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Brandenburg: Trickserei bis zum letzten Arzneitransport Ergebnis der gestoppten Lunapharm-Lieferung

Potsdam - Der unter Hehlereiverdacht stehende Medikamentenhändler Lunapharm im brandenburgischen Mahlow hat offenbar bis zuletzt getrickst. Das hat die Prüfung des letzten, von den Behörden vor fast zwei Wochen gestoppten Medikamententransports ergeben.

Potsdam - Der unter Hehlereiverdacht stehende Medikamentenhändler Lunapharm im brandenburgischen Mahlow hat offenbar bis zuletzt getrickst. Das hat die Prüfung des letzten, von den Behörden vor fast zwei Wochen gestoppten Medikamententransports ergeben. Am 20. Juli hatte das Landesgesundheitsamt dem Unternehmen die Betriebserlaubnis entzogen. Bei der Inspektion fiel auf, dass wenige Stunden zuvor ein Transport der Firma in Richtung Bayern gestartet war. Nun hat das Gesundheitsministerium auf PNN-Anfrage das vorläufige Ergebnis der überprüften Ware vorgelegt.

„Die Aufsichtsbehörden aus Bayern haben erhebliche Abweichungen zwischen dem Lieferschein und der tatsächlich transportierten Ware festgestellt“, sagte eine Ministeriumssprecherin. Dies sei „ein weiterer Beleg dafür, dass die Zuverlässigkeit der Geschäftsführung“ von Lunapharm „nicht gegeben zu sein scheint“. Ob das Unternehmen bei diesem Transport illegal Medikamente gehandelt hat, ob es sich um gestohlene Hehlerware aus Griechenland handelt, könne derzeit „nicht sicher beantwortet werden“, sagte die Sprecherin. Gefunden worden seien verschiedene Präparate, die aus verschiedenen EU-Ländern, aber auch aus Griechenland stammen. Es lägen „keine Erkenntnisse vor“, ob die gefundenen Mittel wirksam sind. In einer früheren Antwort erklärte das Ministerium, es handle sich zum Teil um Krebsmedikamente, reimportiert und von Lunapharm umverpackt. Bezogen wurden sie zum Teil aus Litauen.

Brandenburgs Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) steht wegen ihres Zögerns nach Bekanntwerden des Pharmaskandals unter Druck. Die ARD hatte den seit 2013 laufenden illegalen Handel mit aus griechischen Krankenhäusern gestohlenen Krebsmedikamenten vor drei Wochen aufgedeckt. Seit Ende Juni war das Ministerium durch eine ARD-Anfrage vom Ausmaß des Falls informiert. Nach ersten Dementis musste Golze eine Woche nach dem Bericht schwere Versäumnisse im Landesgesundheitsamt einräumen und startete einen Rückruf der meist bereits verbrauchten Mittel. Tage später wurde die Betriebserlaubnis entzogen.

Die Behörden befürchten, dass die Mittel für die Chemotherapie wegen fehlender Kühlung unwirksam sein könnten. Trotz Hinweisen von den Behörden in Polen, Griechenland und seit Frühjahr 2017 laufender Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Potsdam waren Brandenburgs Arzneimittelaufseher nicht eingeschritten. Lunapharm lieferte die Mittel in elf Bundesländer. Die Ministeriumsspitze war von der Gesundheitsbehörde auch nicht informiert worden, die Opposition warf Golze deshalb Kontrollverlust vor.

Am Dienstag rückte auch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) von Golze ab und stellte sich nicht mehr uneingeschränkt hinter sie. Er widerrief seine Aussagen vom Montag, dass beschlagnahmte Rückstellproben Aufschluss über die Wirksamkeit geben könnten. Golze konnte im Kabinett keine neuen Erkenntnisse liefern. Weiteres Problem für Golze: Ihre Verteidigungslinie beruhte darauf, dass bei der chronisch unterbesetzten Arzneimittelaufsicht Korruption herrsche. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin prüft die Anzeige wegen Bestechlichkeit gegen zwei Mitarbeiter. Nach PNN-Informationen wird intern damit gerechnet, dass sich der Verdacht nicht erhärten lässt. Für Golzes politische Zukunft könnte das entscheidend sein. Alexander Fröhlich

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