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Endstation BER? Die nächste Eröffnung des Berliner Flughafens könnte schon wieder scheitern. Die Gründe sind vielfältig, ein Problem sind auch die Szenarien für ein- und ausfahrende Züge im Brandfall.

© Thorsten Metzner

Brandenburg: Sturzflug am BER?

Krise am neuen Airport ist dramatischer als bekannt – es hakt vor allem am Bau und am Geld

Schönefeld - Vier Jahre nach der geplatzten Eröffnung droht am unvollendeten Hauptstadtflughafen erneut eine Bruchlandung – beim Bau und bei den Finanzen. Es geht längst nicht mehr allein darum, dass eine Eröffnung im zweiten Halbjahr 2017 immer aussichtsloser wird. Wenn die akuten aktuellen Brandschutz-, Genehmigungs- und Technikprobleme um die Entrauchung zwischen dem Terminal und Tiefbahnhof nicht gelöst werden können, wäre nach Recherchen dieser Zeitung nicht einmal eine Eröffnung des BER im Jahr 2018 gesichert. Und die nötige Klärung ist mit dem öffentlichen Frontalangriff des Regierenden Bürgermeisters und Aufsichtsratsvorsitzenden Michael Müller (SPD) gegen beteiligte Behörden, insbesondere das Eisenbahnbundesamt, nicht leichter geworden. So heißt es zumindest auf der BER-Baustelle und in Kreisen der Miteigentümer, also Brandenburg und dem Bund.

Nach Informationen dieser Zeitung ist letzten Freitag im Aufsichtsrat sogar bereits ein Not-Szenario diskutiert worden, das nach erregter Debatte allerdings erst einmal wieder verworfen wurde: Nämlich das, den neuen Airport – früher beworben mit: „Europas modernster Flughafen“ – mit beim Start erwarteten 34 Millionen Passagieren zunächst ohne Tiefbahnhof zu eröffnen – und dann so zwei Jahre zu betreiben. Solange würde es nämlich dauern, so tat es Flughafenchef Karsten Mühlenfeld dem Gremium kund, ehe zwischen dem Terminal und dem Bahnhof – bislang ist es ein offener Bereich – eine technische Schottenlösung eingebaut werden könnte, die im Brandfall ein etagenübergreifendes Ausbreiten des Rauches verhindert.

Ohne diese Umbaulösung muss der Flughafen nun kurzfristig mit einer neuen Worst-Case-Simulation nachweisen, dass die Entrauchung trotzdem gewährleistet wäre. Wie berichtet hat das Schreiben des Bauordnungsamtes Dahme–Spreewald vom 20. April 2016 die Auflagen noch einmal präzisiert, von denen die Lösung des Entrauchungsproblemes und damit aber auch die Genehmigung des kompletten Antrages für den Umbau der Entrauchungsanlage abhängig gemacht wird. Parameter darin hatten Eisenbahnbundesamt und Deutsche Bahn am 15. April 2016 formuliert. Ein Beispiel: Danach sollen ab Minute Drei eines Brandes im Terminal von Westen aus gleichzeitig zwei Regiozüge und eine S-Bahn bei Selchow in den Tunnel hineinfahren, kurz darauf noch eine, und gleichzeitig von Osten aus ebenfalls zwei Regios, also fünf Züge gleichzeitig. Was die Flughafenchefs Mühlenfeld und Müller so fassungslos machte, sind die „anzusetzenden Zuggeschwindigkeiten“: Die S-Bahn soll, so lautet eine Vorgabe, 500 Meter vom Bahnsteigende noch einhundert Stundenkilometer schnell sein, dann auf 80 km/h heruntergehen und halten. Aber in Berlin fährt die S-Bahn nirgendwo einhundert Stundenkilometer. Die Hürden sind so hoch, dass die Entrauchungsanlage dies womöglich gar nicht schaffen kann, sagte Mühlenfeld bereits.

Mit den Turbulenzen um den Eröffnungstermin gerät auf der anderen Seite die weitere Finanzierung des Milliardenprojektes in Gefahr, da die EU-Kommission in Brüssel im Notifizierungsverfahren kein grünes Licht für die nächste Kapitalspritze von weiteren 2,2 Milliarden Euro geben will, sondern einen weiteren Fragenkatalog geschickt hat. Im Antrag Deutschlands war eine Eröffnung im Jahr 2017 fixiert. Die letzte Kapitalspritze der öffentlichen Eigner über 1,2 Milliarden Euro hatte die EU im Dezember 2012 freigegeben – für eine geplante Eröffnung des Airports im Oktober 2013. Dieser Termin wurde Anfang Januar abgesagt. Das damals bewilligte Geld reicht noch bis Sommer 2016. Ohne EU-Genehmigung dürfen die nächsten 2,2 Milliarden, mit denen die Kosten auf 6,6 Milliarden Euro steigen, auf sich warten lassen. Allerdings darf sich der Flughafen privates Kapital besorgen: In aller Stille hat es, wie diese Zeitung erfuhr, grünes Licht für den Plan gegeben, mit einer Bank einen BER–Schuldschein über 100 Millionen Euro für Kapitalanleger aufzulegen.

nbsp;Thorsten Metzner

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