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Von Thorsten Metzner: 161 Landarzt-Praxen unbesetzt

Brandenburg droht Ärzte-Notstand: Tack will medizinische Versorgung auf „neuen Wegen“ sichern

Potsdam - Brandenburg, schon jetzt das Land mit der bundesweit geringsten Arztdichte, ringt weiter mit dem chronischen Ärztemangel – und langen Wegen, insbesondere in den berlinfernen Regionen, bis zum nächsten Doktor. Linke-Gesundheitsministerin Anita Tack zeigte sich am Mittwoch dennoch zuversichtlich, das Problem besser in den Griff zu bekommen als die SPD/CDU-Vorgängerregierungen. „Wir sind auf dem Weg, dass es besser wird. Aber es gibt keine schnellen Antworten“, sagte sie. Allerdings machte Tack keinen Hehl daraus, dass auch künftig nicht jede frei werdende Landarztpraxis wieder besetzt werden kann: Das Land werde stattdessen verstärkt auf „neue Modelle“ setzen, um vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung die medizinische Versorgung sichern, etwa mit Telemedizin, der „Gemeindeschwester“ oder flexiblen Möglichkeiten über „Rufbusse“ oder „Ruftaxis“, eins der 32 Gesundheitszentren – einem Modell früherer Polikliniken – zu erreichen.

Die Zeit drängt, da sich das seit Jahren eklatante Problem weiter verschärft. Zwar hat sich die Zahl der niedergelassenen Allgemeinmediziner in den letzten Jahren im Land Brandenburg von 3280 auf 3511 erhöht. Aber jeder Dritte ist über 60 Jahre alt – und wird in absehbarer Zeit ausfallen, sodass das Praxissterben unvermindert weitergeht. Zum Vergleich: Bundesweit sind 18 Prozent der ambulanten Allgemeinmediziner über 60 Jahre alt. Dabei sind in Brandenburg schon jetzt 161 Hausarzt-Praxen nicht besetzt. Allein in der Uckermark sind es 26 Praxen, in Märkisch-Oderland 20 Praxen, in Spree-Neiße 21 Praxen, was in den dünnbesiedelten Regionen zu extrem weiten Wegen bis zum Landarzt führt. Aber, nach den amtlichen Erhebungen des Tack-Ministeriums, gibt es auch gegensätzliche Trends: So werden in Potsdam, in Cottbus, in Frankfurt/Oder und erstaunlicherweise auch im berlinfernen Landkreis Elbe-Elster keine neuen ambulanten Allgemeinmediziner zugelassen, weil der Bedarf dort gedeckt ist.

Die größten Probleme gibt es im Altkreis Angermünde in der Uckermark, der nach den amtlichen Kriterien eine „medizinisch unterversorgte Region“ ist, bislang ist es die einzige im Land. Aber, das kann sich schon bald ändern. Als drohende unterversorgte Regionen gelten bereits die Altkreise Brandenburg/Land, Forst, Guben, Jüterbog, Pritzwalk und Schwedt, alle ausnahmslos außerhalb des dicht besiedelten Berliner Umlandes gelegen.

Und die Spielräume des Landes sind eng. „Wir haben kein staatliches, sondern ein selbstverwaltetes Gesundheitswesen“, erklärte Thomas Barta, Abteilungsleiter für Gesundheit. Daher müssten alle Beteiligten, Ärzte, Kassen, Kassenärztliche Vereinigungen, an einem Strang ziehen. Forderungen der CDU- und FDP-Opposition nach einer eigenständigen, teuren Medizin-Fakultät in Brandenburg – bei den Hochschulgründungen nach 1990 unter dem damaligen Wissenschaftsminister Hinrich Enderlein (FDP) hatte man in Arbeitsteilung mit Berlin aus Kostengründen darauf verzichtet, erteilte Tack eine Absage. „Es geht nicht.“ 

Die Ankündigungen und Erklärungen Tacks stießen auf scharfe Kritik der oppositionellen CDU und FDP. „Wir brauchen messbare Ergebnisse“, erklärte der FDP-Gesundheitsexperte Gregor Beyer. Und der CDU-Gesundheitsexperte Michael Schierack, selbst praktizierender Arzt, warf der rot-roten Regierung „Tatenlosigkeit“ vor. Diese sei „eine ernste Gefahr für die gesundheitliche Versorgung unserer Bürger“. Die neue Ministerin lasse jede Eigeninitiative gegen den Ärztemangel vermissen.

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