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Der Holocaustüberlebende Shlomo Wolkowicz am Dienstag (01.05.12) in Herzlia in Israel mit dem Verdienstorden des Landes Brandenburg. Wolkowicz überlebte nur durch einen Zufall in Lwiw (Lemberg) Erschiessungen durch die SS. Wolkowicz hat zahlreiche Zeitzeugengespräche an Brandenburger Schulen durchgeführt. Dafür wurde er nun geehrt.

© Klaus-Dietmar Gabbert/dapd

Brandenburg: Ungeteilte Aufmerksamkeit für Shlomo Wolkowicz

Der Holocaust-Überlebende erzählt Schülern sein Schicksal - Auszeichnung mit dem Landesorden

Von Katharina Wiechers

Herzliya - Wenn der Holocaust-Überlebende Shlomo Wolkowicz die Geschichte erzählt, wie er im Sommer 1941 ein Massaker der SS im ukrainischen Zloczow überlebt hat, ist es meist mucksmäuschenstill. „Die Schüler kleben an ihren Stühlen“, sagt der 88-Jährige. Seit einigen Jahren reist er mehrmals jährlich nach Deutschland, um an den Schulen seine Erlebnisse unter dem NS-Regime zu erzählen. Auch in Brandenburg war er mehrmals. Am Dienstag wurde er dafür in Israel von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) mit dem Landesorden ausgezeichnet. Wolkowicz mit 17 Jahren auf seiner Flucht vor den Deutschen in Zloczow untergekommen. Ein Massaker der SS überlebte er nur, weil er sich tot stellte und unter den Leichen anderer versteckt blieb. Später wurde er von ukrainischen Polizisten inhaftiert und säbelte mit seinem kleinen Taschenmesser stundenlang ein Loch in die Holztür, bis er fliehen konnte. „Bei diesen Geschichten haben manche Schüler Tränen in den Augen“, sagt Wolkowicz. Daran, dass die Schüler vielleicht die Enkel oder Urenkel seiner Peiniger seien könnten, denkt er nicht. „Ich habe 50 Jahre lang kein Wort über den Holocaust verloren“, sagt der kleine, rüstige Mann. Das habe ihm geholfen, sich von den schrecklichen Erlebnissen zu distanzieren. Erst als seine Familie ihn bat, seine Geschichte aufzuschreiben, setzte er sich damit auseinander. „Ich fing an zu schreiben und dachte, es werden vielleicht 20 Seiten“, erinnert er sich. Doch dann wurden es immer mehr und letztendlich ein Buch: „Das Grab bei Zloczow. Geschichte meines Überlebens.“ Die Schilderungen in dem Buch seien „schlicht unvorstellbar und deshalb umso eindrucksvoller“, sagte Platzeck bei der Ordensverleihung in Herzliya. Er könne nur ahnen wir schwer es sei, über diese Erlebnisse zu sprechen. Den Schülern helfe die Begegnung mit den Zeitzeugen, einen Zugang zur Geschichte zu finden, sagte der Ministerpräsident. Mit Wolkowicz erhielt auch die fast 80-jährige Sara Atzmon den Landesorden. Sie überlebte mehrere Konzentrationslager und spricht seit etwa 20 Jahren über ihre schrecklichen Erfahrungen - auch an Brandenburger Schulen. Sie empfinde es als Pflicht, der Jugend zu erzählen, wohin Hass und Aufhetzung führen könnten und wie tief die menschliche Würde sinken könne, sagt sie. An der Verleihung in Herzliya nahmen auch Schüler aus Potsdam teil. Sie machen einen Austausch mit der Harishonim-Schule und wohnen seit ein paar Tagen bei israelischen Familien. Die Nazi-Zeit spiele in den Gesprächen mit den Gleichaltrigen eigentlich kaum eine Rolle, erzählt Schülerin Nele. Aber gerade Menschen wie Shlomo Wolkowicz machten es ihr wieder schmerzlich bewusst: „Das ist meine Geschichte, mein Land.“ (dapd)

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