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Von Ferda Ataman und Sabine Beikler: Senat will Verträge mit Treberhilfe überprüfen

Bei Insolvenz plant das Land Übernahme des gemeinnützigen Vereins. Harald Ehlert haftet für Millionenkredite

Von Sabine Beikler

Berlin - Das könnte für 280 Mitarbeiter der Treberhilfe das Aus bedeuten: Nach Informationen dieser Zeitung prüft das Finanzamt für Körperschaften für das Jahr 2009, ob der Verein möglicherweise Gelder zweckentfremdet hat. Sollte sich dieser Verdacht erhärten, würde dem Verein die Gemeinnützigkeit entzogen. Die Folge: Es müssten Steuern aus Erträgen bis maximal der letzten zehn Jahre zurückgezahlt werden. „Das summiert sich auf eine Summe in Millionenhöhe“, sagte ein Finanzexperte. Für den Verein hätte dieses Szenario die Insolvenz zur Folge. Um den „worst case“ zu verhindern, planen Land und Bezirke eine „konzertierte Aktion“, wie es hieß. Das beschlossen sie auf einem Treffen am Montag.

Für Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linke) ist entscheidend, dass die Mitarbeiter und die 3000 Hilfsbedürftigen, die Leistungen über die Treberhilfe erhalten, keine negativen Konsequenzen davon tragen. Um einer möglichen Insolvenz zuvorzukommen, soll der Verein mitsamt der Mitarbeiter unter dem Dach des Diakonischen Werkes weitergeführt werden. Die Diakonie habe eine zuvor gegründete gemeinnützige Gesellschaft „in Reserve“, erzählt ein Insider. „Nur der Satzungszweck müsste verändert werden.“ Zu Details über den weiteren Ablauf wollte sich die Diakonie am Montag nicht äußern.

Dem zurückgetretenen Geschäftsführer der Treberhilfe, Harald Ehlert, gehört die Hälfte der gemeinnützigen Gesellschaft. Er soll laut Informationen dieser Zeitung für eine Summe in Millionenhöhe, die für den Kauf von Immobilien und anderer Projekte als Kredit gewährt wurde, auch persönlich haften. „Die Zuwendungen vom Staat sind per Bescheid zweckgebunden“, erklärt Verwaltungsrechtler Remo Klinger. „Wenn das Geld anderweitig ausgegeben wurde, kann der Staat es vom Empfänger zurückfordern – sogar unmittelbar von den Privatkonten des Geschäftsführers, wenn der sich wegen Veruntreuung strafbar gemacht hat.“

Die Treberhilfe will sich zur Haftungsfrage nicht äußern. Per Rundschreiben teilte sie lediglich mit, dass Ehlert das „Stimmrecht aus seinen Gesellschaftsanteilen“ an der gemeinnützigen GmbH an einen Treuhänder abgegeben habe. Außerdem wolle sie gegen den Ausschluss aus dem Paritätischen Wohlfahrtsverband klagen, da aus ihrer Sicht keine Gründe dafür vorlägen. Zwar sei so eine Klage möglich, erklärt eine Sprecherin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, „aber bisher haben wir keinerlei Schreiben von der Treberhilfe erhalten“. Die Treberhilfe erklärte weiter, bei ihr sei noch keine Mitteilung über einen Ausschluss aus dem Diakonischen Werk eingegangen. „Wir prüfen das noch“, bestätigte die Diakonie. Außerdem forderte die Treberhilfe „Transparenz durch einen unabhängigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer“. Das erwarten die Bezirke und die Sozialverwaltung auch von der Treberhilfe. „Die Treberhilfe muss selbst für Transparenz sorgen“, sagte Sozial-Staatssekretär Rainer-Maria Fritsch (Linke).

Bei dem gestrigen Gespräch bekräftigten die Bezirksvertreter, die Qualität der Arbeit der Treberhilfe sei nicht zu beanstanden. Daher gehe man auch nicht von Vertragsverletzungen aus, hieß es. In der Schwebe sind zurzeit sechs sogenannte Entgeltverträge zwischen dem Land und der Treberhilfe. Das betrifft Pauschalen für individuelle Leistungen wie die Obdachlosenunterkunft, die der Gesetzgeber einem Hilfsbedürftigen garantiert. Offenbar will das Land auch abgeschlossene Verträge überprüfen. So könnte sich die Belegungsquote der Obdachloseneinrichtungen, die über die Treberhilfe angeboten werden, verändert haben, was Auswirkungen auf den Kostensatz haben würde. Berlin zahlt jährlich für alle staatlich garantierten Leistungen wie Hilfen zur Erziehung im Pflege-, Kita- oder Behindertenbereich 2,1 Milliarden Euro. Mit 750 000 Euro bezuschusst Berlin die Beratungsstellen der Treberhilfe.

„Alle unsere Projekte laufen weiter“, sagte eine Sprecherin der Treberhilfe – auch die Arbeiten für ein Projekt in Schöneberg. Auf dem Grundstück der ehemaligen Schwielowsee-Schule sollen neben der Zentrale der Treberhilfe ein Jugendhilfezentrum, ein Familienzentrum und ein Obdachlosenheim gebaut werden. Eigentümerin des Grundstücks ist die gemeinnützige GmbH der Treberhilfe, die nun ein Treuhänder betreut. Auch eine Brandenburger Tochterfirma der Treberhilfe will in Potsdam ein Tierheim errichten.

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