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Randale vor der Disko. Nach den Steinwürfen sperrte die Polizei das beschädigte Gebäude in der Frankfurter Allee ab.

© ddp

Von Tanja Buntrock und Frank Jansen: Aufforderung zum Tanz

Nach dem Neonazi-Angriff auf einen 22-Jährigen haben Linksautonome aus Rache eine Disko attackiert

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Berlin - Der Rechts-Links-Konflikt in Berlin eskaliert weiter: Nach dem brutalen Angriff von vier brandenburgischen Neonazis auf einen 22-Jährigen haben Linksautonome in der Nacht zu Mittwoch offenbar Rache genommen. Etwa 200 Personen bewarfen die Diskothek „Jeton“ in Berlin-Friedrichshain mit Steinen. Das Jeton gilt als Treffpunkt von Hooligans und Rechtsextremisten. Die vier Rechten, die am Sonntag in Friedrichshain den Neuköllner Jonas K. zusammenschlugen, sollen zuvor in der Diskothek in der Frankfurter Allee gewesen sein. Die Brutalität der Tat vom Sonntag habe „offenkundig die gewaltbereite linksextreme Szene weiter emotionalisiert und mobilisiert“, sagte Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch am Mittwoch den PNN.

Außerdem ist laut Glietsch schon im ersten Halbjahr die Zahl der Gewaltdelikte von Linksextremisten gegen Rechtsextremisten gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres deutlich gestiegen: Von acht auf 21. Die Angriffe von Rechten auf Linke seien hingegen von neun auf vier zurückgegangen, sagte der Polizeipräsident.

Der Angriff auf das Jeton geschah gegen 23.15 Uhr. Dabei wurden die Verglasung, die Leuchtreklame, eine Außentreppe und drei geparkte Autos beschädigt. Die Diskothek war geschlossen. Die Täter warfen auch Steine auf einen Funkstreifenwagen. Ein Polizist erlitt leichte Verletzungen. Auch Beamte einer Einsatzhundertschaft wurden mit Steinen beworfen. Ebenso gingen Scheiben des „Ringcenters“ zu Bruch. Dann flüchteten die Täter.

Der Besitzer des Jeton, Ronny Berkahn, sagte den PNN: „Die Täter haben vor meinem Laden Zettel von der Antifa hinterlegt. Darauf steht ganz deutlich, dass es sich um eine Racheaktion für den Angriff am Wochenende handelt.“ Außerdem habe er „Hass E-Mails“ erhalten, in denen Unbekannte drohten, seinen „Laden abzufackeln“, sagte Berkahn. Er distanzierte sich von den Auseinandersetzungen. „Diese ganze Gewalt ist von beiden Seiten Schwachsinn“, sagte er. Berkahn betonte, bei ihm seien „auch Ausländer und Dunkelhäutige zu Gast“. Und er bezweifelt, dass die vier Neonazis in seinem Laden gefeiert haben. „Zu dem Zeitpunkt, als die Tat passierte, war meine Disko schon zwei Stunden zu. Außerdem hatten wir an jenem Abend eine Schaumparty: Die Männer hätten doch nass gewesen sein müssen“, glaubt Berkahn.

Ein Zusammenhang zwischen dem Angriff auf Jonas K. und der Randale am Jeton sei „nicht abwegig, aber bisher nicht zu belegen“, hieß es bei der Polizei. Wie berichtet, hatten die vier Rechten am Sonntagmorgen auf einem Weg zwischen U- und S-Bahnhof Frankfurter Allee K. bewusstlos geschlagen. Dann legten sie seinen Kopf auf den Weg. Der Haupttäter trat auf den Kopf des Opfers.

Zuvor waren die vier Rechten mit einer Gruppe Linker aneinandergeraten. Dabei erlitt einer der Rechten eine Platzwunde am Kopf. Wie sich später bei den Ermittlungen herausstellte, gehörte vermutlich auch Jonas K. zur Gruppe der Linken. Er kam mit Hirnblutungen in eine Klinik.

Unterdessen kritisierte der Anwalt eines mutmaßlich beteiligten und am Montag festgenommenen Linken die Strafverfolger. Sein Mandant sei wegen der vagen Aussage eines der Neonazis der Haftrichterin vorgeführt worden, sagte Sven Lindemann. Die Richterin sah keinen dringenden Tatverdacht und wies den Antrag auf Haftbefehl zurück. Bei dem Rechten, der den Linken belastet hatte, handelt es sich nach Informationen dieser Zeitung um Michael L. Er sei bereits 2005 bei einer Feier zu Hitlers Geburtstag aufgefallen, hieß es in Sicherheitskreisen.

Zuletzt geriet das Jeton im August 2005 durch eine große Razzia in die Schlagzeilen. Spezialeinsatzkommandos (SEK) stürmten die Diskothek, weil dort angeblich Hooligans vor einem Spiel des 1. FC Union gegen BFC Dynamo Krawalle verabredeten. Am Sonnabend will ein linkes Bündnis in Friedrichshain demonstrieren. Das Motto lautet „Gegen rechte Gewalt. Für ein weltoffenes Friedrichshain“. Treffpunkt ist um 18 Uhr am Bersarinplatz. Die Demonstranten wollen zum S-Bahnhof Frankfurter Allee marschieren – der Weg führt auch vorbei am Jeton.

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