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Von Matthias Matern: Der Musterlandkreis

Teltow-Fläming wird zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres „Kommune des Jahres“

Von Matthias Matern

Luckenwalde - Zurücklehnen kommt für Peer Giesecke nicht in Frage. „Wer sich auf seinen Lorbeeren ausruht, trägt sie an der falschen Stelle“, zitiert der 57-Jährige ein Sprichwort. Dabei hat Giesecke allen Grund stolz zu sein. Seit 15 Jahren ist der Sozialdemokrat Landrat im Kreis Teltow-Fläming. Unter seiner Regie ist aus einem ausgelaugten Landstrich nach der Wende ein Musterschüler geworden. Bereits mehrfach wurde der Kreis ausgezeichnet, kletterte in zahlreichen Wirtschafts-Rankings auf Spitzenplätze. Nun kommt eine weitere Ehrung hinzu. Heute wird der Kreis Teltow-Fläming als „Kommune des Jahres“ mit dem Unternehmer-Preis des Ostdeutschen Sparkassenverbandes ausgezeichnet.

Damit darf sich Giesecke in diesem Jahr bereits das zweite Mal über den gleichen Titel freuen. Im Oktober bekam er die Auszeichnung „Kommune des Jahres“ von der Leipziger Oskar-Patzelt-Stiftung überreicht.

Selbstzufriedenheit, Routine? Nein. Ansporn? „Ja, noch besser zu werden", sagt der Landrat. Am Donnerstag haben er und seine Verwaltungsmitarbeiter die nächste Gelegenheit, einen Erfolg zu feiern. Der Turbinenbauer Rolls Royce lädt zum ersten Spatenstich für sein neues Testzentrum für Triebwerkskomponenten in Dahlewitz, rund sechs Kilometer südlich der Berliner Stadtgrenze. Mehr als 60 Millionen Euro investiert der Konzern, 80 höchstqualifizierte, zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. Seit 1993 ist Rolls Royce zudem mit einem Montagewerk am Standort ansässig.

Große Namen gehören längst zum Landschaftsbild, besonders im Norden des Landkreises. Nirgendwo sonst im Berliner Umland häufen sich so viele bekannte Unternehmen, wie rund um Ludwigsfelde. Mercedes Benz baut dort Nutzfahrzeuge, die MTU Maintenance ebenfalls Triebwerke, Volkswagen betreibt ein Logistikzentrum und Thyssen Krupp fertigt unter anderem Karosserien für Mercedes. Mit 60 Firmen hat sich der Biotechnologiepark Luckenwalde zu einem Leuchtturm der brandenburgischen Forschungslandschaft entwickelt. Insgesamt gibt es heute mehr als 12 000 Unternehmen und Handwerksbetriebe im Kreis, Mitte der 90er Jahre waren gerade mal rund 7000. Die Arbeitslosenquote liegt mittlerweile bei 9,5 Prozent, rund sechs Prozent niedriger als noch vor fünf Jahren. „Unsere Gewerbegebiete sind zu knapp 60 Prozent ausgelastet. Ein guter Schnitt“, findet Landrat Giesecke.

Vor 15 Jahren sah die Lage gar nicht rosig aus. Etwa 25 000 Arbeitsplätze fielen nach der Wende weg. „Allein beim Ludwigsfelder Autowerk waren es an die 10 000“, so Giesecke. Die Resignation sei damals groß gewesen. Der Kreis modernisierte mit Fördermitteln die Infrastruktur, setzte in der Wirtschaftsförderung auf alte Stärken und neue Technologien und brachte die Verwaltung auf Trapp. Aus knapp 1200 Mitarbeitern 1993 wurden 859. „Selbst für Großinvestitionen haben sie heute in sechs bis sieben Wochen eine Baugenehmigung“, versichert der Verwaltungschef.

Investiert wurde aber lange Zeit vornehmlich im Berlin nahen Kreisnorden. Der südliche Kreis blieb unterentwickelt. Aber auch dort ersann der Landkreis eine Lösung. Rund um Jüterbog entstand eines der weitläufigsten Streckennetze für Radfahrer und Inlineskater in Europa – der Fläming Skate. Die rund 200 Kilometer Asphaltbahn locken immer mehr Aktivurlauber auch aus dem Ausland an, die Übernachtungszahlen steigen kontinuierlich.

„Die Anforderungen“, sagt der Landrat, „verändern sich stetig." Bei der Entwicklung von Gewerbegebieten etwa habe vor zehn Jahren noch keiner von Breitbandnetzen für die Telekommunikation gesprochen. „Heute ist die Verfügbarkeit von schnellem Internet eine der ersten Fragen von Investoren.“ Doch mit der Versorgung sieht es besonders im südlichen Teil noch schlecht aus. Von DSL kaum eine Spur. Aber auch das soll sich jetzt ändern. Statt auf den Netzausbau der Telekom zu warten, will der Kreis das Problem selbst lösen. „Entweder noch dieses, aber spätestens nächstes Jahr gründen wir mit den Kommunen eine Aktiengesellschaft und verlegen unser eigenes Glasfaser-Netz“, verkündet Giesecke. Das Netz solle dann an Betreiber vermietet werden. „2009 wollen wir die erste Gemeinde anschließen."

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