zum Hauptinhalt
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte sich gegen Koalitionsverhandlungen mit der CDU ausgesprochen.

© dpa

Umstrittene Kreisreform der Brandenburger Landesregierung: Reagierung

Die SPD-Fraktion stimmt auf einer Klausurtagung zur Probe über die Kreisreform ab. Überraschend enthalten sich drei Abgeordnete. Wie Ministerpräsident Dietmar Woidke darauf reagierte - und was jetzt zu erwarten ist.

Neuhardenberg - Es geht um alles, besonders bei den Sozialdemokraten liegen die Nerven offenbar blank. Mit einer Neuwahl-Drohung hat Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) Abweichler in seiner Landtagsfraktion auf Linie gebracht, um ein Scheitern seiner umstrittenen Kreisgebietsreform und damit der rot-roten Koalition abzuwenden. SPD und Linke haben im Landtag nur eine knappe Mehrheit von sechs Stimmen. In der dreitägigen Landtagssitzung ab 15. November soll dort die entscheidende Abstimmung über die beiden Gesetze zur Kreis- und Funktionalreform sein, der Showdown im Drama um diese Reform, bei dem es auch um das politische Schicksal Woidkes geht.

Drei Abgeordnete enthalten sich - die Fraktionsspitze wird kalt überrascht

Doch auf der Klausur der SPD-Landtagsfraktion, die sich seit Donnerstag ins Schloss Neuhardenberg zurückgezogen hatte, haben sich bei einer Probeabstimmung plötzlich gleich drei SPD-Abgeordnete enthalten, dem Projekt die Zustimmung verweigert. Zunächst. Und das hat offenbar die Fraktionsspitze – symptomatisch für den aktuellen Zustand der Fraktion – kalt überrascht, die vorher nur eine Enthaltung der Cottbuser Abgeordneten Kerstin Kircheis erwartet hatte. Doch nun scherten auch Wolfgang Roick und Britta Müller aus. Daraufhin warnte Woidke seine Genossen eindringlich, dass eine Abstimmungsniederlage „Konsequenzen“ hätte, womöglich gar Neuwahlen die Folge wären, was auch als Rücktrittsdrohung verstanden wurde. Es wurde hart und auch emotional. Müller und Roick lenkten daraufhin ein, versicherten in persönlichen Erklärungen, dass sie für die Reform stimmen werden.

Woidke versichert, er habe nicht mit Rücktritt gedroht

Am Freitag, dem Tag danach, als die Wogen hochschlugen, bemühte sich die SPD-Spitze um Schadensbegrenzung. Und alle dementierten, dass der Regierungschef, wie auch vermeldet worden war, mit Rücktritt gedroht habe.

„Ich habe nicht mit Rücktritt gedroht. Ich habe das Wort nicht in den Mund genommen“, sagte Woidke den PNN. „Ich habe gesagt: Es ist doch klar, dass das zentrale Vorhaben der Regierung, über sieben Jahre vorbereitet, eine eigene Mehrheit im Landtag braucht. Sonst gäbe es es ein massives Problem“. Das sei auch „keine Drohung, sondern eine Feststellung“. So funktioniere nun einmal Politik. „Zu glauben, dass eine Abstimmungsniederlage keine Konsequenzen hätte, dass man einfach so weiter machen könnte, wäre wohl auch naiv.“ Woidke räumte ein, dass die Stimmung auch in der eigenen Partei schwierig ist. Erst Recht nach der Bundestagswahl, wo die SPD in Brandenburg auf Platz drei noch hinter der AfD abgestürzt war. Viele Kreistage haben sich mit den Stimmen von SPD und Linken gegen die Reform positioniert, auch Gliederungen wie die Cottbuser CDU. „Es ist keine leichte Situation“, sagte Woidke.  Nach seinen Worten wäre es dennoch ein Fehler, das Projekt abzublasen, wie es CDU-Oppositionsführer Ingo Senftleben am Montag erneut gefordert und einen „Kommunalkonvent“ von Regierung, Parlament und Kommunen vorgeschlagen hatte. „Ich bin gesprächsbereit“, sagte er. „Aber über diese Reform ist nicht zu wenig geredet, sondern eher zu lange diskutiert worden.“ Nun sei die Zeit reif für Entscheidungen. Er gehe davon aus, dass dafür die „Mehrheit steht“. Die SPD gehe mit 29 Ja-Stimmen und einer angezeigten Enthaltung in die Abstimmung, sagte Fraktionschef Mike Bischoff. Mussten dafür Abweichler diszipliniert werden? Es sei das Ergebnis einer gemeinsamen Diskussion. „Wir hätten viele Möglichkeiten gehabt, das Projekt abzubrechen, etwa die Flüchtlingskrise oder die Volksinitiative“, sagte er. „Aber wir sind davon überzeugt, dass die Verwaltung in Brandenburg auch künftig noch bürgernah und leistungsfähig sein muss.“ Roick, der die Enquete-Kommission im Landtag für die Zukunft des ländlichen Raums leitet, wollte sich auf Anfrage zu seiner wechselnden Positionierung in der Fraktion nicht äußern.

42 Stimmen von Rot-Rot würden für die Reform reichen

Die Koalition aus SPD (30) und Linken (17) hat im Brandenburger Landtag 47 Abgeordnete, die Opposition 41 Sitze. Bei den Linken wird bislang mit einer Enthaltung – der des Frankfurter Abgeordneten und dortigem Oberbürgermeisterkandidaten René Wilke – gerechnet. Für die Verabschiedung von Gesetzen ist eine einfache Mehrheit nötig, würden also 42 Ja-Stimmen von Rot-Rot reichen.

Nach der Reform soll es künftig statt 14 noch elf Landkreise geben und Potsdam einzige kreisfreie Stadt sein. Die bisher kreisfreien Städte Brandenburg, Frankfurt und Cottbus sollen mit den Umlandkreisen fusionieren,

Die Drohungen Woidkes, um dafür die Mehrheiten zu sichern, „zeigen die Ausweglosigkeit der Regierung“, reagierte CDU-Oppositionsführer Ingo Senftleben. Die Reform werde nur noch durch Angst vor Machtverlust getragen. „Die SPD schafft es augenscheinlich nicht einmal mehr, ihre eigenen Leute mit Argumenten zu überzeugen.“ Die Reform werde spätestens beim Volksentscheid gestoppt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false