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Zerstörtes Grün. Der größte Waldbrand in diesem Jahr ereignete sich im August bei Treuenbrietzen (Potsdam-Mittelmark). 

© Ralf Hirschberger/dpa

Waldzustandsbericht: Brandenburgs Bäume haben gelitten

Für Brandenburgs Bäume war 2018 ein Extremjahr mit Hitze und Waldbränden. Das Ausmaß der Schäden ist noch nicht abzusehen.

Potsdam - Dürre, Hitze, Brände, Schädlinge. Die märkischen Wälder waren in diesem Jahr extremen Belastungen ausgesetzt. Wie die grüne Lunge Brandenburgs den Stress überstanden hat, wird sich erst 2019 zeigen. Der Waldzustandsbericht, den Forstminister Jörg Vogelsänger (SPD) und Waldexperten am Mittwoch vorstellten, erfasst wie immer nur den Status Quo bis August des aktuellen Jahres. Mit Sommerende war aber noch lange nicht Schluss mit der Trockenheit. Den letzten Waldbrand des Jahres gab es am 28. November. „Das hatten wir noch nie“, macht Ralf Kätzel, Abteilungsleiter im Landeskompetenzzentrum Forst in Eberswalde (Barnim) deutlich. Wenn das kommende Jahr klimatisch ähnlich verlaufe, „müssen wir uns ernsthafte Sorgen machen“.

Die Bäume brauchen dringend Wasser

„2018 war ein dramatisches Jahr“, sagt auch Minister Vogelsänger. Der Brandenburger Wald müsse mit dem Klimawandel zurechtkommen. Zumindest bis August tat er das noch relativ gut. Die anhaltende Trockenheit habe aber bereits zu einem weniger guten Waldzustand geführt als noch ein Jahr zuvor. In Abhängigkeit von der Witterung der kommenden Monate – die Bäume brauchen Wasser, aber je nach Baumart möglichst kein Eis – müsse mit einer deutlichen Verschlechterung des Waldzustandes gerechnet werden, machte Vogelsänger deutlich. Zum Zeitpunkt der Datenerhebung im Juli und August wiesen elf Prozent der Waldfläche deutliche Schäden auf. Das sind zwei Prozent mehr als im letzten Jahr. 45 Prozent des Waldes sind komplett unbeschadet.

Die Eiche bereitet die größten Sorgen

Das „Sorgenkind“ sei in Brandenburg die Eiche, die Trockenheit aufgrund ihrer physiologischen Beschaffenheit schlecht verkrafte, so Kätzel. Nur 16 Prozent der Eichen seien gesund. Die Schäden nahmen im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent zu. Der Zustand der Buchen sei hingegen gut und der der Kiefern gleichbleibend. Trotzdem sei die Gefahr angesichts der Klimaveränderungen und der Wuchsbedingungen in Brandenburg groß, warnte Kätzel. Arme Sandstandorte und auch im Durchschnitt wenig Niederschläge machten es den Bäumen nicht leicht.

Kaum noch etwas zu retten ist in den Waldbrandgebieten. Insgesamt 489 Brände auf einer Fläche von 1655 Hektar Wald wurden in diesem Jahr registriert. Davon waren elf Feuer Großbrände, die auf jeweils mehr als zehn Hektar Land wüteten. Besonders dramatisch war die Lage bei Treuenbrietzen (Potsdam-Mittelmark), wo im August 300 Hektar Kiefernwald brannten. Rund 90 Prozent der Bäume sind nicht zu retten.

Teure Aufforstung

Die Aufforstung nach Waldbränden koste zwischen 5000 und 8000 Euro pro Hektar und muss von den zumeist privaten Waldbesitzern eigentlich binnen drei Jahren erledigt sein. Betroffene Waldbesitzer würden durch EU-Fördermittel und Beratung durch den Landesbetrieb Forst unterstützt, sagte Vogelsänger, der sich wie berichtet vor zwei Wochen ein Bild von den Forstarbeiten im Brandgebiet gemacht hat. Im März kommenden Jahres sollen tausende in Baumschulen herangezogene Setzlinge in die Erde gebracht werden.

Brandenburg habe ein sehr modernes Waldbrandmonitoring, betonte Kätzel. Aber bislang ist das „Firewatch“-System – eine Sensortechnik – nicht das ganze Jahr über in Betrieb. Wenn sich wie in diesem Jahr die Waldbrandsaison von März bis November ausdehne, müsse man über eine Änderung nachdenken, so der Forstfachmann.

Auch die Folgen der Brände sind nicht zu unterschätzen. Die durch Feuer und Trockenheit geschädigten Bäumen seien anfälliger für pilzliche Schaderreger und Insekten mit illustren Namen, erklärt Experte Ralf Kätzel. Borkenkäfer, Kieferprachtkäfer aber auch Kiefernspinner, Kiefernspanner, Nonne und Kiefernbuschhornblattwespe befallen die Bäume.

Die Brandenburger Grünen haben kein allzu großes Vertrauen darauf, dass das Forstministerium die Lage realistisch einschätzt und in den Griff bekommt. „55 Prozent unserer Bäume weisen Schäden auf, 11 Prozent deutliche Schäden. Dass Umweltminister Jörg Vogelsänger hier trotzdem von einem guten Waldzustand spricht, ist abwegig“, sagt der umweltpolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Benjamin Raschke. 2018 sei das Jahr, in dem großen Teilen der Bevölkerung klar geworden sei, dass der Klimawandel und die damit einhergehenden zunehmenden Wetterextreme längst in Brandenburg angekommen seien. „In unseren Wäldern lässt sich das aber schon lange ablesen“, so Raschke. Seit Jahren werde als wichtigste Gegenmaßnahme zu Recht der Waldumbau beschworen. Die tatsächliche Bilanz aber sehe nach vier Jahren unter Minister Vogelsänger mager aus.

Seit 1990 sind nach den Angaben von Ralf Kätzel 80 000 Hektar Wald in Brandenburg umgebaut, mit einer größeren Mischung an Baumarten ausgestattet worden. Nach wie vor sind 72 Prozent der Brandenburger Bäume Kiefern. Weitere 300 000 Hektar Wald müssten umgebaut werden, um den Klimafolgen wenigstens für längere Zeit standhalten zu können, so der Forstexperte. Aber das sei eine Aufgabe für viele Jahrzehnte. „Am Geld liegt es nicht“, sagt er, sondern mehr daran, dass die Natur keinen schnelleren Umbau erlaube. Bäume zu jung zu fällen, um neue anzupflanzen, sei kontraproduktiv.

Vogelsänger mahnt zur Vorsicht

Insgesamt hat Brandenburg etwa 1,1 Millionen Hektar Wald. Um das riesige Naherholungsgebiet für Brandenburger zu erhalten, könne jeder etwas beitragen, so Vogelsänger. Oft sei fahrlässige Brandstiftung die Ursache für Feuer mit verheerender Wirkung. Einfahr -und Zutrittsverbote zu achten sei oberstes Gebot. „Der Wald ist ein großer Schatz, den wir in Brandenburg haben“, so Vogelsänger.

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