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Von Matthias Matern: Dem Schmiergeld auf der Spur

Hauptadressat für Bestechungsversuche in Brandenburg sind öffentliche Verwaltungen. Im Zusammenhang mit dem jüngsten Müllskandal stehen erneut Mitarbeiter einer Behörde unter Verdacht

Von Matthias Matern

Potsdam - In Brandenburg haben Ermittler immer häufiger mit Bestechung und Vorteilsgewährung, Bestechlichkeit und Vorteilsannahme zu tun. Allein für 2007 führt die polizeiliche Kriminalstatistik 263 registrierte Korruptionsdelikte. Das entspricht einem gegenüber 2006 um mehr als 200 Prozent. Hauptadressat der möglichen, vermuteten, angezeigten oder ermittelten Bestechung waren mit 63 Delikten erneut öffentliche Verwaltungen. Auch im Zusammenhang mit Brandenburgs jüngsten Müllskandal ist jetzt eine Behörde ins Visier der Ermittler geraten.

So könnte eine Weihnachtsfeier vor drei Jahren nun die Amtsdirektorin und eine Mitarbeiterin der Bauabteilung des Amtes Wusterwitz im Landkreis Potsdam-Mittelmark in Schwierigkeiten bringen. Untersuchungen der Neuruppiner Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Korruptionsbekämpfung zufolge ließ sich die Amtsdirektorin und 24 Mitarbeiter von Bernd R., dem Chef einer Müllentsorgungsfirma bei Belzig, für mehrere tausend Euro in ein Hotel einladen. Gegen den 54-Jährigen ermittelt die Potsdamer Staatsanwaltschaft wie berichtet wegen illegaler Müllentsorgung auf insgesamt sechs Deponien im Landkreis Potsdam- Mittelmark. Brisant aus Sicht der Neuruppiner Ermittler: Drei dieser Deponien liegen im Bereich des Amtes Wusterwitz. Bernd R. war von der Verwaltung mit deren Renaturierung beauftragt worden, lud dort aber tatsächlich Müll ab.

Geprüft werde nun, ob die bezahlte Feier Anlass für die Auftragsvergabe oder für andere Diensthandlungen war, sagt Stefan Heidenreich, Leiter der Schwerpunktstaatsanwaltschaft. Die Amtsdirektorin habe sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert. „Gegen andere Mitarbeiter wird derzeit nicht ermittelt.“ R. selbst ist mittlerweile unter hohen Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen worden.

Da öffentliche Verwaltungen häufig das Ziel von Bestechungsversuchen sind, hat das Land Brandenburg sein Engagement bei der Korruptionsbekämpfung in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. „Korruption schadet dem Vertrauen der Bürger in staatliches Handeln“, sagt Toralf Reinhardt, der Sprecher des Landeskriminalamtes (LKA). Demnach müsste die Statistik zum vergangenen Jahr eigentlich entmutigen. Doch die Polizei liest aus den gestiegenen Fallzahlen keine generelle Zunahme von Korruption in Brandenburg ab. Vielmehr sei es dem gewachsenen Ermittlungsdruck zu verdanken, dass immer häufiger Korruptionsdelikte auffliegen, sagt Reinhardt. Auch Bürger würden immer öfter Hinweise vermutete Mauscheleien geben. „Außerdem weist die Statistik sehr viele Fälle auf, zu denen bereits seit Jahren polizeilich ermittelt wurde, die aber erst 2007 abgeschlossen und der Staatsanwaltschaft übergeben werden konnten.“ Für das laufende Jahr rechnet die Polizei deshalb wieder mit weniger Delikten.

Die wichtigsten Waffen im Kampf gegen Schmiergeldzahlungen sind die 2001 gegründete Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Neuruppin und die vor drei Jahren gebildete Gemeinsame Ermittlungsgruppe Korruption von Polizei und Staatsanwaltschaft. Über ähnliche Ermittlungsgruppen verfügen nur noch Sachsen und Schleswig-Holstein. Staatsanwaltschaften mit Korruptionsschwerpunkt haben bislang insgesamt neun Länder, darunter auch Berlin.

Neben der Verfolgung setzt Brandenburg auch auf Prävention. In vielen Landes- und Kommunalbehörden gibt es mittlerweile Antikorruptionsbeauftragte, die Verwaltungsmitarbeiter beraten und für das Thema sensibilisieren sollen.

Schwierig ist es indes, Anhaltspunkte für eine Bestechung zu bekommen, wenn sie sich nicht, wie im Fall des Müllskandals, aus Ermittlungen zu anderen Straftaten ergeben. „Da sich bei Korruption beide Seiten strafbar machen, ist keinem an Aufklärung gelegen“, sagt LKA-Sprecher Reinhardt. Seit zwei Jahren besteht deshalb die Möglichkeit, bei einem Bestechungsverdacht über die Internetseite der Brandenburger Polizei anonym Hinweise zu geben. Immerhin 90 Tipps erhielten die Beamten 2007 auf diese Weise. In diesem Jahr waren bisher 54.

Die private Antikorruptionsorganisation Transparency International lobt die Brandenburger Bemühungen: „Das Land verfügt mittlerweile zwar nicht über alle, aber über einige Instrumente, die bundesweit längst nicht überall selbstverständlich sind“, sagt Christian Humborg, der Geschäftsführer von Transparency International Deutschland.

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