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Der BER, der Ende Oktober eröffnen soll, ist für die aktuellen Fluggastzahlen bereits jetzt zu klein.

© imago/STPP

Verhandlung über BER-Erweiterungen: Darf der alte Flughafen Schönefeld in Betrieb bleiben?

Am Oberverwaltungsgericht wird verhandelt, ob parallel zum BER der alte Flughafen Schönefeld in Betrieb bleiben kann. Die Kapazitäten werden dringend benötigt.

Schönefeld - Das bevorstehende BER-Urteil könnte gravierende Auswirkungen auf den Luftverkehr in der Hauptstadtregion haben: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) verhandelt ab dem heutigen Montag über BER-Erweiterungen, ohne die der künftige Airport schon zur angekündigten Eröffnung am 31. Oktober 2020 viel zu klein wäre. 

Das Gericht muss klären, ob der alte Schönefelder Flughafen in Betrieb bleiben kann und ob das neue Terminal für Billigflieger (T2) dem Planfeststellungsbeschluss entspricht. Damit wird erstmals auch der von Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup verfolgte „Masterplan 2040“ geprüft, mit dem die BER-Kapazität schrittweise auf 55 Millionen Passagiere jährlich erhöht werden soll.

Kläger sind der Bürgerverein Berlin-Brandenburg (BVBB), die größte Bürgerinitiative im Umfeld, und vier Anrainergemeinden, darunter Blankenfelde-Mahlow und Eichwalde. Drei Prozesstage sind angesetzt, plus ein Reservetag. Die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) ist nur „beigeladen“, da sich die Klagen gegen die Untere Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg (LUBB) richten. Trotzdem will die FBB mit gleich zwölf Vertretern anrücken. 

Darf der Schönefelder Flughafen weiter genutzt werden?

Denn es geht um viel: Vom Ausgang kann es abhängen, ob der alte Schönefelder Flughafen (SXF) – der eigentlich wie Tegel mit dem BER-Start schließen sollte – jahrelang weiter genutzt werden darf. Die SXF-Terminals und das neue Terminal T2 für sechs Millionen Passagiere, das im Oktober fertig sein soll, werden dringend gebraucht. 

Denn das BER-Hauptterminal allein ist mit einer Startkapazität von 22 bis 24 Millionen Passagieren, später von 27 Millionen, viel zu klein. 2019 wurden in Berlin bereits 35,64 Millionen Passagiere abgefertigt, davon allein 11,4 Millionen in Schönefeld/Alt. Sollte der Weiterbetrieb juristisch gefährdet sein, könnte es sogar dazu führen, dass Tegel nicht wie geplant kurz nach der BER-Eröffnung geschlossen werden kann.

Bürgerverein klagt

Gegen den Weiterbetrieb des SXF-Airports, den sogenannten Double-Roof-Betrieb, klagt der Bürgerverein Berlin-Brandenburg. Und zwar konkret gegen die dafür von der FBB beantragte 27. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses, die die Luftfahrtbehörde genehmigt hat. „Die Behörde hat es kritiklos durchgewunken, ohne eigene Prüfungen“, sagt BVBB-Chefin Christine Dorn. So habe es trotz der gravierenden Auswirkungen keine Öffentlichkeitsbeteiligung und Umweltprüfung gegeben. „Dabei hat der alte Schönefelder Flughafen inzwischen immerhin die Dimensionen des Flughafens Köln-Bonn oder des Stuttgarter Flughafens.“ 

Es könne nicht sein, dass Bürgerbeteiligung und Transparenz nur in Schaufensterreden beschworen werde. Dorn verweist auch darauf, dass sich die FBB nur einen Weiterbetrieb bis Ende 2023 genehmigen ließ – und weitere Prüfungen und Beteiligungen unter Verweis auf diese Zeitspanne unterblieben. „Kaum war die Tinte trocken, hieß es, dass Schönefeld/Alt bis 2025/2026 benötigt wird. Inzwischen ist von einem Jahrzehnt die Rede“, sagt Dorn. Die Behörde habe es versäumt, konkrete Auflagen zu erteilen.

Planungen für Schließung laufen schon

Tatsächlich soll der alte Flughafen Schönefeld nun erst außer Dienst gestellt werden, wenn Ende der 2020er-Jahre das große BER-Erweiterungsterminal (T3) für 17 Millionen Passagiere vis-à-vis am Willy-Brandt-Platz fertig ist. Aktuell laufen dafür erste Planungen. Es sei „ein starkes Stück“, sagt Dorn, den SXF-Weiterbetrieb mit einem noch nicht einmal genehmigten Terminal zu begründen. 

Zudem werde mit dem Doppelbetrieb eine Auflage des Planfeststellungsbeschlusses zum Schutz der Anwohner ausgehebelt. Und zwar, weil Maschinen, deren Passagiere im alten SXF–Terminal abgefertigt werden, auf der nahen Nordbahn starten oder landen werden. Nach dem Planfeststellungsbeschluss sind am BER aber „die nächtlichen An- und Abflüge (...) so auf die Start- und Landebahnen zu verteilen, dass sich daraus insgesamt (...) die geringst mögliche Belastung für Flughafenanwohner ergibt“. Das sei mit dem Doppelbetrieb nicht möglich. 

Das sagt der Flughafen-Chef

Die Klage der Kommunen wiederum richtet sich gegen die 31. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses, mit dem sich die FBB das neue Terminal T2 am BER-Nordpier genehmigen ließ. Beide Klagen richten sich gegen das Vorgehen der FBB, sich die Erweiterungen „scheibchenweise“ genehmigen zu lassen – anstatt den „Masterplan 2040“ insgesamt.

Und was meint der Flughafen-Chef? „Es ist gute Praxis, dem Gericht nicht vorzugreifen“, sagte Lütke Daldrup. „Wir sind Beigeladener in diesem Verfahren. Wir haben aber eine klare Meinung zu unserer rechtlichen Situation: Die Luftfahrtbehörde hat aus unserer Sicht sachgerecht entschieden.“ In zwei spektakulären Schallschutz-Verfahren hatte das Oberverwaltungsgericht aber den Anwohnern Recht gegeben.

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