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Brandenburg: Vorerst in Freiheit

Schwierige Beweislage beim Berliner Münzdiebstahl Einer der vier Tatverdächtigen entlassen

Berlin - Ein spektakulärer Einbruch, ein stadtbekannter Clan und verärgerte Ermittler. Nachdem im Juni vier Verdächtige in Untersuchungshaft kamen, weil sie eine 100-Kilogramm-Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum gestohlen haben sollen, ist einer der Männer wieder frei. Das teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit. Gegen den 19 Jahre alten Neuköllner werde ermittelt, der für Haft nötige „dringende Tatverdacht“ bestehe aber nicht mehr. Zudem können die Ermittler offenbar nicht ausreichend darlegen, dass es sich bei den inhaftierten um eine Bande im rechtlichen Sinne handelt. Die Haftbefehle sind wegen gemeinschaftlichen Diebstahls ausgestellt worden.

Bekannt geworden ist gestern außerdem, dass bei der Festnahme und der anschließenden Durchsuchung der Örtlichkeiten Goldstaub gefunden wurde. Wegen des Goldabriebs werde davon ausgegangen, dass die kostbare Münze zerstört und in Stücken verkauft wurde, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Bei dem entlassenen Mann handelt es sich um einen Sprössling der bekannten Familie R. – der Clan stammt aus dem Libanon, zwei andere Angehörige und ein weiterer Mann sitzen wegen des Museumseinbruchs noch in Haft. Der Familie R. gehören in Berlin Dutzende Männer an, die miteinander verwandt sind. Immer wieder waren Angehörige durch Gewalttaten, Drogenhandel und Eigentumsdelikte aufgefallen. Viele von ihnen haben, so der Stand der Behörden, keine gültigen Papiere – und gelten als staatenlos. Auch die Ämter im Libanon betrachten diese Männer nicht als ihre Staatsbürger. Dies hängt damit zusammen, dass deren Familien einst als Flüchtlinge zu ihnen gekommen sein sollen.

Die aktuell Verdächtigen allerdings sind deutsche Staatsbürger, sie wurden offenbar in Berlin geboren. Sie ausweisen zu lassen ist also nicht möglich. Dies war in ähnlichen Fällen erfolglos versucht worden. Im Kampf gegen kriminelle arabischstämmige Großfamilien klagen Ermittler seit Jahren über mangelnde Hilfe ausländischer Behörden.

Der Chef des Dezernats „Organisierte Kriminalität“ im Berliner Landeskriminalamt, Dirk Jakob, sagte am Donnerstag dem rbb-Inforadio, gerade mit dem Libanon gebe es immer wieder Probleme. Als Beispiel nannte er Ermittlungen zu zweifelhaften Geldflüssen. Die Informationen aus dem Libanon seien oft schlecht oder kämen so spät, dass sie kaum noch zu verwerten seien. Bislang hatten sich Ermittler dahingehend mit klaren Statements zurückgehalten, unter Beamten wurde das rbb-Interview als „mutig“ begrüßt. Auf einen fremden Staat kann Innensenator Andreas Geisel (SPD) kaum Druck ausüben. Das wäre Aufgabe der Bundesregierung. Das Innenministerium teilte mit, die kriminellen Aktivitäten durch Angehörige solcher Clans beobachte man „aufmerksam und besorgt“. Das Bundeskriminalamt unterstütze die betroffenen Länder durch „die Führungen von Ermittlungsverfahren mit internationalen Bezügen“. In Beirut sitzt ein Verbindungsbeamter.

In der Debatte um illegale Aktivitäten arabischer Großfamilien hatte 2013 schon der frühere Innensenator Frank Henkel (CDU) gesagt: „Die Kriminalitätsbelastung durch Großfamilien ist in Berlin vergleichsweise hoch. Den Großteil der Probleme müsse man „hier bei uns lösen“. Wo ein Abschieben in Herkunftsländer – vor allem in den Libanon – aber möglich sei, so Henkel, werde dies versucht. In den Landesinnenministerien wird deshalb eine Liste geführt, auf der die Namen von Verurteilten stehen, bei denen sich die Behörden in der Lage sehen, mittels „Sachbeweisen“ eine libanesische Herkunft nachzuweisen. Dies können neben libanesischen Pässen auch Identitätskarten der United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees sein, der UN-Einrichtung für palästinensische Flüchtlinge – Hunderttausende von ihnen leben im Libanon. Hannes Heine (mit dpa)

Hannes Heine (mit dpa)

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