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Von Matthias Matern: Brandgefährliche Abfallhalden

Das Feuer in Eberswalde wird nicht das letzte gewesen sein: 50 illegale Deponien gibt es in Brandenburg. Geräumt werden sie nicht – weil Land und Kreise streiten

Von Matthias Matern

Potsdam - Das Feuer ist gelöscht, die Rauchschwaden über Eberswalde haben sich verzogen. Bis gegen 19 Uhr am Samstagabend dauerte der Einsatz durch ein Großaufgebot der Feuerwehr, bis der am Freitag gegen 22 Uhr ausgebrchene Großbrand auf einem Reifenlager in Eberswalde endgültig gelöscht war. Die Polizei vermutet Brandstiftung – wie schon vor zwei Wochen in Altlandsberg, als ebenfalls eine Altreifendeponie in Flammen aufging. Dort waren es drei Kinder, die auf dem Gelände gekokelt hatten. Verletzt wurde bei beiden Bränden niemand.

Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Flammen an einer anderen Stelle im Land auflodern, vielleicht mit schlimmeren Folgen. Denn illegale Müllhalden, wie die Altreifenlager in Eberswalde oder Altlandsberg, gebe es im Grunde überall in Brandenburg, sagt Burkhard Knippenberg vom Landesumweltministerium.

Insgesamt 50 größere ungenehmigte Lagerstätten führt das Ministerium auf einer internen Liste. Auch die Deponie in Altlandsberg gehöre dazu, sagt Knippenberg: „Dafür hat es nie eine Genehmigung gegeben.“ Die auf den Halden jeweils entsorgten Mengen lägen zwischen 900 und 240 000 Tonnen. „In der Regel handelt es sich um Altreifen, Altholz und Bauschutt. Gelegentlich auch um Kunststoff.“ In den meisten Fällen sei die Entstehungsgeschichte die gleiche. „Ein Unternehmen nimmt auf einem Grundstück gegen Entgelt Müll an, geht später pleite, und wenn die Räumung des Geländes angeordnet wird, haben die Verursacher kein Geld mehr.“ So war es auch in Altlandsberg,

Möglich gewesen sei diese Praxis lange Jahre durch eine Lücke im Bundesgesetz, sagt Burkhard Knippenberg. Demnach benötigten Unternehmen für das erste Betriebsjahr nur einen Bauantrag und keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung, zudem mussten sie keine Sicherheiten hinterlegen. Kam dann die Aufforderung, die Genehmigung zu beantragen, hatten sie nicht selten bereits Konkurs angemeldet. „Seit 2001 verlangen wir nun zusätzlich Sicherheitsleistungen.“

Doch wer zahlt die Entsorgungskosten für die Altlasten? Darum streiten das Land und zwölf Landkreise schon seit langem vor Gericht. Als genehmigende und kontrollierende Behörde sei das Landesumweltamt – und damit das Umweltministerium – für die Deponien zuständig, so die Sicht der Kommunen. Auch im Fall Altlandsberg sieht der Kreis Märkisch- Oderland das Land in der Pflicht. „Bereits vor zwei Jahren haben wir versucht, mit dem Land eine Einigung zu erreichen. Leider erfolglos“, sagt Sprecher Thomas Scheffler.

Knippenberger beruft sich auf das Bundesimmissionsschutzgesetz: Gehe ein Unternehmen pleite, erlösche eine Genehmigung oder werde sie entzogen, sei das Land noch für ein Jahr zuständig – danach gehe die Verantwortung an die Kreise über. „Unsere Aufgabe ist dann einzig die Gefahrenabwehr. Etwa wenn durch gelagerte Stoffe eine Verunreinigung des Grundwassers droht.“ Da Altreifen aber nicht von alleine anfangen zu brennen, seien sie per se auch nicht gefährlich, das Ministerium also nicht zuständig.

Lutz Landmann, stellvertretender Bürgermeister von Eberswalde, kann da nur bitter lachen. „Das kommentiere ich nicht.“ Seit rund zehn Jahren sitzt die Kreisstadt des Barnim auf dem Lager mit rund 2000 Tonnen Altreifen. Der Brand hat die Stadt und den Kreis nun in ihrem Plan bestärkt, das Grundstück im Herbst auf eigene Kosten zu ersteigern und die Reifen zu entsorgen. „Ob wir das Geld später vom Land zurückbekommen, ist erst mal egal. Die Sicherheit ist uns wichtiger“, sagt Landmann.

Hartwig Ehrenfried vom Landwirtschafts- und Umweltamt der Uckermark will das Land nicht so leicht davonkommen lassen. Die Uckermark ist einer der zwölf Landkreise, die vor Gericht gezogen sind. Es geht um die Entsorgung von vier der insgesamt fünf illegalen Lagerstätten im Kreis. Nach Berechnungen eines Fachbüros stehen dafür Kosten von rund 31 Millionen Euro an. „Wir haben alles: Altreifen, Bauschutt“, sagt Ehrenfried. Und die zwei größten Halden in Groß Dölln und Pinnow hätten im vergangenen Jahr ebenfalls gebrannt.

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