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Manipuliert oder nicht? Brandenburgs SPD-Landtagsfraktion hat nichts gegen Genmais auf dem Acker.

© ddp

Von Matthias Matern: Der Genmais ist wieder da

Verunreinigtes Saatgut auch an brandenburgische Bauern geliefert. Land zweifelt Laborergebnisse an

Von Matthias Matern

Hannover/Potsdam - Was nicht hätte passieren dürfen, ist wohl passiert. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace spricht sogar vom „bisher größten Gentechnik-Saatgut-Skandal in Deutschland“. Weil das niedersächsische Landwirtschaftsministerium Laborergebnisse angeblich zu spät bekannt gab, ist in sieben Bundesländern, darunter auch im Land Brandenburg, vermutlich genetisch verändertes Mais-Saatgut an Landwirte ausgeliefert und wohl auch angepflanzt worden. Verkauft wurde die Saat vom Unternehmen Pioneer aus dem niedersächsischen Buxtehude, einer Tochterfirma des US-amerikanischen Konzerns DuPont, der auch die genetisch veränderte Mais-Sorte NK603 handelt. Seit rund einem Jahr ist der Anbau von Genmais in Deutschland verboten.

Angaben des brandenburgischen Verbraucherschutzministeriums zufolge haben zwei Betriebe im Land Saatgut aus Buxtehude erhalten. „Uns liegen erst seit heute morgen Informationen vor, wer beliefert worden ist. Ob die Saat bereits ausgebracht wurde, können wir derzeit noch nicht sagen“, teilte am Montag Peter Rudolph, Referatsleiter Gentechnik im Verbraucherschutzministerium, mit. Um welche Betriebe es sich handele, werde nicht bekannt gegeben. Nach Informationen der RBB-Fernsehnachrichtensendung „Brandenburg aktuell“ soll zudem ein dritter Betrieb überprüft werden, der über einen Händler in Schleswig-Holstein beliefert worden sein soll. Wie berichtet, wurden bereits im April bundesweit zahlreiche Mais-Saatgut-Proben beanstandet. Allein im Land Brandenburg stellten die Experten bei fünf von insgesamt 33 Proben genetisch verändertes Erbgut fest.

Dass das Saatgut belastet ist, sei im niedersächsischen Landwirtschaftsministerium bereits seit Anfang März bekannt gewesen, glaubt Greenpeace. Dem Umweltministerium des Landes gemeldet worden seien die Befunde aber erst Ende April. Gemäß der freiwilligen, jährlichen Kontrollen ließ auch Niedersachsen rund 30 Proben untersuchen, darunter auch Saatgut von Pioneer. „Mehrfach haben wir um die Ergebnisse gebeten, aber nie eine Antwort erhalten, erst als wir Anfang Mai zusammen mit dem NDR anfragten“, berichtete Stephanie Töwe, Gentechnik-Expertin bei Greenpeace, gestern auf PNN-Nachfrage. Von der niedersächsischen Landesregierung werde die sogenannte Grüne Gentechnik seit langem befürwortet. Eine solche Verzögerung bei der Offenlegung habe es bisher aber noch nicht gegeben, sagte Töwe. Es stelle sich die Frage, ob Informationen vorsätzlich zurückgehalten worden sind.

„Wir verwehren uns scharf gegen jegliche Vertuschungsvorwürfe“, sagte gestern der Sprecher des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums Gerd Hahne. „Wir hatten die Proben erst im Februar entnommen. Die Untersuchung einer Probe dauert in der Regel eine Woche“, meinte Hahne weiter, räumte aber auch Versäumnisse ein. „Es gibt eine Zeitlücke von maximal zwei Wochen, für die wir gerade stehen müssen.“ Wie es zu der Panne gekommen sei, werde aber wohl weiter nicht untersucht. Dass durch das verunreinigte Saatgut die Sortenreinheit von Mais in Deutschland gefährdet werde, glaube er nicht, so Hahne weiter. Neben Brandenburg belieferte Pioneer auch Landwirte in Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Niedersachsen. In Deutschland wird Mais in der Regel von Mitte April bis Anfang Mai ausgesät.

Im brandenburgischen Verbraucherschutzministerium hält man die Versäumnisse in Niedersachsen für umfangreicher. „Da ist von Anfang an alles schief gelaufen“, meinte Referatsleiter Rudolph. Nicht nur, dass die Befunde nicht rechtzeitig bekannt gegeben worden sind, angezweifelt werden auch die Ergebnisse an sich. „Die Entnahme der Proben und auch die Untersuchungen sind offensichtlich nicht gemäß der üblichen Standards durchgeführt worden“, behauptete Rudolph gestern. Es sei anscheinend nicht gewährleistet, dass die untersuchten Proben tatsächlich mit dem ausgelieferten Saatgut übereinstimmen. Zu diesem Schluss sei auch das Verwaltungsgericht Stade gekommen, als es kürzlich zwar die Offenlegung der Lieferadressen durch Pioneer entschied, dabei aber auch die Untersuchung der Proben rügte.

Die Saatgutfirma selbst führt an, dass sogenannte Schwesterpartien der beanstandeten Lieferungen, also Proben aus der selben Samenaufzucht, im Frühjahr in Bayern, Hessen und auch in Niedersachsen selbst für unbedenklich erklärt worden waren. „Nachdem wir erfahren haben, dass das Saatgut angeblich doch verunreinigt sein soll, haben wir, was noch vorhanden war, zurückgenommen und erneut von zwei unabhängigen Labors testen lassen. Es wurde keine Verunreinigung festgestellt“, behauptete Geschäftsführer Ulrich Schmidt gegenüber den PNN.

Weil aus Sicht des brandenburgischen Verbraucherschutzministeriums nicht einwandfrei feststehe, dass durch die Panne tatsächlich genetisch veränderter Mais auf märkischen Feldern wächst, seien vorerst auch keine weiteren Maßnahmen geplant, sagte Peter Rudolph. Der Verdacht alleine rechtfertige noch keine Beschlagnahme und Vernichtung der betroffenen Pflanzen.

Bei Greenpeace jedoch hat man von den angeblichen Fehlern bei der Auswertung der Proben noch nichts gehört. Auch Gerd Hahne, Sprecher des niedersächsischen Landwirtschaftsministerium versicherte: „Die Proben wurden wissenschaftlich korrekt entnommen und untersucht.“

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