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Von Katharina Wiechers: Ein Bunker für den Innenminister

Unterirdische Anlage der DDR ist am Wochenende für Besucher zugänglich

Von Katharina Wiechers

Beiersdorf-Freudenberg - In einem unauffälligen Bretterverschlag führen ein paar Stufen unter die Erde, dann sperrt Paul Bergner eine schwere Eisentür auf. Kalt-feuchte Luft schlägt den Besuchern entgegen, die niedrigen Decken wirken beklemmend. Zweimal im Jahr steigt der ehemalige Stasi-Offizier diese Treppe hinunter und führt Besucher durch den geheimen Bunker der DDR in Beiersdorf-Freudenberg (Kreis Märkisch-Oderland), am kommenden Wochenende haben Interessierte wieder die Gelegenheit dazu. In diesen unterirdischen Räumen sollte der DDR-Innenminister samt Stab im „Ernstfall“ vor Bomben, Giftangriffen oder Naturkatastrophen geschützt werden.

68 Bunker seien 1990 auf dem gesamten Staatsgebiet der DDR gezählt worden, rund 30 davon allein im heutigen Brandenburg, sagt Bergner, der selbst in der Hauptabteilung I für Abwehr im Ministerium für Staatssicherheit tätig war. Wenn aus dem Kalten Krieg ein heißer geworden wäre, hätten führende Militärs und Spitzenpolitiker der DDR darin geschützt werden sollen. Einige Bunker stammten noch aus dem Zweiten Weltkrieg, der Großteil wurde aber danach gebaut. Der Grundstein für jenen des Innenministeriums wurde erst 1983 gelegt, 1986 fand die offizielle Einweihung statt. Seitdem sei der Bunker durchgehend besetzt gewesen, mindestens zehn Mann hätten im Schichtbetrieb die Stellung gehalten, sagt Bergner. Von außen wirkte das Gelände, auf dem heute ein Gewerbegebiet angesiedelt ist, wie eine einfache Kaserne. Doch 40 Zentimeter unter der Erde befinden sich drei Bunker, durch unterirdische Gänge miteinander verbunden.

Wassertanks, Fleischkonserven und Dieselaggregate sollten das Überleben auch ohne Hilfe von außen garantieren. Gleich im Eingangsbereich befindet sich ein sogenannter Schleusenraum, in dem möglicherweise von Giften kontaminierte Menschen desinfiziert werden sollten. An der Wand hängen noch Schilder, auf denen Anweisungen stehen wie „Schutzanzug in Plastebeutel 1 verpacken“ oder „Hände und Körper dürfen nur die Innenseite des Schutzanzuges berühren“. Eine Stahltür und einen Raum weiter gab es laut Bergner frische Kleidung und Duschen. Der Ex-Offizier zeigt auf eine Aussparung in der Wand, durch die ein Wärter in den Raum blicken konnte. „Der hätte überprüfen sollen, dass sich auch alle ordentlich saubermachen“, erklärt er.

Zum Einsatz kam der Bunker glücklicherweise nie, es gab lediglich Probedurchläufe. Das sei auch gut so, denn „völlig autark hätten die Menschen hier unten nur maximal drei Tage überlebt“, sagt Bergner. In dem Bunker in Prenden bei Wandlitz, der für den DDR-Staats- und SED-Chef Erich Honecker vorgesehen war, wäre ein Überleben zumindest 14 Tage lang möglich gewesen. Dort herrschte Schutzklasse A, in Freudenberg Schutzklasse E, sagt Bergner.

Seit der Wende ist der Bunker unbenutzt, noch kann man dort originale Technik und Einrichtung sehen. Notizblöcke und Lochstreifen liegen in den Schubladen, alte Telefone mit Wählscheiben stehen auf den Schreibtischen und sogar eine verstaubte Zigaretten-Packung der Marke „Juwel“ liegt herum. Allerdings haben sich bereits zahlreiche Plünderer bedient, viele Möbel sind demoliert, Gegenstände liegen achtlos auf dem Boden. Auch die Feuchtigkeit hat dem Bunker stark zugesetzt: Möbel, Wände und Decken sind von einer dicken Schimmelschicht überzogen.

Die Besichtigungstouren im alten Bunker des DDR-Ministeriums am heutigen Samstag und Sonntag jeweils zwischen 8 und 16 Uhr sind also nichts für zimperliche Besucher. Bergner empfiehlt festes Schuhwerk, warme Kleidung und eine eigene Taschenlampe. Auch eine Schimmelallergie sollte man nicht haben, sagt Bergner. Die Teilnahme an den Touren kostet zehn Euro.

ddr-bunker.de

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