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Von Matthias Matern: Pflugverbote für Brandenburg

Knapp 13 Prozent der märkischen Agrarfläche gelten als von Winderosion bedroht. Eigentlich sollen Bauern dort laut EU keine Furchen mehr ziehen

Von Matthias Matern

Potsdam - Damit die Mark Brandenburg nicht zur Steppe wird, dürfen Bauern in einigen Regionen des Landes eigentlich ihre Felder demnächst nicht mehr pflügen. So zumindest sieht es eine EU-Richtlinie vor, die seit 2008 auch in Deutschland gilt. Entsprechend wurden in den vergangenen anderthalb Jahren bundesweit alle Agrarflächen hinsichtlich der Gefahr durch Bodenerosion bewertet. Für einige Äcker drohen mit Inkrafttreten des Regel zum 1. Juli sogar generelle Pflugverbote - auch in Brandenburg. Alles überflüssig wie ein Kropf, da sind sich selbst Brandenburgs Landwirte mal einig. Sowohl beim Landesbauernverband, der vor allem große Agrargenossenschaften vertritt, als auch beim Bauernbund Brandenburg, Interessenwahrer landwirtschaftlicher Familienbetriebe, findet man die neuen Vorgaben eher lästig als hilfreich.

Unterschieden wurde bei der Klassifizierung zwischen durch Wasser- und Winderosion. Letztere gilt wegen der geringen Niederschläge, der sandigen Böden und der teils sehr großen Felder auch in Brandenburg als häufiges Phänomen. Das Problem: fruchtbare Erde wird abgetragen, zurück bleibt ödes Land. Besonders windanfällig seien zum Beispiel Teile der Lausitz, des Elbe-Elster-Kreises und der Raum rund um Beelitz, berichtet Roger Funk, Erosionsexperte am Institut für Bodenlandschaftsforschung des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg (Märkisch-Oderland). „Brandenburg gilt ja nicht ohne Grund als Streusandbüchse“, erinnert Funk. Die Wissenschaftler waren an der Einteilung in die sogenannten Erosionsschutzkataster maßgeblich beteiligt.

Um den Verlust von Erde zu verhindern, sollen Bauern ihre von Wassererosion betroffenen Flächen je nach Anfälligkeit zumindest über den Winter, die von Winderosion bedrohten Äcker gar nicht mehr pflügen dürfen. Der sich zwischen den Ernten ausbreitende Wildbewuchs, so der Plan, soll die Krume schützen. Wer sich nicht danach richtet, muss mit Kürzungen der EU-Beihilfen rechnen. Wie viele Landwirte, hält auchWisschaftler Funk die Maßnahmen für wenig hilfreich, auch wenn ein absolutes Pflugverbot in Brandenburg kaum zur Anwendung kommen dürfte. „Mit den Verboten gehen wir nicht konform“, bestätigt Funk. „Ein gut gepflügter Acker, schützt ebenfalls vor Erosion“, meint der Experte. Dass im Land Brandenburg vermutlich kein Bauer ganz auf den Pflug verzichten muss, liegt an den Ausnahmeregelungen, die innerhalb der Bundesländer ausgehandelt wurden. Wer etwa Windschutzhecken anlegt, zwischen den Pflanzen Kuhmist zum Beschweren ausbringt oder einfach dichter sät, kann weiter pflügen.

Zur Bedrohung für das Ökosystem und somit auch für Landwirte ist Erosion im südlichen Europa geworden. In Brandenburg hätten sich die Bauern längst auf die Bedingungen eingestellt, meint Karsten Lorenz, Ackerbaureferent beim Landesbauernverband. „Wenn bestimmte Maßnahmen nicht beachtet werden, fliegt einem eben der Boden weg.“ Das sieht auch Reinhard Jung, Geschäftsführer des Bauernbundes Brandenburg, so: „Wann und wie man bei Erosionsgefahr pflügen kann, wissen die Bauern hier selbst am besten.“

Auch Dorsten Höhne, Geschäftsführer der Agrargenossenschaft Züllsdorf (Elbe-Elster), hat sich der Sinn noch nicht erschlossen. Zumal sich die Erosion an Landesgrenzen zu halten scheint. „Wir haben Flächen mit gleichen Bedingungen auf sächsischer und auf brandenburgischer Seite“, berichtet Höhne. Während die Äcker in Sachsen angeblich nicht windanfällig sind, seien knapp 200 Hektar auf brandenburgischer Seite ins Kataster aufgenommen werden. Pflügen dürfen wird er weiterhin, die entsprechenden Schutzmaßnahmen seien für ihn selbstverständlich. Übrig vom verordneten Erosionsschutz bleibe für ihn deshalb nur zusätzlicher Papierkram, ein reiner „bürokratischer Akt“. „Das ist das eigentliche Ärgernis“, findet auch Bauernfunktionär Lorenz.

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