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Brandenburg: Tücke der Freundschaft

Seit Dezember verbindet eine Holzbrücke Guben und Gubin. Jetzt fordern polnische Ämter den Abriss: Der Steg sei ein Schwarzbau

Von Matthias Matern

Guben/Gubin - Eigentlich soll sie ein Zeichen der Freundschaft sein, verbinden und nicht spalten. Doch es ist Streit entbrannt über die neue Fußgängerbrücke zwischen Guben (Landkreis Spree- Neiße) und der polnischen Schwesterstadt Gubin direkt am anderen Ufer der Neiße. Erst im vergangenen Dezember zum Beitritt Polens zur Schengen-Zone wurde die Brücke eröffnet. Offizielle beider Seiten feierten die deutsch-polnische Freundschaft, Gubins Bürgermeister Bartlomiej Bartczak nannte die Brücke ein „Symbol der guten Zusammenarbeit“. Nun aber behauptet die zuständige polnische Kreisverwaltung, für die Brücke habe nie eine Baugenehmigung vorgelegen. Deshalb sei sie von der Stadt Guben „illegal“ errichtet worden, müsse somit entweder abgerissen werden, oder Guben müsse eine Geldstrafe in Höhe von 75 000 Euro zahlen.

Bartczak unterstützt diese Forderung. Bereits während der Bauphase habe er die deutsche Seite mehrfach darauf hingewiesen, dass eine entsprechende Erlaubnis fehle. „Es ist aber vor allem die Bauaufsicht der Kreisverwaltung in Krosno, die die Vorwürfe erhebt“, sagt Bartczak. Auch ein jüngst erarbeitetes Gutachten des polnischen Infrastrukturministeriums in Warschau komme zu dem Schluss, bei der Fußgängerbrücke handele es sich um einen „Schwarzbau“.

Bartczak selbst beteuert: „Wir wollen diese Brücke.“ Schließlich werde der Übergang auch von Gubiner Bürgern rege genutzt. Interessant ist die rund 30 Meter lange Holzbogenbrücke vor allem für erholungssuchende Spaziergänger. Sie verbindet das zum Park umgestaltete Areal einer ehemaligen Tuchfabrik auf deutscher Seite mit der sogenannten Theaterinsel auf polnischem Gebiet. Dort stand vor dem Krieg das alte Stadttheater Gubens. Heute finden sich dort nur noch die Grundmauern, eingebettet in eine Grünanlage. Der Bau der Brücke wurde von der Europäischen Union gefördert und kostete rund 655 000 Euro.

Gubens Bürgermeister Klaus-Dieter Hübner (FDP) ist über die Haltung des Nachbarn verwundert. „Die Brücke als Schwarzbau zu bezeichnen, ist nicht richtig“, sagt er. Schon lange, bevor die Bauarbeiten begannen, habe es Absprachen und Treffen zwischen den Behörden beider Seiten gegeben, Anträge und Unterlagen seien hin und her gegangen. In einer Vereinbarung vom Oktober 2004 mit Bartczaks Vorgänger, Lech Kiertyczak, seien die Zuständigkeiten festgeschrieben worden: Die Bauausführung übernehme die Stadt Guben, sämtliche Unterlagen, die für die Baugenehmigung notwendig sind, würden aber von Gubin bereitgestellt. Es sei belegt, dass sowohl die Stadt Gubin als auch die Behörden in Krosno und Warschau die Unterlagen sogar mehrfach erhalten haben.

Bartczak dagegen versichert, die Stadt Gubin habe nie eine Aufforderung erhalten, eine Baugenehmigung für die Brücke zu beantragen. Vielmehr habe der Gubener Bürgermeister Hübner aus Zeitgründen nie eine polnische Baugenehmigung gewollt. Zudem sei die alte Vereinbarung sowieso hinfällig geworden, da letztlich eine ganz andere Brücke gebaut worden sei als ursprünglich geplant. Während der Bauphase habe die deutsche Seite ohne Rücksprache den Standort um „einige hundert Meter“ verlegt. „Das war arrogant“, tadelt der Gubiner Bürgermeister.

Entspannung im Brückenstreit könnte jedoch eine Überarbeitung des deutsch-polnischen Regierungsabkommens zum Erhalt von Grenzbrücken aus dem Jahr 2000 bringen. Nach Informationen der Gubener Stadtverwaltung plane die dafür zuständige gemischte Kommission, die Fußgängerbrücke in den Vertrag mit aufzunehmen. Dennoch, meint Bartlomiej Bartczak, müssten die 75 000 Euro Strafe bezahlt werden. Und sollte die Bauaufsicht der Kreisverwaltung anordnen, die Brücke auf polnischer Seite zu sperren, wenn das Geld nicht bezahlt wird, müsse er dem Folge leisten. „Ich hoffe aber, dass es nicht so weit kommt. Dann würde die ganze Welt über uns lachen.“ Matthias Matern

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