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Erntezeit. Im Forstrevier Chorin (Barnim) hat ein Forstarbeiter in einem Harvester, eine vollautomatische Holzerntemaschine, eine Kiefer abgesägt.

© Patrick Pleul

Von Matthias Matern: Zweitberuf Waldbauer

Rund 90 000 private Forsteigentümer gibt es in Brandenburg. Mit dem Holzverkauf verdienen sie sich oft ein Zubrot. Doch ihre Leistungen für das Gemeinwohl würden bislang gar nicht honoriert, klagen sie

Von Matthias Matern

Walsleben -Winterzeit ist Erntezeit, doch zwischen den Buchen, Eichen und Kiefern der Familie Bachmann herrscht einsame Stille. Insgesamt fünf Hektar Wald gehören den Bachmanns aus Walsleben (Ostprignitz-Ruppin). Bis sie erstmals Profit aus ihrem Besitz schlagen können, wird es aber noch ein Weilchen dauern. Alle fünf Jahre „durchforstet“ die regionale Forstbetriebsgemeinschaft Buchenhaus die einzelnen Bestände ihrer 248 Mitglieder und wählt dabei Bäume aus, die für den Verkauf geschlagen werden. In ein bis zwei Jahren sollen auch die Kiefern der Bachmanns dran sein. Dann kann die Familie mit einer Gewinnausschüttung von rund 3000 Euro rechnen. Das Geld aber sei ihm gar nicht so wichtig, behauptet Waldbauer Jürgen Bachmann. „Oft fahre ich nur so in den Wald, um Spazieren zu gehen. Er ist einfach ein Stück unseres Eigentums“, sagt er mit einem Anflug von Stolz in der Stimme.

Die Bachmanns zählen zur Gruppe der rund 90 000 Privatwaldbesitzer in Brandenburg. Etwa 42 Prozent der gesamten Forstfläche des Landes sind privates Eigentum. Ihren Besitz verdanken die meisten Waldbesitzer entweder einer langen Reihe von Waldbauern in ihrer Familie oder der Bodenreform nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Auch die Bachmanns haben als Flüchtlinge aus dem Osten bei der Landverteilung nach dem Krieg ein Stück vom Kuchen abbekommen. „Schwiegereltern bekamen damals drei Hektar zugewiesen“, berichtet der 65-jährige Bachmann. Nach der Wende allerdings musste die Familie ihre Waldflächen erstmal wieder komplett an die bundeseigene Bodenverwertungs- und verwaltungsgesellschaft (BVVG) abtreten, bevor Bachmann dann die drei alten und zwei weitere Hektar Wald kaufen konnte. Durch den Tausch von Flurstücken ist nun vor Kurzem eine mehr oder weniger zusammenhängende Waldfläche entstanden. Rund 70 Prozent Buchen mit einzelnen Eichen und 30 Prozent märkische Kiefer zischen 40 und 50 Jahre alt.Für die Kleinwaldbesitzer ist der Holzverkauf meist nur ein Nebengeschäft. Der Schnitt der Mitglieder in Bachmanns Forstbetriebsgemeinschaft hat zehn Hektar Wald. „Die größte Fläche ist 110 Hektar groß und die kleinste hat nur 0,24 Hektar“, berichtet Enno Rosenthal, Vorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft Buchenhaus und Geschäftsführer der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Brandenburg, die für alle organisierten Kleinwaldbauern im Land den Holzverkauf organisiert.

Doch nicht jeder ist an seinem Stück Wald so interessiert wie Jürgen Bachmann. Etwa zwei Drittel der Kleinprivatwaldbesitzer in Deutschland seien nicht organisiert, schätzt Rosenthal, der außerdem noch Vorsitzender des Waldbauernverbandes Brandenburg ist. „Viele wissen gar nicht, dass ihnen ein Stück Wald gehört. Manche sind verstorben und ihr Besitz ist in Vergessenheit geraten“, berichtet der Waldfachmann.

Für Rosenthal sind nicht bewirtschaftete Waldgrundstücke verpasste Chancen der ländlichen Entwicklung. Den Wert des Holzes, das in ungenutzten privaten Schonungen wächst und verfault, schätzt er auf 600 bis 800 Millionen Euro. Zudem habe Wald auch wichtige gesellschaftliche und klimatische Funktionen. Durch das regelmäßige Durchforsten der Bestände würden die aktiven Waldbauern zum Erhalt gesunder Wälder beitragen, somit Erholungsgebiete mit touristischem Potenzial und wichtige Kohlendioxid-Speicher pflegen, meint Rosenthal. Finanziell honoriert würden solche Leistungen für das Gemeinwohl aber nicht, klagt der Verbandsvorsitzende. Im Gegenteil: Auch beim politisch gewollten Waldumbau, der durch Neupflanzungen von Laubbäumen die kiefernlastigen märkischen Wälder fest für den Klimawandel machen soll, würden die Kleinwaldbauern weitgehend allein gelassen. Entsprechende Fördermöglichkeiten für den Kauf von Setzlingen seien zu bürokratisch und viel zu wenig flexibel, kritisiert Rosenthal. Viel sinnvoller wäre ein Prämie für erbrachter landschaftspflegerische Maßnahmen ähnlich der für Landwirte und Fischer. Ein weiteres Ärgernis seien die Pflichtabgaben der Waldbesitzer an die Wasser- und Bodenverbände, findet Rosenthal. „Dabei tragen die Wälder entscheidend zur Stabilisierung des Grundwasserspiegels bei.“

Waldbauer Jürgen Bachmann scheint indes dankbar, dass er mit Forstbetriebsgemeinschaft, Forstwirtschaftlicher Vereinigung und Waldbauernverband Organisationen hat, die sich um all diese komplexen Fragen kümmern. Wenn er von seinem Wald spricht, dann weniger von Erträgen, Kosten und Pflichten, sondern von Pilzen im Herbst und Tierspuren im Schnee. „Was gibt es Schöneres, als mit den Enkeln durch den eigenen Wald zu stromern und einer frischen Fährte nachzugehen?“

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