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Von Matthias Matern: Märkische Hilfe für Haiti aus dem All

Kostenlose Satellitenfotos der Firma Rapid Eye erleichtern Rettungsaktionen im Krisengebiet

Von Matthias Matern

Brandenburg/Havel - Tag und Nacht sind die Retter auf Haiti im Einsatz, versuchen in dem schwer von Erdbeben erschütterten Karibikstaat die schlimmste Not zu lindern. Doch vielerorts versperren den Bergungstrupps und Aufbauteams geborstene Straßen und tiefe Risse in der Erde den Weg. Doch jetzt bekommen auch die Helfer Hilfe: Hoch aufgelöste, gestochen scharfe Digitalfotos, aufgenommen aus dem Weltraum, lotsen ab sofort die Retter vor Ort. Zur Verfügung gestellt werden die High-Tech-Aufnahmen von der brandenburgischen Firma Rapid Eye, einem weltweit tätigen Anbieter von Geoinformationen mit Sitz in Brandenburg an der Havel.

„Die Bilder liegen auf einem Server und können kostenlos von den Hilfsorganisationen runtergeladen werden“, berichtet Rapid Eye-Sprecherin Stephanie Pall. Auf den Aufnahmen sei deutlich das gesamte Ausmaß der Zerstörung zu sehen. Mittlerweile lägen weit mehr als 80 Prozent der Fläche des Inselstaates als Bilddateien vor. „Dadurch erhalten die Helfer auf Haiti nicht nur detailierte Informationen über besonders schwer betroffene Gebiete, sondern können auch ihre Rettungsaktionen besser planen“, erläutert Pall. Schon kurz nach dem ersten schweren Erdstoß Mitte vergangener Woche habe man sich entschieden, die Fotos kostenlos bereit zu stellen. „Alle bei uns haben die Berichterstattung verfolgt. Die Betroffenheit ist sehr groß“, versichert die Sprecherin des multinationalen Unternehmens. Derzeit arbeiten bei Rapid Eye 130 Beschäftigte aus mehr als 20 Ländern. „Haitianer sind nicht darunter“, sagt Stephanie Pall.

Entstanden sind die Fotos in einer Höhe von 630 Kilometern. Fünf speziell entwickelte Erdbeobachtungssatelliten, ausgestattet mit Kameras der Firma Jena-Optronik aus Thüringen, lässt Rapid Eye seit rund anderthalb Jahren um den Globus kreisen. Im August 2008 wurden sie vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan aus auf einer russischen Dnepr-Trägerrakete in die Erdumlaufbahn geschossen. Dort liefern die Spezialkameras seitdem rund um die Uhr Aufnahmen von allen Ecken des Planeten. 15 Mal innerhalb von 24 Stunden umrunden die künstlichen Himmelskörper die Erde, lichten dabei mehr als vier Millionen Quadratkilometer Fläche ab. „In etwa fünf Tagen haben wir einmal ganz Deutschland fotografiert“, sagt Frederik Jung-Rothenhäusler, Produktentwickler und Management-Mitglied bei Rapid Eye.

Normalerweise lässt sich der Geodaten-Dienstleister seine Bilddateien bezahlen. Vor allem für die Landwirtschaft liefern die Fotos wertvolle Informationen. Betreiber von Großplantagen etwa können anhand der Dateien das Wachstum ihrer Pflanzen analysieren, eventuelle Störungen ausmachen oder den besten Zeitpunkt für die Aussaat bestimmen. Aber auch Versicherungen, Umweltorganisationen oder Regierungen gehören zu den Kunden von Rapid Eye. „Wir haben langfristige Verträge mit Partnern in der ganzen Welt, von Russland über Brasilien bis zu den USA. Auch in China ist die Nachfrage groß“, berichtet Jung-Rothenhäusler.

Gegründet wurde das Unternehmen Ende der 90er Jahre in München. 2004 zog Rapid Eye nach Brandenburg an der Havel und erhielt unter anderem 37 Millionen Euro Förderung vom Land. Seit Choma, Tachys, Mati, Trochia und Choros, so die Namen der fünf baugleichen Satelliten, im Orbit unterwegs sind, haben sie schon mehrfach Bilder von Naturkatastrophen gemacht. So etwa Anfang 2009, als verheerende Buschfeuer auf dem australischen Kontinent wüteten.

Um den Rettungsteams in Haiti möglichst schnell Hilfe anbieten zu können, haben die Experten bei Rapid Eye ihre Satelliten extra umprogrammiert. Auch in den kommenden Tagen sollen immer wieder aktuelle Bilder auf den Server gestellt werden. „Das schwere Nachbeben vom Mittwoch hat gezeigt, dass sich die Gegebenheiten vor Ort ständig ändern können“, erläutert Unternehmenssprecherin Stephanie Pall.

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