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Auslaufmodell Milchkuh. Trotz vieler Lösungsvorschläge ist das Geschäft mit der Milch weiterhin unrentabel. Nach wie vor ist das Angebot größer als die Nachfrage. Im Schnitt machen Bauern in Brandenburg bei jedem Liter Milch rund zehn Cent Verlust.

© dpa

Von Matthias Matern: „Diese Vorschläge sind abenteuerlich“

Woidke legt Maßnahmenpaket gegen sinkende Milchpreise vor. Bauernbund hält Pläne für ungeeignet

Von Matthias Matern

Potsdam - Abwrackprämien für Kühe, Exportförderung für Milchprodukte, ein Absenken der nationalen Milchquote – ein ganzes Arsenal möglicher Strategien im Kampf gegen die sinkenden Milchpreise liegt bereits auf den Schreibtischen der Politiker und Interessenverbände. Doch an der Situation geändert hat sich nichts. Das Geschäft mit der Milch bleibt eine Rechnung mit einem Minus am Ende. Jetzt hat Brandenburgs Landwirtschaftsminister Dietmar Woidke (SPD) der Sammlung von Lösungsvorschlägen drei weitere Ideen hinzugefügt: Durch Kurzarbeitergeld für Melker, schlechtere Milchpreise für Quotensünder und dem Aufkauf von Milchquoten durch den Bund soll der Abwärtstrudel gestoppt werden. Kritiker allerdings halten die Vorschläge für „abenteuerlich“.

Die Idee einer Kurzarbeiterregelung für Melker hat das brandenburgische Landwirtschaftsministerium zusammen mit dem Landesbauernverband und der Arbeitsagentur ausgeklügelt. Wie Mitarbeiter in anderen krisengebeutelten Branchen, sollen Melker künftig für 24 Monate von den Arbeitsämtern bezahlt werden. „Die Ämter haben zugesichert, künftig entsprechende Anträge wohlwollend zu prüfen“, berichtet Bernd Konitzki aus der Abteilung Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Forsten des Ministeriums. Das Geld, das die betroffenen Betriebe auf diesem Wege einsparen, sollten sie dann möglichst nutzen, um EU-geförderte Investitionen für eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit mitzufinanzieren, erläutert Konitzki das Konzept aus dem Agrarressort.

Mit dem zweiten Vorschlag will Woidke gegen Quotensünder vorgehen. „Im vergangenen Jahr wurden etwa vier Prozent der deutschen Milchquote nicht genutzt“, berichtet Konitzki. Zwei Prozent der Betriebe dagegen hätten mehr an die Molkereien geliefert, als ihre Quoten erlauben und damit die Situation am Markt noch verschärft. Durch die bundesweite Saldierung, dem Gegenüberstellen von zu wenig und zu viel gelieferter Milch, müssten sogenannte Überlieferer bisher aber nicht mit Konsequenzen rechnen, sagt der Ministeriumsmitarbeiter. Künftig jedoch, so sieht es Woidke vor, sollen Quotensünder für die zu viel gelieferten Mengen von den Molkereien einen „deutlich schlechteren“ Preis bekommen. Die Idee habe der Minister bereits Anfang Mai auf der brandenburgischen Landwirtschaftsmesse Brala vorgestellt, sagt Konitzki. „Mittlerweile wird das Prinzip bereits von einer beachtlichen Menge von Molkereien angewandt. Auch in Brandenburg.“

Mit seinem dritten Vorschlag richtet sich Brandenburgs Landwirtschaftsminister an den Bund. Dieser solle die Milchquoten jener Betriebe aufkaufen, die sich entschließen, ganz aus der Produktion auszusteigen“, erklärt Bernd Konitzki. Dafür seien laut Woidke in etwa 350 Millionen Euro erforderlich. Bis sich die Lage am Markt entspannt habe, sollen die Quoten „auf Eis“ gelegt und dann an „entwicklungswillige Betriebe“ wieder verkauft werden, sagt Konitzki.

Sein dreiteiliges Paket will Dietmar Woidke im September auf der Agrarministerkonferenz in Sachsen-Anhalt seinen Länderkollegen vorstellen. „Die Vorschläge sind alle abenteuerlich“, findet zumindest Karsten Jennerjahn, Präsident des Brandenburger Bauernbundes, der vor allem kleinere Agrarbetriebe vertritt. „In der Milchproduktion kann man nicht kurzarbeiten. Die Kühe sind schließlich da und müssen gemolken werden“, meint er. Zudem seien nicht in jedem Betrieb ausgewiesene Melker angestellt. Vor allem auf kleineren Höfen würden häufig Familienanghörige das Melken selbst übernehmen. Die Maßnahme gegen die Quotensünder hält Jennerjahn dagegen für inkonsequent. „Das Saldierungsprinzip muss abgeschafft werden. Dann würde den Überlieferer automatisch durch die fälligen Superabgaben ein Strich durch die Rechnung gemacht.“

Besonders abwegig findet der Bauernbundpräsident den Quotenankauf durch den Bund. „Erst wird die Gesamtquote europaweit erhöht und jetzt soll der Bund mit Geld vom Steuerzahler einzelne Quoten zurückkaufen.“ 2015 laufe die Milchquote in Europa sowieso aus. Damit seien die Milchmengenlizenzen der einzelnen Betriebe wertlos. „Welcher Landwirt will da schon zusätzliche Quoten dazukaufen?“, fragt Karsten Jennerjahn.

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