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Klärungsbedarf. Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) wird seine DDR-Doktorarbeit vorgehalten. In seiner 1987 verfassten Dissertation „Kriminalwissenschaftliches Erbe der KPD 1919 - 1933“ äußerte er sich zweideutig zur Todesstrafe.

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Vergangenheitsdebatte: Justizminister erneut unter Druck

Es ist nicht das erst Mal, dass Volkmar Schöneburg (Linke) von seiner Arbeit als Wissenschaftler in der DDR eingeholt wird. Jetzt weist er Kritik an Äußerungen zur Todesstrafe in seiner Dissertation von 1987 zurück.

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Potsdam - Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke), der sich über Monate mit Stasi-Richtern in der Landesjustiz herumschlägt, gerät erneut wegen seiner rechtswissenschaftlichen Schriften in die Kritik. Diesmal geht es um seine 1987 verfasste und 1989 immerhin im Staatsverlag der DDR veröffentliche Dissertation mit dem Titel „Kriminalwissenschaftliches Erbe der KPD 1919 - 1933“. Darin formulierte Schöneburg sein Lob für kommunistische Juristen, weil sie in der Weimarer Republik für die weitgehende Abschaffung der Todesstrafe eingetreten seien. Legitim aber hätten sie die Todesstrafe gefunden, wenn es um die „Verteidigung revolutionärer Errungenschaften“ geht.

Jetzt sah sich Schöneburg gezwungen dem Eindruck entgegenzutreten, er selbst habe in seiner Dissertation die Todesstrafe, die in der DDR erst 1987 im Zuge der Entspannungspolitik abgeschafft wurde, als Ultima Ratio des Klassenkampfes befürwortet, weil er im Vorwort nämlich einen Bezug zum „zukünftigen revolutionären Handeln“ herstellt.

Ein Ministeriumssprecher erklärte, Schöneburg sei stets ein Gegner der Todesstrafe gewesen und habe diese in seiner Doktorarbeit nicht gerechtfertigt.

Es ist nicht das erst Mal, dass Schöneburgs Arbeit als Wissenschaftler ihn als Justizminister einholt. Bereits bevor er das Amt im Herbst 2009 übernahm, hagelte es Kritik an einem 2002 verfassten Aufsatz zu den Mauerschützenprozessen. Darin bescheinigte er den Anklägern „viel zu viel Verfolgungseifer“, weil Angeklagte zu hohen Freiheitsstrafen ohne Bewährung verurteilt worden waren. Zugleich lehnte Schöneburg die Klassifizierung der DDR als „Unrechtsstaat“ ab, weil dies eine „unwissenschaftliche, moralisierende Verdrängungsvokabel“ sei, was von nicht wenigen Staatsrechtlern aus Juristensicht sogar geteilt wird. In dieser Perspektive ist die DDR kein Rechtsstaat, Unrechtsstaat aber wiederum ein politischer Kampfbegriff. Selbst seiner eigenen Partei hatte Schöneburg damals vorgeworfen, sich „der Moralisierung“ beim Gedenken an die Maueropfer „nicht entziehen“ zu können. Im Gegenzug hat Schöneburg aber in anderen Aufsätzen auch die DDR-Justiz als brutales Machtinstrument der SED dargestellt.

Für Schöneburg, der nach seiner Promotion an der Humboldt Universität beim Zentralinstitut für Philosophie an der Akademie der Wissenschaften der DDR tätig war, 1991 an die Humboldt Universität zurückkehrte, seit 2002 als Strafverteidiger in Potsdam arbeitete und 2006 für die Linke an das Landesverfassungsgericht berufen wurde, kommen die neuen Vorwürfe zur Unzeit. Gerade versuchte er die seit Monaten schwelende Debatte um Stasi-belastete Richter und Staatsanwälte mit einer internen Prüfung zu beenden.

CDU-Rechtsexperte Danny Eichelbaum nannte Schöneburgs Aussagen zum Unrechtsstaat und zur Todesstrafe „höchst bedenklich“. Er müsse ohne Wenn und Aber „für die Prinzipien des Rechtsstaates einstehen“. Grüne-Fraktionschef Axel Vogel sagte, Schöneburgs Ansichten gehörten „zum üblichen Kanon in der DDR, wenn man juristisch Karriere machen wollte“. Die Doktorarbeit zeige nur, wie tief der Minister „im juristischen Denken der DDR verwurzelt war“. Die Frage sei nun aber, ob Schöneburg „das hinter sich gelassen hat“, sagte Vogel. „Ich gehe davon aus.“ Es sei aber bedauerlich, dass Schöneburg nicht von sich derlei anspreche, erklärte Vogel. „Wer nicht von sich aus offensiv mit der eigenen Vergangenheit umgeht, muss damit leben, dass das dann andere machen.“

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