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US-Panzer werden in Bremerhaven (Bremen) vom dem Transportschiff ·Resolve· entladen.

© Ingo Wagner/dpa

US-Truppenverlegung durch Brandenburg: „Die Befindlichkeiten in Polen“

Brandenburgs Linkspartei protestiert gegen US-Militär für Polen. Und Regierungschef Woidke fordert vor allem stärkeren Dialog mit Russland. Und was ist mit der Sicherheit der verbündeten Nachbarn?

Potsdam/Brück - Brandenburgs rot-rote Landesregierung löst mit ihrer Haltung zur US-Militäroperation zur Unterstützung Polens und anderer osteuropäischer Staaten Irritationen aus. Die Linke, in Brandenburg immerhin in der Regierung, will einen Gegenprotest zur US-Truppenverlegung nach Polen und Osteuropa abhalten – direkt am Eingang zum Truppenübungsplatz Lehnin (Potsdam-Mittelmark), wenn dort am Montagabend etwa 65 Fahrzeuge des US-Militärs ankommen, aber keine Panzer. Von Montagabend bis Dienstagvormittag rastet der Konvoi auf dem Weg nach Polen auf dem Übungsplatz.

Vertreter der Linke-Parteiführung aus Bund und Land werden zu der Demonstration kommen. Angekündigt sind bislang die Vize-Parteichefin der Brandenburger Linken, Kirsten Tackmann, und der Bundesparteivize Tobias Pflüger. Eine Parteisprecherin schloss nicht aus, dass auch Landesparteichef Christian Görke, der Vize-Ministerpräsident ist, an dem Protest teilnimmt. Tenor seiner Äußerungen und auch der von Regierungschef Dietmar Woidke (SPD): Besser als ein Aufrüsten im Osten sei der Dialog mit Russland.

Der Großteil der 2500 US-Militärfahrzeuge, darunter Panzer, wird über den Schienenweg transportiert, 4000 Soldaten per Flugzeug direkt nach Polen. Es handelt sich um eine bilateral mit Polen vereinbarte US-Operation – zusätzlich zu Unterstützung der Nato mit insgesamt 4000 Soldaten in Polen, Litauen, Lettland und Estland. Beides ist eine Reaktion auf die Aggressionen Russlands auf der Krim und in der Ostukraine. 

Woidkes Fokus auf das Verhältnis zu Russland

Woidke hatte dem rbb bei einer Veranstaltung in Cottbus knapp erklärt, es sei besser, im Gespräch zu bleiben, als wenn Panzer auf beiden Seiten der Grenzen auf und ab fahren. „Ich hoffe, dass alle Ruhe bewahren.“ Zu Polen hatte sich Woidke nicht geäußert, er wurde aber auch nicht gefragt, hieß es aus der Staatskanzlei. Aber der Ministerpräsident ist auch Polen-Beauftragter der Bundesregierung.

Am Freitag nun erklärte Woidke auf PNN-Anfrage, wie er die ernsthaften Sorgen Polens und der baltischen Staaten um die eigene Sicherheit angesichts der Aggressionen Russlands auf der Krim, in der Ost-Ukraine sowie massiver Truppen an der russischen Westgrenze bewertet. Woidke könne die Sorgen verstehen, hieß es aus der Staatskanzlei.

Wörtlich sagte Woidke am Freitag den PNN: Als Koordinator für die deutsch-polnische Zusammenarbeit der Bundesregierung kenne er „die Befindlichkeiten in Polen“ ganz genau. „Russland hat in den vergangenen Jahren leider so gehandelt, wie zum Beispiel auf der Krim, dass sich unsere östlichen Nachbarn stärker bedroht fühlen.“ Woidke sagte aber auch: „Nicht die Eskalation kann das Ziel sein, sondern nur ein stärkerer Dialog mit Russland kann eine Lösung der internationalen Probleme und Konflikte bringen.“ Dazu zähle ein Wirtschaftsdialog am 24. Januar in Potsdam.

Linke kritisiert Abgrenzung und Sanktionen gegen Russland

Auch von der Linken war bislang nicht zu erleben, dass deren Genossen gegen die Annexion der Krim und die militärischen Aggressionen in der Ost-Ukraine demonstrieren – ganz im Gegenteil. Aber die Linken zeigen sich nun tief besorgt, da die USA auf Wunsch Polens 4000 Soldaten mit Panzern – zusätzlich zum Nato-Kontingent von 4000 Soldaten – nach Osten verlegen. Görke sagte dem Sender Radioeins, die Truppenverlegung sei ein Aufrüsten und Säbelrasseln, das nicht dazu führe, „dass wir in Europa vorankommen“. Die Linke kritisiere die Aktionen Russlands auf der Krim, in der Ukraine und auch in Syrien. Die Nato habe Polen und den baltischen Staaten bereits Garantien gegeben, die zusätzlichen Truppen der USA trügen nicht zur Entspannung bei, sondern führten zu verhärteten Fronten und Eskalation. Die Landesregierung setze auf Entspannungspolitik, Dialog und wirtschaftliche Kontakte. Die bisherigen Signale – Abgrenzung und Sanktionen – seien schlechte.

CDU und Potsdamer Historiker halten Woidke-Statement für problematisch 

Die CDU in Brandenburg zeigte sich irritiert. Die Unterstützung durch die USA finde auf ausdrücklichen Wunsch Polens statt, erklärte Landtagsfraktionschef Ingo Senftleben. Polen habe „damit direkt auf die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland reagiert“. Es sei daher „befremdlich, dass ausgerechnet der Polen-Beauftragte der Bundesregierung Gespräche mit russischen Geschäftsleuten für wichtiger hält als das Sicherheitsbedürfnis unseres Nachbarlandes“.

Auch der Historiker Manfred Görtemaker kritisierte Woidkes Äußerungen. Der MAZ sagte der Wissenschafter von der Universität Potsdam: "Mit Pazifismus und Moralin ist uns nicht gedient." Putin sei ein kühl kalkulierender Machtmensch, für dessen Strategie man Verständnis haben könne, der man aber mit einer ebenso kühl kalkulierten Strategie begegnen müsse. "Wir brauchen eine realistische Politik, um mit Putin und seiner russischen Interessenpolitik umgehen zu können. Nur auf eine solche Politik wird er angemessen reagieren", sagte Görtemaker. Für die Basis der SPD und der Linkspartei in Brandenburg sei das US-Militär sicherlich ein rotes Tuch. Die Brandenburger müssten aber die Gesetzmäßigkeiten internationaler Machtpolitik anzuerkennen. Diese seien nicht allein mit moralischen Maßstäben zu messen. 

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