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Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD,l.), Innenminister Michael Stübgen (CDU), Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), und Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne).

© Soeren Stache/dpa (archiv, 13.02.2020)

Vor Kabinettssitzung: Kenia streitet um Corona-Verbote

Der Landessportbund macht Druck, Hallensport zu erlauben. Das Kabinett ist vor der Sitzung am Dienstag uneins. Themen sind auch Restriktionen für Prostitution und die Maskenpflicht in Schulen.

Potsdam - Brandenburgs Kenia-Kabinett unter Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ist uneins über weitere Corona-Restriktionen im Land. Und zwar beim Hallensport für Erwachsene und der Prostitution, was beides - anders als in anderen Bundesländern - in Brandenburg noch strikt verboten ist. Bleibt es dabei? Zwar will die Regierung am Dienstag diverse Verordnungen zur Bekämpfung der Covid19-Pandemie an aktuelle Erfordernisse anpassen, was Woidke mit den Vize-MPs Michael Stübgen (Innen, CDU) und Ursula Nonnemacher (Gesundheit, Grüne) anschließend danach auf einer Pressekonferenz verkünden wollen. Doch noch am Montag, als die Amtschefs zur Vorbereitung tagten, gab es keine Einigung. Es gehe strittig ins Kabinett, hieß es. Nach PNN-Recherchen sah es eher danach aus, dass es bei den Restriktionen für Hallensport und Prostitution bleiben wird.  

Die Entscheidung, ob der Indoorsport mit sogenannten „Kontaktsportarten“ wie Judo oder Ringen für Erwachsene wieder erlaubt wird, fällt somit erst in der Sitzung. Das ist eher selten der Fall. Und der Druck auf die Regierung wächst. Dem Vernehmen nach gab es letzte Woche ein Treffen der Spitze des Landessportbundes (LSB) mit Ministerpräsident Woidke. Der LSB erneuerte am Montag seine Forderung, „Kontaktsportarten für über 27-jährige zu genehmigen, Hallensportarten zuzulassen“, wie LSB-Chef Andreas Gerlach dieser Zeitung sagte. „Brandenburg ist das einzige Bundesland, wo das noch nicht erlaubt ist.“ 

Schubert appelliert an Regierung

Die Nachvollziehbarkeit der Kontakte werde selbstverständlich gewährleistet. Wie aus einem bundesweiten Vergleich der Sportverbände hervorgeht, haben alle anderen Länder Kontaktsport auch in Hallen wieder erlaubt, einige mit Obergrenzen bei Teilnehmerzahlen, andere wie Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern sogar uneingeschränkt. „Irgendwann ist es nicht mehr erklärbar, dass wir die letzten in Deutschland sind“, so Gerlach.  

So sieht es auch Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD), der am Montag an die Regierung appellierte, Kontaktsport auch in Hallen in Brandenburg zuzulassen. „Dass in Brandenburg nicht möglich sein soll, was in allen anderen Bundesländern geht, ist unverständlich“, sagte Schubert dieser Zeitung. „Das ist für das Sportland Brandenburg ein Wettbewerbsnachteil.“ Sein Amtskollege aus Frankfurt/Oder, Oberbürgermeister René Wilke (Linke) plädiert für eine pragmatische Lösung. Er habe Verständnis, dass sich die Regierung wegen der Corona-Risiken schwer tut. „Es ist eine komplizierte Abwägung. Das kann ich nachvollziehen“, sagte Wilke dieser Zeitung. „Ich hoffe, dass vor Ort über Ausnahmen entschieden werden kann – abhängig vom Infektionsgeschehen.“ 

Ringer-Chef zeigt Verständnis

Der Präsident des Brandenburger Ringerverbandes Danny Eichelbaum, der auch CDU-Landtagsabgeordneter ist, verwies auf Gespräche mit der Landesregierung, „über weitere mögliche Lockerungen im Kontaktsport“. Er habe jedoch „Verständnis dafür, dass bei der Entscheidung der Landesregierung nicht nur die Interessen des Sports und die Regelungen in anderen Bundesländern, sondern auch das allgemeine Infektionsgeschehen in Brandenburg, die Auswirkungen der Schulöffnungen auf die Entwicklung der Pandemie in Brandenburg und der Gleichheitsgrundsatz berücksichtigt werden müssen“, so Eichelbaum auf Anfrage. „Insofern ist das ein nicht einfacher Abwägungsprozess." 

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Maskenpflicht in Schulen soll geregelt werden

Vor der Sitzung sehen die Fronten im Kabinett etwa so aus. Das Bildungsministerium ist auf die Linie des Landessportbundes eingeschwenkt. Das Gesundheitsministerium ist weiterhin dagegen, Hallensport zu erlauben. Gerade jetzt, wo die Fallzahlen wieder steigen, schon die Schulöffnungen nach dem Ende der Sommerferien und die Rückkehr vieler Urlauber schwer kalkulierbare Risiken bergen, halten die Experten das nicht für vertretbar. Ein zweiter Lockdown müsse verhindert werden, so die Prämisse.  

Erst mit der jetzigen Novelle der Umgangsverordnung soll zudem die Maskenpflicht in Schulgebäuden geregelt werden, die zum Schulbeginn angekündigt wurde, seit Montag praktiziert wird, aber noch keine Rechtsgrundlage hat. Innerhalb der Regierung gibt es auch Unverständnis, warum Ernst dies in den Ferien nicht rechtzeitig über eine Verordnung regelte. Rückdeckung bekommt Nonnemacher von Justizministerin Susanne Hofmann (CDU), die juristische Risiken für die Corona-Verordnung des Landes sieht, wenn man Hallensport uneingeschränkt erlaubt. 

Das Gesundheitsministerium wiederum hatte eigentlich vor, nach Urteilen in anderen Ländern bei der Prostitution leichte Lockerungen zuzulassen, also zumindest erotische Massagen – adäquat zu körpernahen Dienstleistungen – zu erlauben. Und zwar auch, damit die Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen nicht in die Illegalität gedrängt werden, wogegen das Bildungsministerium unter Verweis auf die Kontaktsportarten sein Veto einlegte. Es wird eine spannende Sitzung.

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