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Von Alexander Fröhlich und Matthias Matern: „Platzecks Versäumnis“

Breite Debatte nach Vorstoß einiger SPD–Rebellen und Zustimmung aus Berlin für eine Länderfusion

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Potsdam/Berlin - Der Vorstoß jüngerer Führungskräfte in der märkischen SPD für einen Neuanlauf zur Länderfusion von Berlin und Brandenburg hat eine breite Debatte ausgelöst. SPD-Fraktionschef Dietmar Woidke und Generalsekretär Klaus Ness reagierten am Dienstag skeptisch auf den Antrag des mächtigen Unterbezirks Potsdam für den Landesparteitag im Juni. In dem Papier wird gefordert, nach der bei der Volksabstimmung im Jahr 1996 gescheiterten Fusion müsse die Debatte jetzt wieder aufgenommen werden.

Ness und Woikde waren sichtlich bemüht, das Thema klein zu halten. Schließlich gehen die Nachwuchskader in dieser Frage deutlich auf Distanz zu Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Wegen der laut Umfragen anhaltenden Ablehnung in Brandenburg hält der Regierungschef eine Fusionsdebatte für überflüssig. Dem SPD–Nachwuchs geht es dagegen weniger um Umfragen, als um eine Agenda für die Zukunft – und wohl auch um eine Positionierung in der eigenen Partei. Konkret handelt es sich um den Potsdamer Unterbezirkschef Mike Schubert, vor allem aber um die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Landtagsfraktion und Vize-Landeschefin Klara Geywitz, die den Antrag im Unterbezirk mitgetragen hat. Daneben zählt der SPD–Wirtschaftsexperte im Landtag und Juso-Chef Sören Kosanke zu den Rebellen unter den Genossen.

Ness sagte, in der Landeshauptstadt habe es schon immer eine Mehrheit pro Länderfusion gegeben, in der Tiefe des Landes sei sie allerdings kein Thema. Erst wenn es bundesweit eine Diskussion über die föderalen Strukturen gebe, habe das Thema eine Chance. Auch Woidke sieht für einen Neuanlauf wegen fehlender Mehrheiten im Land keinen Anlass. 20 Jahre nach der Wende sei die Identifikation der Brandenburger mit ihrem Bundesland „sehr groß“. Dennoch sei die Fusion einzelner Institutionen weiter denkbar, wie etwa beim Landeslabor. Einen solchen Schritt könne er sich angesichts überalterten Personals auch bei Genehmigungsbehörden wie bei den Landesumweltämtern vorstellen. Bei Kooperationen sehe er in  Berlin aber ein „großes Beharrungsvermögen“ am Status Quo. Grüne-Fraktionschef Axel Vogel sagte, Platzeck habe es versäumt, positiv für das Thema zu werben. „Die Stimmung für eine Fusion schwindet. Verantwortlich dafür ist die Landespolitik.“

„Was die jungen SPD-Wilden wollen, ist unsere Position – eine Fusion von unten“, sagte Linke-Fraktionschefin Kerstin Kaiser. CDU-Landeschefin Johanna Wanka sagte, ihre Partei befürworte eine Länderfusion, „es ist aber nicht das dringendste Thema“. Beide rot-roten Landesregierungen sollten mit gutem Beispiel vorangehen, seien bislang aber weit entfernt von einer gemeinsamen stimmigen Politik. Als Beispiel nannte Wanka den Streit um den Erhalt der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) oder um die Unterbringung Berliner Strafgefangener in brandenburgischen Haftanstalten.

In Berlin stößt das Ansinnen der jungen SPD-Wilden aus Brandenburg zwar auf Zustimmung. Große Hoffnungen, dass sie die Spitze der märkischen Sozialdemokraten noch umstimmen könnten, macht sich aber kaum jemand. „Das sind interessante Stimmen“, findet etwa der Sprecher der Berliner Senatskanzlei, Richard Meng. „Realistisch betrachtet, gibt es aber bei den Entscheidern in Brandenburg keine veränderte Haltung zum Thema Fusion.“ Berlin stehe nach wie vor bereit, so Meng. Allerdings müsse dafür erst einmal etwas Bewegung in Brandenburg einkehren.

Bei der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus streckt man ebenfalls die Hand aus. „In Berlin ist die Mehrheit der Sozialdemokraten für eine Fusion“, schildert Andy Jauch, zuständig in der SPD-Fraktion für das Thema Berlin-Brandenburg. „Für freuen uns über dieses Signal. Wenn das Wunsch und Wille in Potsdam ist, sind wir durchaus aufgeschlossen“, versichert auch Kathi Seefeld, Sprecherin der Linke-Fraktion.

Die Berliner CDU, die beim gescheiterten Anlauf 1996 selbst mit im Boot saß, ist zwar immer noch für die Fusion, möchte aber die SPD beim Thema Fusion am liebsten ausblenden. „Was die SPD in Brandenburg macht, ist mir egal“, kommentiert CDU-Fraktionsmitglied Oliver Scholz die Äußerungen der SPD-Rebellen aus der Mark. „Für die Menschen in der Region ist die Fusion notwendig.“

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