. Die Apothekerkammer stunde fällige Mitgliedsbeiträge und Banken hätten Kreditgewährungen zugesagt. „Bisher sehe ich aber keine Gefahr einer Apothekenschließung“, sagte Nonnemacher damals. „Es ist nicht davon auszugehen, dass eine größere Zahl von Apotheken von Schließung oder Insolvenz bedroht ist.“

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