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Unfall am Schönefelder Kreuz: Verteidigung zweifelt an Fahrfehler als Auslöser für Busunglück

Eine 38-Jährige soll den schweren Unfall auf dem Schönefelder Kreuz verursacht haben, bei dem im September 2010 14 Menschen starben. Doch auch andere Autofahrer sind dort schon ins Schleudern geraten.

Von Sandra Dassler

Potsdam/Schönefeld - Am zweiten Verhandlungstag im Prozess um das Busunglück am Schönefelder Kreuz vor dem Potsdamer Landgericht hat der Verteidiger bezweifelt, dass seine Mandantin den Unfall durch einen Fahrfehler ausgelöst hat. An derselben Stelle habe es in den vergangenen Jahren mehrere ähnliche Unfälle gegeben, sagte Carsten R. Hoenig am Dienstag. Diese hätten zum Glück nicht solche dramatischen Folgen gehabt wie das Busunglück am 26. September 2010, bei dem 14 Menschen getötet und 37 zum Teil schwer verletzt worden waren. Gleichwohl müsse überprüft werden, inwiefern äußere Umstände wie die Beschaffenheit der Fahrbahn oder die Anordnung der Stützpfeiler den Unfall begünstigt hätten.

Wie berichtet ist die 38-jährige Berlinerin wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Sie soll nach Auffassung der Staatsanwaltschaft am Schönefelder Kreuz aus Berlin kommend in der Auffahrtkurve zur A10 in Richtung Frankfurt zu stark beschleunigt und die Kontrolle über das Fahrzeug verloren haben, das daraufhin unkontrolliert über die Autobahn schleuderte und einen polnischen Reisebus touchierte.

Der Busfahrer wollte ausweichen und prallte dabei gegen einen Brückenpfeiler. Er hatte diesen Hergang des Unfalls, wie berichtet, zum Prozessauftakt am Freitag als Zeuge geschildert. Selbst die beiden Beifahrer der Angeklagten hatten berichtet, dass diese zu stark beschleunigt habe. Das Heck des Mercedes sei ausgebrochen, die Fahrerin habe gegenzulenken versucht und sei dadurch ins Schleudern geraten.

Auch der am Dienstag als Zeuge geladene polnische Reiseveranstalter, der mit im Unglücksbus gesessen hatte, beschuldigte die Angeklagte, den Unfall durch überhöhte Geschwindigkeit ausgelöst zu haben. Die 38-jährige Verwaltungsangestellte der Berliner Polizei kann sich nach eigenen Aussagen selbst nicht mehr an den Unfall erinnern. Sie sei stark traumatisiert, hatte sie erklärt und geschildert, dass sie seit dem Unfall in psychiatrischer Behandlung sei und oft „Leichenbilder“ vor sich sehe. Nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus habe sie auch an Suizid gedacht.

Ihr Anwalt erklärte nun vor Gericht, dass es am 23. Dezember 2011 wie auch am 1. Januar 2012 an derselben Stelle zu gleichartigen Unfällen gekommen sei, bei denen Personenwagen zusammenstießen. Dieser Zeitung sagte Hoenig: „Es gab noch mehr Unfälle an dieser Stelle und wahrscheinlich noch viel mehr gefährliche Situationen, von denen wir nichts wissen. Es wird sich ja niemand, dessen Auto folgenlos ins Schleudern geraten ist, bei der Polizei melden.“

Zwei Zeugen bestätigten gestern Hoenigs Aussagen. Sie hatten sich unmittelbar nach dem Busunglück bei der Polizei gemeldet, weil sie die Auffahrt als gefährlich empfanden. Ein langjähriger Lkw-Fahrer hatte kurz vor dem Unfall sogar die Polizei gewarnt, dass an dieser Stelle etwas Schlimmeres passieren könne. Sandra Dassler (mit dapd)

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