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Brandenburg: Tote Babys: Viele Fragen bleiben offen

Sabine H. sagte auch gestern nicht aus

Von Sandra Dassler

Frankfurt (Oder) - Es war eines der bedrückendsten Gutachten, die Harald Voß je vor Gericht verlesen hat. Der Rechtsmediziner schilderte gestern etwa anderthalb Stunden lang den Zustand der neun Babyleichen, die im Juli 2005 auf einem Grundstück in Brieskow-Finkenheerd gefunden worden waren. Oft hatten er und seine Kollegen die kleinen Knochen aus einem in Handtücher und Plastiktüten verpackten Gewebeklumpen herausholen müssen – es waren insgesamt sieben Mädchen und zwei Jungen, alle ausgereift und zwischen 45 und 43 Zentimeter groß.

Die Mutter der toten Kinder zuckte auf der Anklagebank einige Male zusammen – beispielsweise, als der Gutachter berichtete, bei manchen Babys seien noch dunkelbraune Haare auf dem Schädel erkennbar gewesen. Dennoch brach Sabine H., die sich wegen Totschlags durch Unterlassen verantworten muss, auch gestern ihr Schweigen nicht.

Vor dem Vernehmungsrichter hatte sie ausgesagt, die Kinder zwischen 1988 und 1998 nach der Geburt nicht versorgt zu haben, so dass sie starben. Während des Prozesses waren Zweifel aufgekommen, ob der angebene Zeitraum stimmen kann. Einige Zeugen sagten aus, sie hätten Sabine H. auch nach 1998 noch schwanger gesehen. Außerdem hatten Rechtsmediziner zunächst darauf hingewiesen, dass eines der Babys so gut erhalten war, dass es maximal ein Jahr vor dem Fund der Leichen im Juli 2005 zur Welt gekommen sein müsse. Diese Einschätzung relativierte Harald Voß gestern. Es könne auch sein, dass das Baby länger tot war. Das hänge letztlich vom Aufbewahrungsort der Leichen ab.

Den Todeszeitpunkt oder gar die Todesursache konnten die Rechtsmediziner bei keinem der Babys mehr feststellen. Ob und wie lange unversorgte Neugeborene am Leben bleiben, hänge von vielen Faktoren ab. Manche Kinder überlebten drei Tage lang, andere nur wenige Stunden. Er könne auch nicht mit Bestimmtheit sagen, ob die Babys lebend zur Welt gekommen seien. Der Anwalt der Angeklagten rechnet deshalb damit, dass das Gericht nur den Fall von 1992 werten kann. Es ist der Einzige, an den sich Sabine H. noch erinnert. Da hatte sie den neugeborenen Jungen wimmern hören. Sandra Dassler

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