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Vorzeitiger Rücktritt von Landrat Burkhard Schröder: „Das Havelland ist mein Kind“

Brandenburgs dienstältester Landrat, Burkhard Schröder, geht vorzeitig in den Ruhestand. Und er mahnt trotz Turbulenzen die SPD weiter zu einem anderen Umgang mit der AfD und den Ängsten der Bürger.

Rathenow - 25 Jahre, also seit der Wiedervereinigung Deutschlands, war er im Amt, erst als Landrat im Altkreis Nauen, dann im Havelland. Nun geht Burkhard Schröder (SPD, 65) zum 1. April 2016 in den Ruhestand. Der Kreistag stimmte am Montagabend in nicht öffentlicher Sitzung mit wenigen Enthaltungen und einer Gegenstimme einem Antrag Schröders zu, aus Altersgründen vorzeitig in den Ruhestand versetzt zu werden. Nach PNN-Informationen soll deshalb im März ein neuer Landrat gewählt werden.

Schröder selbst hatte den Antrag gestellt, noch vor Ablauf seiner laufenden Dienstzeit entlassen zu werden. Im Kreistag ist darüber ohne größere Debatte abgestimmt worden. Schröder sagte, er habe diesen Schritt schon seit längerer Zeit geplant. Andere Gründe wie etwa seine Gesundheit seien nicht der Grund für diesen Schritt gewesen. Zudem hätte er den Antrag schon früher stellen können, sagte er. Nach seinem 65. Geburtstag am 20. Juli hätte er schon zum 1. Dezember mit Erreichen der Regelaltersgrenze auf Antrag in den Ruhestand versetzt werden können. So steht es im Beschlussantrag für den Kreistag, der den PNN vorliegt und dem am Montagabend der Kreistag zugestimmt hat. Er war 2009 vom Kreistag erneut für eine Amtszeit von acht Jahren gewählt worden, seine reguläre Dienstzeit als Wahlbeamter endet erst im Februar 2018.

Schröder: „Havelland ist mein Kind, davon trennt man sich nicht gern“

„Ich habe mit meiner Familie seit Längerem verabredet, dass ich mich im kommenden Jahr zurückziehe“, sagte Schröder am Dienstag. Er wolle sich nun um seine Ehefrau, seine Tochter und das Enkelkind kümmern, aber auch mehr Sport treiben und sich im Ehrenamt für den Tierschutz einsetzen. „Ich bin ein Mensch, der sich von Ämtern trennen kann.“ Seine Frau habe insgeheim schon auf den 1. Januar als Datum für den Rückzug gehofft. „Doch mir war wichtig, noch einen ausgeglichenen Haushalt für 2016 unter Dach und Fach zu bringen und noch ein paar Projekte anzuschieben, wie der Bahntechnologiecampus Elstal.“ Wenn er die Bewältigung der Flüchtlingskrise und die Umsetzung der Kreisgebietsreform bis zu Ende hätte mit begleiten wollen, „dann hätte ich bis Ende 70 weitermachen müssen“, sagte er den PNN. „Havelland ist mein Kind, davon trennt man sich nicht gern“, so Schröder. Er habe dennoch bereits vor einigen Jahren den Vorsitz des SPD-Unterbezirks abgegeben, um sich mehr auf Sachthemen zu konzentrieren.

Schröder, der auch Schatzmeister und Mitglied im Landesvorstand der brandenburgischen SPD ist, hatte zuletzt mit Äußerungen zur wachsenden Zahl von Flüchtlingen und zur rechtspopulistischen AfD für Aufsehen gesorgt. Welche Rolle die breite Kritik daran für seine Entscheidung, in den Ruhestand zu gehen, spielte, kam im Kreistag am Montagabend nicht zur Sprache.

Schröder sorgte für Eklat in der Landespolitik

Erst im Oktober hatte Schröder in Brandenburgs Landespolitik für einen Eklat gesorgt. Obwohl er im Vorstand der Landes- SPD sitzt und dort Schatzmeister der Regierungspartei ist, hatte er mit einem Besuch in der AfD-Landtagsfraktion den im Landtag fraktionsübergreifend vereinbarten Bann gegen die rechtspopulistische Partei durchbrochen. Die AfD schlachtete den Besuch über die sozialen Medien groß aus. Aus der Linkspartei und von den Grünen war Schröder deshalb mehrfach zum Rücktritt aufgefordert worden.

