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Volksbegehren in Berlin: Zu wenig Unterschriften für ein Nachtflugverbot

Volksbegehren gescheitert – jedenfalls in Berlin. Jetzt setzen die Initiativen alle Hoffnung auf Brandenburg.

Von Sandra Dassler

Berlin/Potsdam - Das Berliner Volksbegehren für ein striktes Nachtflugverbot am künftigen Flughafen BER ist gescheitert. Wie die Landesabstimmungsleiterin am Montag mitteilte, wurden nach ersten Zählungen und Schätzungen rund 160 000 Unterschriften eingereicht. 173 233 hätten es sein müssen. Da von den bereits geprüften 83 347 Stimmen knapp zehntausend ungültig waren, fehlen mehr als 20 000 Stimmen. Die Auszählung sei zwar noch nicht beendet, sagte ein Sprecher der Landeswahlleiterin. Es sei aber erfahrungsgemäß unwahrscheinlich, dass plötzlich noch so viele Unterschriften auftauchten, wie notwendig seien. Die hohe Zahl von ungültigen Stimmen sei nicht ungewöhnlich, sagte der Sprecher: „Manche haben keinen Hauptwohnsitz in Berlin oder keine deutsche Staatsbürgerschaft. Die meisten ungültigen Stimmen kommen aber dadurch zustande, dass viele Menschen mehrmals unterschreiben. Dann gilt nur die erste Unterschrift.“

Die Initiatoren des Volksbegehrens forderten ein striktes Flugverbot zwischen 22 und 6 Uhr. Die Planungen des Flughafen-Betreibers sehen eine Ruhezeit zwischen 23.30 und 5.30 Uhr vor.

„So lange können wir weiter hoffen“, sagte der Sprecher der Kampagne „Aufwachen Berlin“, Sebastian Fasbender: „Aber viel wichtiger ist, dass wir jetzt alle Kräfte auf Brandenburg konzentrieren.“ Im Nachbarland werden noch bis zum 3. Dezember Stimmen für ein Nachtflugverbot-Volksbegehren gesammelt. Schon während der allwöchentlichen Demonstration der Fluglärmgegner in Friedrichshagen solle deshalb am Montagabend der „Staffelstab“ symbolisch an die Brandenburger weitergegeben werden.

Fasbender ist nicht enttäuscht: „Dass so viele Menschen aus ganz Berlin unterschrieben haben, ist toll.“ Die Ursache für das Scheitern sei die verschobene Eröffnung des BER. Dem widersprach der Sprecher der Flughafengesellschaft, Ralf Kunkel, vehement: „Ganz im Gegenteil – durch die Eröffnung des neuen Flughafens wären ganz viele Berliner von Fluglärm entlastet worden.“

Der Vizepräsident des Verbandes Deutscher Grundstücksnutzer Eckhart Beleites erklärte: „Die Politik sollte nicht denken, das Thema Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr sei vom Tisch, nur weil unterschiedliche Interessenlagen in der Berliner Bevölkerung einen Erfolg verhindert haben.“ Die Parlamente beider Länder müssten von sich aus ein Flugverbot zwischen 22 und 6 Uhr verhängen. „Was es heißt, wenn das nicht geschieht, müssen derzeit viele Menschen im Umfeld des Flughafens Tegel erdulden, die über einen erweiterten Flugverkehr bis 24 Uhr klagen.“

Jetzt heiße es „Aufwachen Brandenburg“, sagte der Sprecher der Bürgerinitiative Kleinmachnow, Michael Lippoldt. 40 000 Menschen haben schon gegen Nachtflüge votiert. Erforderlich sind 80 000, damit sich der Landtag damit befasst und bei einer Ablehnung ein Volksentscheid möglich ist. Anders als in Berlin lässt Brandenburg keine Straßensammlungen zu. Die Bürger müssen ins Rathaus oder Briefwahl-Unterlagen anfordern. Lippoldt ist optimistisch. „Wir schaffen das, haben die Unterstützung der Berliner und sogar von Menschen aus der Lausitz. Jetzt werden wir uns erst einmal auf Potsdam konzentrieren.“

Die Bürgerinitiative gegen Fluglärm in Potsdam will erst ab November aktiv gegen Nachtflüge auf Stimmenfang gehen. „Wir erwarten in der Schlussphase des Volksbehrens einen großen Schub an Unterschriften“, sagte der Sprecher der BI „Schützt Potsdam“, Markus Peichl. Zur Halbzeit des Volksbegehrens Anfang September hatten erst rund 1200 Potsdamer für ein generelles Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr gestimmt. Das ist knapp ein Prozent der 125 000 Wahlberechtigten der Stadt.

Potsdam gilt durch seine Bevölkerungsdichte als wichtiges Einzugsgebiet bei der Unterschriftensammlung. Peichl zeigte sich trotz der Hürde, dass Unterschriften nur per Amtseintragung möglich sind, zuversichtlich, dass das Quorum erreicht wird. „Das Nachtflugverbot geht jeden etwas an, der im Einflugsgebiet wohnt, egal ob er jetzt oder später, praktisch oder theoretisch vom Fluglärm betroffen ist“, sagte Peichl. Der Akt der Solidarität stehe deswegen auch im Mittelpunkt der Kampagne. Mit Anzeigen, Plakaten, Ständen und Postwurfsendungen will die BI für das Volksbegehren werben.Die Mobilisierung sei am Ende leichter als am Anfang, erklärt Peichl. Das hätten die Verlaufskurven anderer Volksbegehren gezeigt. „Wir werden uns mit allen Ressourcen auf die letzten sechs Wochen konzentrieren. Ich glaube, dass sich das bezahlt macht“. Auch setzt Peichl auf die professionelle Unterstützung etwa der Initiative in Berlin-Friedrichshagen.Sandra Dassler/Grit Beirauch

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