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Mitglieder der "Barnimer Freunschaft" tragen Kutten mit eigenen Logos und Schriftzügen.

© Hardy Krüger

Verfassungsschutz Brandenburg: Neonazis in Rockerkutten

Ein neues Phänomen beschäftigt den Verfassungsschutz Brandenburg: Rechtsextreme organisieren sich in Bruderschaften und ahmen dabei Rockerclubs nach. Acht solcher Gruppen soll es in Brandenburg geben.

Potsdam - Es gibt Neonazis in Brandenburg, die tun so, als wären sie Rocker. Sie organisieren sich in sogenannten Bruderschaften und ahmen fast alles nach, was man von Rockerclubs kennt: Symbole, Kutten, Rituale, Hierarchien. Nur mit den öffentlichen Auftritten, da hapert es etwas. Der Brandenburgische Verfassungsschutz sieht darin einen Trend. Vorwiegend reifere männliche Neonazis streifen die Kutte über. Insgesamt sollen acht derartige Gruppierungen in Brandenburg existieren. Alles Neonazis, denen der Verfassungsschutz, der am heutigen Dienstag seinen Bericht für 2014 vorstellt, eine erhöhte Gewaltbereitschaft unterstellt.

Ein Beleg dafür könnte ein Überfall auf eine Gaststätte in Gardelegen (Sachsen-Anhalt) sein. Die Besitzerin engagiert sich für Asylbewerber und gegen Neonazis. Am 7. Juli 2014 stürmten Neonazis die Gaststätte. Es soll zu Beleidigungen und körperlichen Auseinandersetzungen mit Gästen gekommen sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zwölf Personen, die zum großen Teil aus Brandenburg kommen, wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“. Der Verfassungsschutz weist diesen Überfall der eigentlich auf das Musikgeschäft konzentrierten Bruderschaft „Terrorcrew – Kameradschaft Kommando Werwolf“ zu. Die Recherchen der PNN ergeben da zumindest personelle Übereinstimmungen.

"Blood Brother Nation"-Mitglieder organisieren Demos gegen Asylbewerberheime

Die „Kameradschaft Kommando Werwolf“ (KSKW) besteht laut Verfassungsschutz aus etwa 15 Mitgliedern, die insbesondere aus Frankfurt (Oder), Beeskow, Friedland (Oder-Spree) und aus Gardelegen (Sachsen-Anhalt) stammen. Zum harten Kern gehören auch die Mitglieder der rechtsextremistischen Band „Frontfeuer“ aus Beeskow.

Mitglieder der rassistischen Bruderschaft „Blood Brother Nation“ (BBN) zum Beispiel organisieren in Frankfurt die allmonatlich stattfindenden Demonstrationen gegen Asylbewerberheime. Peer K. soll auch die mittlerweile gelöschte Facebook-Seite „Bürgerwehr Frankfurt (O)“ betrieben haben. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) bestätigt auch ein Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen „öffentlicher Aufforderung zu Straftaten“. Er soll auf dieser Facebook-Seite die Leute aufgefordert haben, Asylbewerberheime in die Luft zu jagen, Zitat: „Ich bin dafür, dass wir dieses kleine Problemchen mit einem großen Knall lösen! Lichtenhagen und Hoyerswerda sollten dagegen klein erscheinen!“ 

Mit anderen Gruppen in Deutschland vernetzt

Die kleine Frankfurter Gruppe – etwa fünf Leute – ist gut vernetzt mit den Mitgliedern in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und dem Ursprungs-Chapter in Schweden. Dazu gibt es noch Verbindungen zur Bruderschaft „Nordic 12“, die in den letzten Wochen mit einen Netzkampagne über „durch Ausländer ermordete Deutsche“ in Erscheinung trat. Frankfurt (Oder) ist momentan mit drei Bruderschaften führend in Brandenburg. Neben BBN und KSKW gibt es dort noch die „Bruderschaft 25“. Dann folgt der Barnim mit der „Barnimer Freundschaft“ und der „Bruderschaft SG 44“. SG steht dabei für Sturmgruppe. 

Die Mitglieder der „Barnimer Freundschaft“ tragen laut Verfassungsschutz Lederkutten mit eigenen Logos und Schriftzügen. In der Öffentlichkeit sind sie bisher allerdings nur mit einheitlichen Kapuzenpullovern aufgetaucht. Die „Barnimer Freundschaft“ soll auch die eigentlich rockertypische Unterscheidung in Anwärter und Vollmitglieder übernommen haben. Sie ist im Barnim eng mit der NPD verbunden. Zwei Mitglieder sollen zur Kommunalwahl am 25. Mai 2014 für die NPD kandidiert haben. Ein Mitglied sitztseit dem sowohl im Kreistag Barnim als auch in der Gemeindevertretung Panketal.  Die beiden sollen nach Recherchen von PNN auch an einem Überfall auf einen Jugendlichen beteiligt gewesen sein. Im April 2014, mitten im Kommunalwahlkampf, sollen sie sich einem Jugendlichen gegenüber als Kripobeamte ausgegeben und dessen Personalausweis verlangt haben. Der Jugendliche hatte zuvor Wahlplakate der NPD abgerissen. Einer der beiden Neonazis soll dem Jugendlichen einen Kinnhaken verpasst haben. Den Personalausweis soll er nicht zurückbekommen haben. Anlass für die Hausdurchsuchung im Juni war dann wohl die Suche nach dem Personalausweis. Gefunden wurde er allerdings laut Staatsanwaltschaft nicht. Ermittelt wurde damals wegen Amtsanmaßung, Unterschlagung und Körperverletzung. 

Sie wirken eher im Stillen

Es gibt in Brandenburg noch die „Aryan Blood Brothers“, die Mitglieder in Königs Wusterhausen und Oranienburg, Ortsteil Sachsenhausen, haben. Weitere Orte sind Teterow und Rostock in Mecklenburg-Vorpommern. Etwa 30 Personen findet man in ihrem Netzwerk über Facebook. Dazu noch Einzelpersonen, die sich der „Cres 38“ und der „Brigade 8“ zurechnen. Supporter-Material der „Brigade 8“ wird auch über den Online-Handel „Zentralversand“ des Neonazis René Herrmann aus Golzow vertrieben.

Anders als Rocker, die mit ihrer Kluft und ihrem offensiven Auftreten in der Öffentlichkeit Eindruck schinden wollen, wirken die Neonazi-Bruderschaften eher im Stillen und nach innen. Verfassungsschützer sehen das als einen Grund, Vereinsverbote unterlaufen zu wollen, von denen zahlreiche Kameradschaft in der Vergangenheit betroffen waren. Andere Experten meinen, dass das strenge interne Reglement der Festigung der Gruppe dienen kann und die Gruppe schützt. Nicht jeder kann beliebig dazustoßen. Das hohe Maß an Verbindlichkeit fördert möglicherweise auch die Elitebildung. Das könnte sowohl eine ideologische Elite als auch eine militärische kämpferische Elite sein.

Peter Huth

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