Ende Oktober hatte Schröder dann erneut mit Äußerungen zur AfD für Empörung gesorgt. Im Kreistag hatte der Landrat in einer Debatte über seinen AfD-Besuch nachgelegt und erklärt, in Flüchtlingsfragen müssten sich alle ehrlicher mit den Bürgern auseinandersetzen. „Leider hat die AfD als einzige Partei die Probleme angezeigt, die etablierten Parteien haben versagt und zunächst nur Zuversichtsparolen ausgegeben“, hatte Schröder erklärt.

Die AfD zu sehr gelobt

Brandenburgs Landes-SPD hatte daraufhin offene Kritik an Schröder vermieden. Generalsekretärin Klara Geywitz äußerte gerade einmal „großes Unverständnis“. Aus den eigenen Reihen war Schröder auch vorgeworfen worden, die AfD hoffähig zu machen. Schröder hatte sich gegen diese Kritik gewehrt: Wenn die AfD in den Kommunalparlamenten vertreten sei, müsse man sich auch mit ihr auseinandersetzen. Der SPD-Landesvorstand fasste dann Mitte November einstimmig einen Beschluss, wonach es keinerlei Zusammenarbeit mit der AfD geben wird. Auch Schröder stimmte zu. Laut einem Parteisprecher hat Schröder erklärt, sich an den Beschluss zur „Nicht-Zusammenarbeit“ halten zu wollen. Ansonsten hätte er gleich zurücktreten müssen, wie Schröter nun den PNN sagte.

Am Montag räumte er aber auch ein, dass er die AfD zu sehr gelobt habe. „Das war ein Schulterklopfen zu viel.“ Die Auseinandersetzung dazu, die Kritik an ihm im SPD-Landesvorstand und die Rücktrittsforderungen seien aber nicht der Grund für den Rückzug. „Davon lässt sich ein Landrat bei seiner Entscheidungsfindung nicht beeindrucken“, sagte Schröder. Dennoch halte er weiterhin die AfD für eine demokratisch gewählte Partei, mit der man vor allem in der Lokalpolitik im Havelland reden könne und müsse. Im Kreistag sei die AfD „relativ sachorientiert“. Die SPD und die anderen etablierten Parteien müssten aufpassen, dass sie nicht der AfD allein die „gesunde Angst, die Sachkritik und das Zweifeln an der leichten Bewältigung“ überlassen. „Wir müssen die Bürger ansprechen, dürfen sie nicht nur als naiv-ängstlich oder rechtsradikal-nah einordnen“, so Schröder.

Lob für den "Aufbau-Politiker"

SPD-Landtagsfraktionschef Klaus Ness, der auch im Landesparteivorstand sitzt, sagte am Dienstag, Schröders Besuch bei der AfD und seine Äußerungen zu der Partei seien im Vergleich zu seinen Verdiensten als Landrat eine Petitesse. Schröder gehöre zu jener Aufbaugeneration von Politikern der ersten Stunde, die nach Wende und Wiedervereinigung Verantwortung übernommen hätten. Schröder habe in schwierigen Jahren den Landkreis geführt und eine funktionierende Verwaltung aufgebaut.

Im Kreistag Havelland hieß es, Schröders Entschluss, in den Ruhestand zu gehen, sei vor allem bei den Linken mit Erleichterung aufgenommen worden. Bei SPD und CDU habe Bedauern geherrscht.

Für die Nachfolge gibt es in CDU und SPD bereits erste Favoriten für die Nachfolge. Die Linke hält sich noch bedeckt und will ausloten, ob sie einen eigenen Kandidaten aufstellt. Bei den Sozialdemokraten ist Ines Jesse im Gespräch, sie ist in Falkensee Beigeordnete für Ordnung und Schule. Die 44-Jährige ist zugleich Vize- Chefin des SPD-Unterbezirks im Havelland. Nicht ausgeschlossen ist, dass auch Unterbezirkschef und Kulturstaatssekretär Martin Gorholt formal seine Bewerbung in den Ring wirft. Als Favoritin aber ist Jesse im Gespräch, die Juristin gilt als durchsetzungsstark und fachlich überaus kompetent. Bei der CDU macht der Name von Roger Lewandowski die Runde, der bislang Schröders Stellvertreter im Landratsamt und Vorsitzender des CDU-Ortsverbands in Falkensee ist. Schröder sagte: „Ich werde einen guten Bewerber aus der SPD unterstützen, aber keinen Kronprinzen in den Ring stellen.“

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