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Akteneinsicht? Beim Thema Transparenz hinkt das Land Brandenburg um Jahre hinterher.

© dpa

Transparenz in Brandenburg: „15 Jahre Stillstand“

Die Landesdatenschützerin Hartge kritisiert die mangelnde Informationsfreiheit in Brandenburg. Sie fordert: Eine geplante Gesetzesnovelle müsste die Ausnahmen beim Recht auf Akteneinsich auf ein notwendiges Minimum reduzieren und auf pauschale Ausnahmen gänzlich verzichten.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Die Wortwahl von Brandenburgs Landesdatenschützerin Dagmar Hartge könnte deutlicher kaum sein: „Es ist Zeit, die vielen Ausnahmen von der Akteneinsicht endlich auf das notwendige Maß zu beschränken. Brandenburg braucht nach 15 Jahren Stillstand endlich mehr Transparenz.“ Anlass für Hartges Appell ist die anstehende Novellierung des Akteneinsichts- und Informationsgesetzes. Am Donnerstag ist dazu eine Anhörung im Landtag geplant, zu der auch Hartge geladen ist. Aus ihrer schon vorab veröffentlichten Stellungnahme geht hervor, wie sehr ihrer Meinung nach der Datenschutz und die Informationsfreiheit in Brandenburg im Argen liegen.

Das bisherige Gesetz rangiere im Vergleich zu den entsprechenden Regelungen des Bundes und der anderen Länder auf dem letzten Rang, heißt es dort. Und auch die von der rot-roten Landesregierung vorgeschlagene Novellierung ist aus Sicht der Datenschützerin nicht ausreichend. Vor allem die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen für den Informationszugang müssten so weit wie möglich vereinheitlicht werden. „Der Gesetzentwurf der Landesregierung enthält nicht einmal den Ansatz einer Lösung des dargestellten und in der Praxis täglich auftretenden Problems der Rechtszersplitterung“.

Das aktuell gültige Gesetz stammt von 1998 und wurde seither nur gering modifiziert. Während Brandenburg vor 15 Jahren Vorreiter in Sachen Transparenz war, ist seitdem kaum noch etwas passiert. Nun soll das Gesetz novelliert werden; im Dezember war es in ersterLesung im Landtag. Dort wurde die Überweisung in den Innenausschuss beschlossen.

Hartge kritisiert auch, dass die sogenannten öffentlichen Interessen über Gebühr und teils sogar mehrfach geschützt würden. Der Informationszugang werde durch eine Reihe von Ausnahmetatbeständen verhindert, die dringend reduziert werden müssten. „Der Vorschlag der Landesregierung hält nicht nur an bestimmten Ausnahmen fest, die sich in der Praxis als völlig überzogen erwiesen haben, er verstärkt diese Ausnahmen noch und sorgt damit an verschiedenen Stellen sogar noch für weniger Informationsfreiheit als vorher.“ Eine Novellierung müsste die Ausnahmen auf ein notwendiges Minimum reduzieren und auf pauschale Ausnahmen gänzlich verzichten.

Positiv bewertet die Datenschützerin hingegen die geplanten Änderungen bei der Einsicht in Unternehmensdaten. Diese seien in Brandenburg bislang so restriktiv geregelt wie sonst nirgends. „In der Praxis bleiben somit beispielsweise Verträge zwischen der öffentlichen Hand und privatrechtlich organisierten Unternehmen zumeist geheim“, bemängelt Hartge. Nicht nur Betriebs- und Unternehmensgeheimnisse würden geschützt, sondern jegliche Daten mit Bezug zum Unternehmen, die nicht allgemein bekannt seien. Diese restriktive Regel will auch die Landesregierung ändern, allerdings soll das Unternehmen im Fall einer Einsichtnahme angehört werden. Dies hält Hartge für unangemessen, unter anderem weil dadurch der Arbeitsaufwand für die Verwaltung sehr hoch wäre.

Letztlich empfiehlt Hartge in ihrer Stellungnahme, statt den Gesetzentwurf der Landesregierung den deutlich weitergehenden Entwurf der Grünen für die Novelle zur Grundlage zu nehmen. Schließlich verharre der Regierungsentwurf „auf einem niedrigen Niveau des Informationszugangsrechts.“

Neben den Grünen sind auch FDP und CDU der Meinung, dass die von der Landesregierung vorgeschlagene Novelle nicht weit genug geht. Der Vorschlag sei zu vorsichtig, sagte Innenexperte Hans-Peter Goetz. Aus Sicht des stellvertretenden Vorsitzenden des Innenausschusses, Henryk Wichmann (CDU) steckt hinter der zögerlichen Novelle die Angst, dass das Recht auf Akteneinsicht missbraucht und Verwaltungen dadurch lahmgelegt werden könnte. Er sei diesbezüglich aber optimistisch und fordere die Landesregierung auf, den Bürgern mehr zuzutrauen. Auch der Innenexperte der Linksfraktion, Jürgen Scharfenberg, räumte ein, dass das Gesetz ausbaufähig ist. „Die Linke kann sich durchaus vorstellen, deutlichere Fortschritte zu machen als in der Vorlage der Landesregierung vorgesehen“, sagte er. Von der Fraktion des Koalitionspartners SPD war am Dienstag keine Stellungnahme zu bekommen.Katharina Wiechers

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