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Eine Aktion des Bündnisses  "Tolerantes Brandenburg" auf dem Alten Markt in Potsdam. 

© Andreas Klaer

Tolerantes Brandenburg: AfD will Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus stoppen

Die AfD im Landtag fordert die Aufgabe des Handlungskonzepts „Tolerantes Brandenburg“ gegen Rechtsextremismus. Dieses wurde Ende der 90er Jahre ins Leben gerufen, nachdem Brandenburg in die Negativschlagzeilen geraten war.

Potsdam – Brandenburg, Ende der 1990er-Jahre: Eine hohe Zahl rechtsextremistischer Übergriffe bringt das Land in der Nachwendezeit immer wieder in die Negativschlagzeilen. Der damalige Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) und die Integrationsbeauftragte Almuth Berger reagieren mit einem Konzept, das zu diesem Zeitpunkt einmalig in Ostdeutschland ist. Sie benennen das Problem Rechtsextremismus klar, beschönigen es nicht – und initiieren das Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“, um Fremdenfeindlichkeit entgegenzutreten. Die Koordinierungsstelle „Tolerantes Brandenburg“ agiert dabei sowohl als Ansprechpartnerin für die Aktiven vor Ort, als auch bei der Vernetzung wichtiger Stellen der Landesregierung und Nicht-Regierungsorganisationen. 

Linksextremismus werde ignoriert 

Nun hält die AfD im Landtag das Konzept „Tolerantes Brandenburg“, das seit 21 Jahren Bestand hat, für verfehlt. „Auch wir erachten die Bekämpfung von Rechtsextremismus als nötig, richten uns aber gegen eine absolut einseitige Ausrichtung“, sagte AfD-Fraktionschef Andreas Kalbitz am Dienstag in Potsdam. Das Handlungskonzept solle deshalb aufgegeben und durch einen neuen Aktionsplan ersetzt werden, der auch Linksextremismus und Islamismus mit einbeziehe. Das Handlungskonzept sei nicht an der tatsächlichen Gefährdungslage für die Demokratie orientiert, „sondern ist bis heute von Wahrnehmungen aus der frühen Nachwendezeit geprägt, die in keiner Weise den gesellschaftlichen Ist-Zustand in Brandenburg im Hinblick auf extremistische Bestrebungen widerspiegeln“, heißt es in der Begründung des AfD-Antrags für die Plenarsitzung am Freitag. Linksextremismus sei in Brandenburg ein verdrängtes Phänomen, so Kalbitz. Die Fortführung des Landesprogrammes, unter dessen Dach auch die Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus agieren, sei in der jetzigen Form weder gesellschaftlich geboten, noch gegenüber dem Steuerzahler zu rechtfertigen.

Der Verfassungsschutzbericht verdeutlicht hingegen, wie groß die Bedrohung durch Rechtsextremisten in Brandenburg nach wie vor ist. Zwar sind die Zahlen von Extremisten jedweder Couleur gestiegen, also auch jene von Linksextremisten und Islamisten, die rechtsextreme Szene hat laut Verfassungsschutzbericht für 2017 in der Mark mit 1540 Personen aber den zweithöchsten Stand seit 1993 erreicht. Von ihnen gelten knapp 70 Prozent als „gewaltorientiert“. 

Andere Fraktionen verteidigen das Konzept 

Die Vertreter der anderen Fraktionen im Landtag verteidigen das Handlungskonzept deswegen. Es sei unbestritten, dass das Schwerpunktproblem in Brandenburg nach wie vor der Rechtsextremismus sei, erklärte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Ursula Nonnemacher. Der Antrag der AfD zeige deutlich, welch Geistes Kind die Partei sei. Das „Tolerante Brandenburg ist und bleibt wichtiger Akteur im Kampf gegen Extremismus“, betonte auch SPD-Fraktionschef Mike Bischoff. Das Konzept sei permanent weiterentwickelt worden. So wurde 2017 eine Fachstelle „Islam im Land Brandenburg“ eingerichtet. In einem rot-rot -grünen Entschließungsantrag, der die Wichtigkeit des Handlungskonzeptes betont, stellen sich die Fraktionen demonstrativ gegen den AfD-Antrag.

Auch die CDU stellt sich hinter das Konzept, ist aber anders als die Koalitionsfraktionen offen für eine Ausweitung des Konzeptes auf den Linksextremismus. Die CDU werde dem rot-rot-grünen Antrag zustimmen, zugleich aber deutlich machen, dass sie eine Ausweitung für wünschenswert halte, so CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben. „Rechts- und Linksextremismus haben ähnliche Ursachen. Es spricht nichts dagegen, beide Phänomene innerhalb des Toleranten Brandenburgs zu betrachten“, so Senftleben. Die AfD benutze das bisherige Fehlen des Linksextremismus im Handlungskonzept hingegen als Ausrede, erklärte der CDU-Fraktionschef. Ziel des AfD-Antrags sei die Schwächung oder Abschaffung des Handlungskonzepts. Das dürfe nicht passieren. 

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