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Von Matthias Matern: „Nur kostenlos Milch verteilt“

Der Landesbauernverband hält Campina in Brandenburg für entbehrlich. Der Bauernbund wirft dem Verband Verbindung mit Molkerei vor

Von Matthias Matern

Elsterwerda - Die Liste der Unterstützer ist lang und prominent: Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) reiste gleich selbst an den Unternehmensstandort in Elsterwerda (Elbe-Elster), Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) redete in Potsdam der Geschäftsführung ins Gewissen und sogar Beatrix, Königin der Niederlande, wurde vom Campina-Betriebsratsvorsitzenden Rudi Otto, wie berichtet, um Hilfe gebeten. Und dann das: In einem Zeitungsbericht vom Anfang der Woche sagt Holger Brantsch, Sprecher des brandenburgischen Landesbauernverbandes, es sei gar nicht so schlimm, dass sich die Molkerei des holländischen Konzerns aus Brandenburg zurückziehen wolle. Es gebe sowieso zu viele, eine Konzentration sei notwendig. Schade wäre es nur um die 350 bedrohten Arbeitsplätze.

Mit seinen angeblichen Äußerungen zur Bedeutung der beabsichtigten Werksschließung von Royal FrieslandCampina in 2011 hat Brantsch den Zorn des anderen Agrarverbandes im Land auf sich gezogen. Gegenüber der Zeitung „Märkische Allgemeine“ soll Brantsch gesagt habe, er „weine der Molkerei keine Träne nach“. „Die Aussagen des Landesbauernverbandes zur Molkerei Elsterwerda sind dümmlich und zynisch und konterkarieren die Bemühungen der Landesregierung, den Standort zu erhalten“, wettert Jens Gerloff, Vorstandsmitglied des Bauernbunds Brandenburg, der vor allem kleinere familiäre Landwirtschaftsbetriebe vertritt.

Von den vergangenen Montag veröffentlichten Zitaten zeigt sich Brantsch jetzt überrascht. „Ich bin seit dem 23. Dezember im Urlaub. Das habe ich garantiert nicht gesagt.“ Im Prinzip sei die dargestellte Meinung aber richtig, räumt der Verbandssprecher ein. Schließlich habe Campina von Jahr zu Jahr immer weniger Milch abgenommen. Außerdem liege das Problem nicht bei den Milcherzeugern. „Die Bauern haben nicht mit Campina einen Vertrag, sondern mit der Berliner Milcheinfuhr Gesellschaft mbH.“ Deshalb müsste sich auch diese um das Problem kümmern. Ein Absatzengpass drohe aber durch die angekündigte Schließung nicht. Trotzdem seit Mitte der 90er Jahre in Brandenburg sechs Milch verarbeitende Betriebe dicht gemacht haben, gebe es unter anderem mit Prenzlau (Uckermark), Karstädt (Prignitz) und Gransee (Oberhavel) noch immer genügend Abnahmestellen im Land. Außerdem sei das Molkereiwesen längst keine regionale, sondern eine globale Angelegenheit, sagt Brantsch. Ein Nachteil entstehe allerdings durch die längeren Anlieferungswege, räumt der Sprecher ein. Dies könnte zu erhöhten Kosten führen.

Das die Schließung keine Auswirkungen auf den Milchabsatz haben wird, glaubt man indes bei der Berliner Milcheinfuhr Gesellschaft nicht. „Trotz der seit Jahren sinkenden Menge, hat Campina für uns eine gewisse Größenordnung“, sagt Christfried Wittke, unter anderem zuständig bei der Gesellschaft für die Zusammenarbeit mit den Molkereien, gegenüber den PNN. Die Milcheinfuhr-Gesellschaft organisiert den Verkauf für rund 350 Bauern allein aus Brandenburg. „Wenn es soweit ist müssen wir uns wohl einen neuen Abnehmer suchen.“ Eine andere Entscheidung von Campina wäre uns lieber gewesen, so Wittke.

Auch Jens Gerloff vom Bauernbund kann die Argumente von Brantsch nicht nachvollziehen. „Für den Landwirt als Erzeuger von Agrarrohstoffen ist die Lage umso günstiger, je mehr Verarbeiter in seiner Region im Wettbewerb um den Rohstoff stehen. Da kann es uns doch nicht egal sein, wenn eine der letzten Molkereien Brandenburgs dicht gemacht wird“, argumentiert der Verbandsvorstand. Dem Landesbauernverband wirft Gerloff außerdem vor, dem Molkerei-Unternehmen aus wirtschaftlichem Interesse das Wort zu reden. „Jedenfalls zählt der Landesbauernverband mit Campina und Humana zwei der größten europäischen Molkereikonzerne zu seinen Fördermitgliedern. Wer von der Milchindustrie finanziert wird, macht logischerweise auch Politik gegen die Milchbauern“, vermutet Gerloff.

Tatsächlich findet sich Campina als Fördermitglied auf der Internetseite des Landesbauernverbandes gelistet. Regelmäßige Zahlungen gebe es aber nicht, versichert Brantsch. Lediglich bei der Ausrichtung des jährlichen Bauerntages trete das Unternehmen als Sponsor auf. „Dann stellen die zum Beispiel kostenlos Milch auf die Tische.“

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