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Abgehängt. Der Bahnhof Wustermark (Havelland) soll künftig nicht mehr so oft angefahren werden.

© Nestor Bachmann/dpa

Verkehr in Brandenburg: Profiteure in Potsdam

Trotz anhaltender Proteste verschlechtert das Land Brandenburg im Zuge seines Nahverkehrsplan die Bahnanbindung von Wustermark. Die Profiteure des Vorhabens sitzen in Potsdam.

Wustermark - Es hat alles nichts gebracht. Bürgerprotest, eine Unterschriftensammlung, der Einsatz der Lokalpolitiker und auch nicht das Engagement von Unternehmen. Das Brandenburger Infrastrukturministerium hält an seinen Plänen für den Landesnahverkehrsplan ab 2022 fest. Für Wustermark (Havelland) hat das zur Folge, dass sich die Anbindung an das Regionalbahnnetz drastisch verschlechtert. Dort sollen künftig weniger und nicht mehr Regionalzüge halten.

Entsprechende Informationen bestätigte das Infrastrukturministerium nun auf PNN-Anfrage. Demnach habe es in der vergangenen Woche ein Gespräch mit Vertretern der Bürgerinitiative „Nicht ohne Wustermark“ und der Gemeinde sowie Landrat Roger Lewandowski (CDU) auf Einladung der Landtagsfraktionen von SPD und Linke gegeben. Im Ergebnis beharrt das Land darauf, dass es von dem Bahnhof westlich von Berlin-Spandau künftig nur noch einmal pro Stunde eine Verbindung nach Berlin gibt und die stündliche Verbindung nach Potsdam mit der RB21 sogar ganz entfällt. Bisher hält in Wustermark der RE4 aus Rathenow und wechselt sich mit der RB13 ab, die von Wustermark aus nach Berlin-Jungfernheide fährt. Zum Berliner Hauptbahnhof dauert es 33 Minuten. Im Vorjahr stiegen an dem Bahnhof nach Ministeriumsangaben wochentags rund 2200 Menschen ein und aus. Der Nahverkehrsplan sieht nun vor, dass der aus Potsdam kommende RB21 vor Wustermark rechts abbiegt und weiter nach Spandau fährt. Die RB13 gibt es dann gar nicht mehr. „Bedauerlicherweise war seitens des Landes bereits von vornherein klar, dass für den Standort der Zug im wahrsten Sinne des Wortes bereits abgefahren ist“, sagt Landrat Lewandowski. „Wir hängen hier einen der wichtigsten Logistikstandorte Brandenburgs ab.“

Wichtige Fakten bei der Aufstellung des Plans nicht einbezogen worden?

„Statt uns endlich das lange geforderte Gespräch mit einem Planer zu ermöglichen, wurde von der Ministerin das Ergebnis verkündet“, sagte auch Christian Mahr von der Bürgerinitiative den PNN. Wichtige Fakten seien bei der Aufstellung des Plans nicht einbezogen worden. Für Senioren und Einwohner, die kein Auto haben, befürchte man Einschränkungen bei Arztbesuchen, kulturellen Veranstaltungen oder beim Einkaufen. Außerdem würden wohl mehr Autos auf den Straßen nach Berlin und Potsdam unterwegs sein. Mehr als 2000 Unterschriften hatte die Initiative gesammelt, die von Ministerin Kathrin Schneider (SPD) mehrmals öffentlich für die sachliche Einbringung in die Planung gelobt worden sei. Nun fühle man sich verschaukelt.

Tatsächlich hatten die Wustermarker nicht nur protestiert, sondern einen Alternativvorschlag erarbeitet: Die RB21 sollte – aus Potsdam kommend – links nach Wustermark abbiegen, dort umkehren und dann weiter nach Spandau fahren und zurück umgekehrt. Das hätte eine umsteigefreie Verbindung zwischen Potsdam und Spandau geschaffen und Wustermark hätte seine Anbindung behalten. Beim Land hatte man versprochen, den Vorschlag zu prüfen, allerdings gab es Zweifel, ob die längere Fahrzeit die Verbindung von Potsdam nach Spandau nicht unattraktiv mache. Von zehn Minuten mehr war die Rede. Die Initiative war von höchstens vier Minuten zusätzlich ausgegangen. Detailfragen spielen nun keine Rolle mehr. Denn wie berichtet läuft die Ausschreibung für die Fahrleistungen im Netz Elbe-Spree bereits.

Endstation Wustermark: Versprechen für eine ferne Zukunft

Den enttäuschten Wustermarkern hat das Ministerium derzeit nur Versprechungen für eine ferne Zukunft zu bieten. Mittelfristig solle die Verbindung mit dem RE4 auf einen 30-Minuten-Takt verdichtet werden. Dazu sei der Ausbau der Lehrter Bahn erforderlich. Dieses Projekt sei Bestandteil des vordringlichen Bedarfs im Bundesverkehrswegeplan. Allerdings müsste für die nötige Kapazität auch der Bahnhof Berlin-Spandau erweitert werden. Das werde im Rahmen des Infrastrukturprojekts 2030 geprüft.

Das Thema hat nun auch die Potsdamer Stadtpolitik erreicht. Die Fraktion Die Andere fordert Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) auf, sich für die Wustermarker einzusetzen. Allerdings nicht aus reiner Nächstenliebe: Es sei davon auszugehen, dass die Schließung des Bahnhofs dazu führt, dass mehr Pendler aus der Region nördlich von Potsdam mit dem Auto fahren, so die Fraktion. Potsdam habe ein großes Interesse daran, dass der Pendlerverkehr großteils über öffentliche Verkehrsmittel abgewickelt wird. Eine Antwort des Oberbürgermeisters steht noch aus.

Möglicherweise tröstet er sich damit, dass durch die RB21 künftig eine zweite schnelle Direktverbindung nach Berlin entsteht – immerhin das Ziel der meisten Potsdamer Pendler. Denn Spandau soll für die RB21 nur ein Zwischenhalt sein. Der Zug soll bis Berlin-Gesundbrunnen fahren. Dort erschließe er mit U- und S-Bahn-Linien den gesamten Berliner Norden, so Ministeriumssprecher Steffen Streu. Außerdem verspricht man sich von der neuen Verbindung auch eine Entlastung des stark genutzten RE1.

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