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Goldrichtig. Sebastian Brendel bei der Kanu-WM in Tschechien 2017.

© imago/Lars Moeller

Brandenburg: „Von meinem Boot aus habe ich immer Wasserblick“

Der dreifache Olympiasieger Sebastian Brendel über seine Wahlheimat Potsdam, sein tägliches Training im Einer-Canadier und die Probleme mit Hobbykapitänen

Herr Brendel, in Schwedt/Oder sind Sie geboren, aber seit 18 Jahren leben Sie als Profisportler in Potsdam. Wie kommt’s?

Ich bin im Jahr 2000 zur Sportschule Potsdam und zum Kanu Club gewechselt. Die Bedingungen für meinen Sport waren und sind gut. Wasser ist immer noch genauso viel da wie damals, und eine schöne Stadt ist es ja auch. Wir fühlen uns hier sehr wohl.

Mehr als 20 Gewässer befinden sich in Potsdam. Können Sie von Ihrer Wohnung aus einen Blick drauf werfen?

Nein, ich wohne in der Stadt und schaue auf Sanssouci. Aber von meinem Boot aus habe ich ja immer den Wasserblick. Der Kanu Club liegt im Sportpark Luftschiffhafen in Potsdam, direkt am Templiner See. Das ist recht zentral, und so habe ich kurze Wege.

Das Sportcentrum und der Kanu Club sind sicher nur für Mitglieder zugänglich?

Nein, jeder kann aufs Gelände und sich dort umschauen. Die Krafträume und Boote sind natürlich tabu. Direkt vor dem Eingang des Kanu Clubs verläuft, von der Potsdamer Innenstadt kommend, ein Radweg in Richtung Stadt Werder.

Wie oft trainieren Sie?

Sechsmal in der Woche von morgens um acht bis gegen 17.30/18 Uhr.

Dann haben Sie wohl wenig Lust, auch in Ihrer Freizeit auf dem Wasser zu sein?

Seit zwei Jahren mache ich Stand-up-Paddling, da steht man auf einem Brett und paddelt. Das macht echt Spaß. Entweder drehe ich bei uns eine Runde auf dem See oder auch mal auf dem Meer, wenn wir mit der Familie an der Ostsee sind.

Gibt es auch mal was Gemütliches auf dem Wasser, etwa eine Tour im Ruderboot mit Ihren beiden Kindern?

Eher selten. Einmal im Jahr feiert der Kanu Club die Eröffnung der Wassersportsaison. Bei diesem Anpaddeln fahren alle Sportler mit Familie, Freunden und Sponsoren zur Havelbucht und zurück. Dann kommt meine Familie auch mal mit. Ansonsten bin ich allein im Boot.

Ist das nicht öde auf Dauer?

Naja, andere gehen jeden Tag ins Büro und sitzen vor dem Schreibtisch. Klar ist mein Sport auch mal langweilig, aber die meisten Tage sind schön. Ich freue mich immer noch, wenn ich mich ins Boot knien kann.

Bei Wind und Wetter?

Okay, ein, zwei Grad Lufttemperatur und Schneeregen, das ist ein bisschen ätzend. Aber wenn es im Sommer regnet, kann das auch eine nette Abkühlung sein.

Wohin schwimmen Sie im Sommer?

Meistens gehen wir ins Strandbad am Templiner See. Das ist ein ziemlich familienfreundlicher Ort. Oder wir baden eben an der Ostsee. Die Havel hat manchmal viele Algen und ist auch nicht immer ganz sauber. Wenn ich mich an früher erinnere, fällt mir der Werbellinsee ein. Dort, bei Wildau, war ich öfter zu Wettkämpfen. Dort ist das Wasser ganz toll, da ist man gern mal hineingefallen.

Viele Stunden täglich sind Sie auf dem Wasser. Sogar am Wochenende. Nerven Sie die vielen anderen Boote?

Am schlimmsten sind die Hobbykapitäne, die sich so ein Floß oder Hausboot ausleihen und nicht wirklich Ahnung davon haben, wo sie langfahren. Das hat in den letzten Jahren extrem zugenommen. Deshalb muss man selbst achtsam und vorausschauend fahren. Hier gibt es auch viele Ausflugsdampfer, die in der Stadt starten und dann unsere Wege kreuzen. Das gehört dazu, dadurch haben wir dann eben ein bisschen Wellentraining. Man muss es hinnehmen als Sportler, dass man die Havel nicht für sich allein hat.

Neben Ihrem Sport sind Sie bei der Bundespolizei ...

... ja, inzwischen bin ich Polizeihauptmeister. In der Sportfördergruppe wird die Ausbildung gestreckt, aber meine Prüfungen habe ich ganz normal gemacht. Einen Monat im Jahr machen wir ein Praktikum, um im Stoff zu bleiben, den Kontakt zu halten und herauszufinden, was man später machen will.

Bei Ihnen ist das doch klar: Wasserschutzpolizei.

Das wäre echt top, liegt aber leider nicht im Aufgabenbereich der Bundespolizei, dafür ist die Landespolizei zuständig.

Wie lange wird Ihr Sport noch an erster Stelle stehen?

Bis zu den Olympischen Spielen in Tokio auf jeden Fall, dann bin ich 32. Danach schaue ich, ob ich mich noch mal für vier Jahre motivieren kann oder nur ein oder zwei Jahre weitermache.

Das Interview führte Hella Kaiser

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