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Nach Ansicht von Experten ist die Geologie in Deutschland günstig für Atom-Endlager.

© dpa

Update

Suche nach Atommüll-Endlager: Auch Gebiete in Brandenburg geologisch geeignet

Weite Teile Deutschlands bieten Voraussetzungen für ein Endlager für hoch radioaktiven Atommüll - darunter auch Gegenden in Brandenburg. Das geht aus einem Zwischenbericht der Bundesgesellschaft für Endlagerung hervor.

Berlin - 90 Gebiete in Deutschland haben nach Erkenntnissen der Bundesgesellschaft für Endlagerung günstige geologische Voraussetzungen für ein Atommüll-Endlager. Der Salzstock Gorleben in Niedersachsen ist nicht darunter, wie aus dem am Montag veröffentlichten Zwischenbericht Teilgebiete hervorgeht - dafür aber weite Teile Brandenburgs.

Berücksichtigt man die Überlagerung einiger Gebiete, ist laut Bericht in Deutschland ein Anteil von 54 Prozent der Landesfläche als Teilgebiet ausgewiesen. Teilgebiete liegen etwa in Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen, aber auch in den ostdeutschen Ländern.

In dem Bericht sind weite Teile Brandenburgs mit Tongestein aufgeführt, darunter im Westen, Nordwesten und Südosten. Unter anderem im Süden Brandenburgs werden auch Gebiete mit Steinsalz ausgewiesen, darunter in der Niederlausitz. Gebiete mit kristallinem Wirtsgestein gibt es laut einer Übersichtskarte der Bundesgesellschaft ebenfalls im Süden an der Grenze des Landes zu Sachsen. Die Brandenburg betreffenden Teilgebiete umfassen 16.310 Quadratkilometer. Bereits im Februar hatte die "Grüne Liga" darauf aufmerksam gemacht, dass Atommüll in der Mark gelagert werden könnte.

"Andere Länder stärker in den Blick nehmen"

Der Landesverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert bei der Suche nach einem EndlagerTransparenz und eine ernstgemeinte Beteiligung der betroffenen brandenburgischen Regionen.

„Niemand will Atommüll in seiner Region haben, diese Haltung ist vollkommen nachvollziehbar. Wir brauchen aber sichere Endlagerstandorte. Die Auswahl darf deshalb nur nach wissenschaftlich gesicherten Kriterien erfolgen. Ebenso muss die Auswahl so transparent und nachvollziehbar sein, dass keine Zweifel an der wissenschaftlichen Auswahl aufkommen können“, sagte der Vorsitzende des BUND Brandenburg, Carsten Preuß. Die ausgewählten Gebiete in Brandenburg müssten von unabhängiger Stelle einer wissenschaftlichen Prüfung unterzogen werden.

CDU-Fraktionschef Jan Redmann sprach sich gegen ein Endlager in Brandenburg aus, sollten am Ende des Auswahlprozesses mehrere Standorte gleich geeignet sein. Es müsse berücksichtigt werden, "dass Brandenburg mit Braunkohle und Windkraft im Vergleich zu anderen Bundesländern bereits überproportional die Lasten der Energieversorgung trägt", sagte Redmann. "Man sollte bei gleich geeigneten Standorten daher andere Länder stärker in den Blick nehmen.“

Keine Vorfestlegung auf einen Standort

Eine Vorfestlegung auf einen Standort ist mit dem Zwischenbericht noch längst nicht verbunden. In den kommenden Monaten und Jahren werden die möglichen Standorte nach und nach weiter eingegrenzt, indem weitere Kriterien - etwa die Bevölkerungsdichte - berücksichtigt werden.

Dennoch dürfte die Debatte über die Endlagerung von hoch radioaktivem Atommüll damit in Fahrt kommen - vor allem in den Gebieten, die nun näher unter die Lupe genommen werden sollen.

Das Endlager soll unterirdisch in Salz, Ton oder Kristallin, also vor allem Granit, entstehen. 2031 soll der Standort gefunden sein, ab 2050 sollen Behälter mit strahlendem Abfall unterirdisch eingelagert werden.

Der Bericht listet erst einmal alle Regionen in Deutschland auf, „die günstige geologische Voraussetzungen für die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle erwarten lassen“, so schreibt es das entsprechende Gesetz vor. Deswegen sind es noch ziemlich viele und teils auch recht große Gebiete. Konkreter wird es erst in den kommenden Jahren. Aus den Teilgebieten werden sogenannte Standortregionen ausgewählt, die übertägig genauer erkundet werden. Einige davon werden dann auch untertägig erforscht.

Standorte werden nach und nach eingegrenzt

Nach langem Ärger um den Salzstock Gorleben wurde die Endlager-Suche komplett neu gestartet. Ausgehend von einer „weißen Landkarte“, auf der erst mal jeder Ort grundsätzlich in Frage kommt, werden mögliche Standorte nun nach wissenschaftlichen Kriterien nach und nach eingegrenzt. Am Ende soll dann aber die Politik die Entscheidung über den Standort treffen - basierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen. Über verschiedene Formate können sich Bürger, Gemeinden und Organisationen in den Prozess einbringen.

Zoff hatte es vor allem um Gorleben gegeben, das zu einem Symbol der Anti-Atomkraft-Bewegung geworden war. Manche forderten schon vor der Veröffentlichung des Berichts, den Salzstock als „politisch verbrannt“ aus der Suche auszunehmen. Aber auch die bayerische Landesregierung hat Ärger auf sich gezogen, weil sie den Suchprozess anzweifelt und darauf pocht, dass der Untergrund in Bayern nicht geeignet sei. Beides stellte das Prinzip der „weißen Landkarte“ in Frage, die erst nach und nach anhand messbarerer Kriterien eingegrenzt wird.

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Auf dieses Prinzip pochen unter anderem die Grünen, deren Wurzeln auch in der Anti-Atomkraftbewegung liegen. „Jetzt ist erst einmal die Wissenschaft am Zuge und die sollte man auch in Ruhe machen lassen“, sagte Bundestags-Fraktionsvize Oliver Krischer der dpa. Im Fall Gorleben habe es in erster Linie eine politische Entscheidung gegeben. In den 70er Jahren war beschlossen worden, dort ein Endlager einzurichten. Deswegen habe „ein Landstrich fast komplett rebelliert“. (dpa/mit cmü)

Teresa Dapp, Andreas Hoenig

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