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Von Jana Haase und Matthias Matern: Land in Sicht

Rund 30 Millionen Euro Fördermittel hat das Land Brandenburg bislang in den Wassertourismus investiert. Doch während einige Regionen bereits profitieren, gibt es anderswo noch Entwicklungsbedarf

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Potsdam - Verwunschene Auenwälder, seltene Tier- und Pflanzenarten, barocke Zeitzeugen der preußischen Geschichte spiegeln sich auf der Wasseroberfläche - längst sind Brandenburgs weit verzweigte Flussarme, die teils unberührten Seen und die jahrhundertealten Kanäle kein Geheimtipp mehr. Zusammen mit den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Berlin bildet die Mark nach Angaben der Landestourismusgesellschaft Tourismus Marketing Brandenburg (TMB) Europas größtes zusammenhängendes Wasssersportrevier. Allein zwischen der uckermärkischen Kreisstadt Prenzlau im Norden und der Lausitzstadt Cottbus im Süden erstrecken sich rund 33 000 Kilometer Fließgewässer und rund 3000 Seen. Allein 1500 Kilometer Wasserstraße stehen Motorboot-Kapitänen zur Verfügung. Paddler und Segler können auf 6500 Kilometern Strecke die Mark Brandenburg erkunden.

Doch nicht nur die Natur hat viel zu bieten, auch die Infrastruktur wurde mit staatlicher Förderung in den vergangenen Jahren ausgebaut. Insgesamt sind nach Angaben des Landeswirtschaftsministeriums bislang rund 30 Millionen Euro in den Aufbau geflossen. Heute verfügt das Land über 165 Wasserwanderplätze, 65 Marinas, 300 Steganlagen und rund 150 000 Liegeplätze. Nahezu an jedem See und Flusslauf findet sich ein Kanuvermieter. Selbst wer keinen Bootsführerschein hat, aber trotzdem mit einem Motorboot fahren möchte, dem wird geholfen - und zwar mit dem zeitlich begrenzten Charterschein. Damit dürfen Freizeitkapitäne seit zehn Jahren auf ausgewählten Routen ohne Führerschein übers Wasser kreuzen. Mittlerweile stehen rund 480 Kilometer Strecke zur Verfügung. Nach Ansicht von Raimund Jennert, Wassertousrimus-Spezialist bei der TMB, ein Erfolgsmodell: „Die Einführung des Charterscheins hat sich rentiert, hat aber auch noch viel Wachstumspotenzial.“

Längst haben sich die Qualitäten der brandenburgischen Wassersportreviere auch außerhalb der Landesgrenzen herumgesprochen. „Die meisten Kunden kommen aus dem süd- und westdeutschen Raum“, sagt etwa Michael Eichler, Hafenmeister in der Marina Wolfsbruch in Rheinsberg. Hier können sowohl Motorboote als auch Hausboote führerscheinfrei gemietet werden – schleusenfreie Touren führen zum Beispiel zum Flecken Zechlin, mit Badestopp seien die Gäste oft den ganzen Tag auf dem Wasser. „Bei Schönwetter sind wir zu 90 Prozent ausgelastet“, sagt Eichler.

Vor einer Tour mit einem der bis zu 15 Meter langen Hausboote gibt es einen Crashkurs mit Überblick über die Wasser-Verkehrsregeln und einer praktischen Einweisung. „Die Fahrer sollen ein Gefühl für das Boot kriegen“, erklärt der Hafenmeister. Mit den Hausbooten, auf denen maximal zehn Personen schlafen können, seien mehrtägige Touren bis nach Schwerin oder Berlin möglich.

„Der Wassersport wird immer erfolgreicher“, sagt auch Dirk Meier vom Spreehafen in Burg im Spreewald. In den letzten zehn Jahren habe sich die Zahl der Boote im Spreewald verdreifacht, sagt der Radweltmeister und Tourismus-Unternehmer. Inzwischen werde darüber nachgedacht, wie man die traditionellen Kahnfahrten und die Paddler besser koordinieren kann. Dazu erarbeite der Tourismusverein Spreewald gemeinsam mit dem Landesumweltamt eine Beschilderung von Wasserwanderrouten.

Denn der Wasserspaß hat auch seine Grenzen, etwa zum Schutz der Natur: So müssen Boote innerhalb von Landschaftsschutzgebieten in der Regel einen fünf Meter weiten Abstand zum Röhricht am Ufer einhalten, erklärt Claudia Szczes vom Landesumweltministerium. Zusätzliche Einschränkungen gelten in Naturschutzgebieten. Eine einheitliche Regelung gebe es nicht, betont Szczes. Wassertouristen könnten sich in Wasserwanderkarten, beim Bootsverleiher und durch Beschilderungen über geltende Naturschutz-Vorschriften informieren.

Während Brandenburgs Seen und Flüsse in Deutschland bereits einen guten Ruf genießen, sind sie im Ausland anscheind noch weitgehend unbekannt. Einer aktuellen Umfrage der TMB zufolge ist der Anteil ausländischer Wassertouristen noch sehr gering. So stammten 96 Prozent der Befragten aus Deutschland, aber nur vier Prozent aus dem Ausland.

Potsdam dürfte eine Ausnahme sein: „Bei uns kommt jeder zweite Gast aus dem Ausland“, sagt Armin Burchardi, Chef des Potsdamer Yachthafens. Im Sommer werde der Hafen täglich von bis zu 45 Booten angesteuert, auch Ausleihen von Motor- und Hausbooten sind möglich. „Die gute Anbindung nach Berlin ist unser Vorteil“, so Burchardi. Der Hafenbetreiber arbeitet auch mit Touristen-Attraktionen wie dem Filmpark zusammen, organisiert Theaterkarten oder Taxifahrten.

Als Geheimtipp für Kanuten gilt noch die uckermärkische Seenplatte rund um Lychen und Templin mit glasklaren Seen und einer vielseitigen Fauna. Motorboote sind nur selten anzutreffen. Kanurastplätze und 14 Campingplätze machen das Angebot komplett. Für Gruppen bietet sich auch der Ausflug auf dem Floß an: Bis zu 50 Personen haben auf einem solchen Gefährt Platz, erklärt Marcus Thum von der Firma „Treibholz“ aus Lychen. Eine Floßfahrt eigne sich nicht nur für Betriebsausflüge, sondern auch für Familien und sogar Rollstuhlfahrer, sagt Thum.

Größtes Manko aus Thums Sicht ist die schlechte Anbindung durch den öffentlichen Nahverkehr. Eine einfache Anbindung nach Berlin wäre laut Thum nötig, um die uckermärkischen Seen als Ferienziel zu etablieren. Derzeit lebt die Region vor allem von Wochenend-Ausflüglern.

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