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Illegaler Müll. Auf einer ehemaligen Kiesgrube in Warsow bei Friesack (Havelland) untersuchen Polizeibeamte zuvor ausgehobenen Schutt.

© Nestor Bachmann/lbn

Von Matthias Matern: Müllskandal – die nächste Großrazzia

Havelland: mindestens 10 000 Tonnen teils gefährlichen Abfalls illegal gelagert und vergraben

Von Matthias Matern

Rathenow/Friesack - Erneut sind Ermittler in Brandenburg einem Fall von illegaler Müllentsorgung in großem Stil auf der Spur. Zeitgleich an zehn Orten im Landkreis Havelland begannen gestern früh um acht Uhr rund hundert Beamte des Landeskriminalamtes und Ermittler der Potsdamer Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität mit Durchsuchungen und Spurensicherung. Unterstützt wurden sie dabei durch Mitarbeiter des Landesbergbauamtes und des Landesumweltamtes. „Gegen zwei bereits polizeilich bekannte Beschuldigte besteht Verdacht wegen des unerlaubten Betreibens einer Anlage und des unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen“, bestätigte gestern Toralf Reinhardt, Sprecher des Landeskriminalamtes.

Bei den beiden Beschuldigten soll es sich nach Informationen dieser Zeitung um die 32 und 42 Jahre alten Geschäftsführer Silvio und Dirk R. einer Entsorgungsfirma aus Rathenow handeln. Mindestens 10 000 Tonnen teilweise gefährlichen Mülls sollen sie in einem Zwischenlager ihrer Firma in Rathenow versteckt, zudem eine eigentlich zu rekultivierende Kiessandgrube in Warsow bei Friesack mit dem illegalen Müll gefüllt haben.

Auf einem Betriebsgelände der Firma in Rathenow entdeckten die Ermittler gestern illegal gelagerten Sondermüll wie Asbest, Dachpappe, Farben, Lacke und Öle. Wie das LKA vermutet, seien die Abfälle dort zwischengelagert worden, um sie später zu Vergrabungsorten weiter zu transportieren. Was für Material bereits bei Warsow vergraben wurde, stünde dagegen bislang nicht fest, sagte Reinhardt. „Allerdings handelt es sich dabei nach unserem bisherigen Kenntnisstand nicht ausschließlich um zugelassene mineralische Stoffe.“ Neben der Kiessandgrube, dem Betriebsgelände in Rathenow durchsuchten die Beamten gestern auch mehrere Wohn-, Geschäfts- und Privaträume der beiden Verdächtigen. „Es wurde Beweismaterial im erheblichen Umfang sichergestellt“, sagte Toralf Reinhardt. Eine großflächige Verunreinigung von Böden und Grundwasser sei nicht auszuschließen. Die Auswertung der durch das Landesbergbauamt entnommenen Proben werde allerdings geraume Zeit in Anspruch nehmen, meinte der Sprecher.

„Einen von mehreren Hinweisen haben wir vom Landesbergbauamt erhalten“, teilte Helmut Lange, Sprecher der Potsdamer Staatsanwaltschaft mit. Zu den anderen Quellen wolle er sich aber nicht näher äußern. Allerdings sind die beiden Beschuldigten schon früher auffällig geworden. Bereits 2006 untersuchten Ermittler eine Altdeponie bei Elslaake in der havelländischen Gemeinde Seeblick mit deren Rekultivierung ebenfalls die Firma von Silvio und Dirk R. beauftragt worden war. Auch dort sollen die beiden Beschuldigten gefährliche Abfälle illegal entsorgt haben. „Dieser Vorgang ist ebenfalls Gegenstand des Verfahrens“, bestätigte Lange.

Der aktuelle Fall im Havelland ist indes nur einer von vielen der jüngsten Zeit. Erst im vergangenen Herbst sorgte ein ähnlicher Fall im Landkreis Elbe-Elster für Aufsehen. Dort soll ein 61-Jähriger zusammen mit einer 52-Jährigen in einen stillgelegten Kiessandtagebau nahe Doberlug-Kirchhain statt erlaubten Bauschutt mindestens 15 000 Kubikmeter Klärschlamm eingeleitet haben. Zuvor machte eine Reihe von vergleichbaren Entdeckungen an sechs Altdeponien und einem Kiessandtagebau im Landkreis Potsdam-Mittelmark Schlagzeilen.

Gegen den Chef einer Entsorgungsfirma aus Borne bei Belzig ermittelt deshalb die Staatsanwaltschaft Potsdam seitdem wegen besonders schwerer Umweltdelikte. Insgesamt sollen mehr als 160 000 Kubikmeter geschredderter Haus- und Plastikabfall im märkischen Sand verschwunden sein. „Die Vorgehensweise ist in nahezu allen Fällen immer identisch“, sagte Helmut Lange, Sprecher der Potsdamer Staatsanwaltschaft.

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