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Jüterbogs Bürgermeister Arne Raue (parteilos).

© promo

Umstrittener Rathauschef in Jüterbog: Jüterbogs Bürgermeister Raue verletzt Presserecht

Arne Raue fällt nicht zum ersten Mal negativ auf. Nun verweigert er der MAZ sogar Auskünfte. Ein klarer Verstoß gegen das Pressegesetz. Die Landespressekonferenz protestiert. Doch Raue setzte am Abend noch einen drauf.

Potsdam/Jüterbog - Es ist nicht das erste Mal, dass Arne Raue (parteilos) daneben liegt. Nun aber hat der Bürgermeister der 12 000-Einwohner-Stadt Jüterbog (Teltow-Fläming), die 2017 landesweit im Mittelpunkt der Feierlichkeiten des Lutherjahrs steht, deutlich eine rote Linie überschritten. In einer Erklärung lehnt Raue eine Zusammenarbeit mit der Brandenburger Tageszeitung „Märkische Allgemeine“ (MAZ), insbesondere mit der Lokalausgabe, ab. Neben dem Vorwurf, das Blatt würde reißerische Berichterstattung betreiben und Falschmeldungen verbreiten, erklärte Raue: „Stattdessen komme ich meiner Informationspflicht gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern über andere Printmedien, die kostenfrei jeden Haushalt erreichen, über die Stadtverordnetenversammlungen, über Facebook, das Amtsblatt und auch die gut gepflegte Stadthomepage nach.“

Dabei dürfte dem Bürgermeister ein Blick in das Brandenburgische Pressegesetz helfen. Dort ist in Paragraph fünf der „Informationsanspruch der Presse“ klar geregelt. Demnach sind Behörden – und damit auch Raue als Chef der Stadtverwaltung in Jüterbog und hauptamtlicher Wahlbeamter – verpflichtet, der Presse Auskunft zu erteilen. Anordnungen, die Auskünfte an die Presse verbieten, sind unzulässig.

Landespressekonferenz und MAZ protestieren

Doch das scheint Raue nicht zu interessieren. Die Landespressekonferenz Brandenburg, in der die landespolitischen Korrespondenten zusammengeschlossen sind, protestierte am Mittwoch scharf gegen Raues Äußerungen. Der Vorsitzende der Landespressekonferenz, Benjamin Lassiwe, sagte: „Wenn auf der offiziellen Seite der Stadt Jüterbog der größten Brandenburger Tageszeitung die journalistische Unabhängigkeit und Überparteilichkeit abgesprochen wird, ist das starker Tobak." Und: „Unabhängig davon, ob Arne Raue die Ergebnisse einer Recherche gefallen oder nicht: Der Bürgermeister von Jüterbog ist verpflichtet, die örtlichen Kollegen der MAZ genau wie jedes andere Medium zu beliefern.“ Das Pressegesetz regele klar, dass kein Verwaltungsmitarbeiter ein Medium gegenüber einem anderen bevorzugen darf.

Henry Lohmar, stellvertretender Chefredakteur der MAZ, sagte den PNN, seit Monaten sei das Verhältnis zu Raue schwierig. Der Bürgermeister blocke selbst einfachste Anfragen zu Statistiken des Rathauses ab. Den Mitarbeitern des Rathauses habe Raue einen Maulkorb erteilt. „Das alles erschwert die Arbeit unserer Kollegen extrem“, sagte Lohmar. Mit der neuen Erklärung des Bürgermeisters habe dies aber eine neue Stufe erreicht. „Dass Herr Raue der MAZ keine Auskunft gibt, aber anderen Medien schon, das können wir nicht akzeptieren“, sagte Lohmar. Zudem halte die MAZ auch nach erneuter Prüfung an der Darstellung in den von Raue kritisierten Berichten fest.

Die MAZ ist für Raue keine freie Presse

Am Mittwochabend legte Raue in der Stadtverordnetenversammlung nach. „Ich informiere die MAZ nicht mehr und das schon seit vier, fünf Monaten nicht mehr“. Und: „Ich verweise auf Paragraph eins, Absatz eins des Landespressegesetz. Und die MAZ ist für mich keine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse“. Vielmehr gehöre die MAZ der SPD. Das trifft so nicht zu. Tatsächlich gehört die MAZ zur aber nur 23,1 Prozent hält. Auch das Pressegesetz zitierte Raue unvollständig. Die Passage lautet komplett: "Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen und demokratischen Staates."

Raue hat ein Problem mit Flüchtlingen und mit der Presse

Raue hatte bereits im Herbst 2015 Empörung ausgelöst, als er bewusst Panik vor ansteckend kranken Flüchtlingen schürte. Später kam heraus: Es war alles nur ausgedacht. Raue hatte den PNN damals gesagt, er könne gut damit leben, als Rassist beschimpft zu werden. Nach dem Brandanschlag auf eine Asylunterkunft für jugendliche Flüchtlinge ein Jahr später warnte Raue davor, Vermutungen zu den Tätern anzustellen, ob es etwa Rechtsextreme seien. Inzwischen sitzt ein verdächtiger Neonazi in Untersuchungshaft. Für den Anschlag auf die „sogenannten unbegleiteten minderjährigen Neuankömmlinge“ machte er die „völlig katastrophale Flüchtlingspolitik der Bundesregierung“ verantwortlich.

Dass er mit der Presse Probleme hat, zeigte er im Oktober 2016. Das ZDF besuchte ihn, es ging um das Reformationsjahr. Die Reporterin kam auf die Nächstenliebe zu sprechen und die Flüchtlinge. Raue lehnte ab, sagte, er fühle sich „beschallt“ vom Flüchtlingsthema. Nach mehrfachen Nachfragen auch zum Anschlag auf den kirchlichen Flüchtlingstreff Ende November 2015 und der Kritik an Raues Ausfällen gegen Flüchtlinge brach Raue das Interview ab.  

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