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Gesucht. Fachkräfte in Brandenburg sind heiß begehrt. Während große Unternehmen wie der Triebwerkshersteller Rolls-Royce in Dahlewitz (Teltow-Fläming) eher weniger Probleme haben, bleiben Stellen kleinerer Firmen oft unbesetzt.

© Patrick Pleul/dpa

Studie der Universität in Potsdam: Unternehmen müssen bessere Jobs anbieten

Laut einer Studie der Universität Potsdam müssen Unternehmer bei der Mitarbeitergewinnung moderner werden und Wohlfühlatmosphäre bieten. Über das Thermo-Mix-Prinzip am Arbeitsmarkt.

Potsdam - Das Rezept gegen Fachkräftemangel? Uta Herbst empfiehlt Brandenburger Unternehmen die Thermomix-Methode. YouTube-Videos von fröhlichen Menschen, die das teure Küchengerät anpreisen, seien ein Klickhit. „Jeder Idiot macht da ’nen Film von seinem Thermomix“, sagt die Marketing-Professorin der Universität Potsdam. Zusätzliche Werbung müsse der Hersteller gar nicht machen, allein die Filmchen lösen bei potenziellen Käufern das Verlangen aus: Das will ich auch!

Was bei Hobbyköchen geht, könne auch bei Arbeitnehmern funktionieren, ist Uta Herbst überzeugt. Mit digitalen Strategien – etwa selbst gedrehten Clips von glücklichen Praktikanten beim Workshop – müssten märkische Firmen versuchen, Studienabsolventen Jobs schmackhaft zu machen. Denn anders, ist die Wissenschaftlerin überzeugt, nascht der Nachwuchs lieber von fremden Tellern und wandert in andere Bundesländer wie Bayern oder Baden-Württemberg ab.

Studenten schätzen ehrlichen Chef mehr als einen erfolgreichen

504 Studierende von Brandenburger Hochschulen sowie 57 Personalverantwortliche aus dem Land haben Herbst und ihr Team zum Thema Personalmarketing befragt. Das Ergebnis der Studie im Auftrag der Mittelbrandenburgischen Sparkasse (MBS): Arbeitgeber haben oft falsche Vorstellungen davon, was der jungen Generation im Berufsleben wichtig ist, und werben nicht passgenau und mit angestaubten Methoden um die dringend benötigten kreativen Köpfe. „Der Deckel passt eigentlich auf den Topf, aber er findet den Topf nicht“, sagt Herbst.

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels hätten brandenburgische Unternehmen zwar erkannt, dass sie sich stärker als attraktive Arbeitgeber präsentieren müssen, setzten dabei jedoch oft Schwerpunkte, die sich von den Wünschen der künftigen Arbeitnehmer unterscheiden. „Die Arbeitnehmerseite hat sich verändert“, wie Marketingexpertin Herbst am Donnerstag bei der Vorstellung der Studie in Potsdam erläutert. So schätzten die befragten Studenten einen ehrlichen Chef mehr als einen erfolgreichen. Brandenburgische Unternehmer bezeichnen sich in der Befragung zwar selbst als ehrlich, zuverlässig und authentisch, glauben aber irrtümlicherweise, dass die Mitarbeiter mehr Wert darauf legen würden, dass ihr Arbeitgeber große wirtschaftliche Erfolge aufweisen kann.

Auch gebotene Arbeitsplatzsicherheit sei kein Garant dafür, dass sich ein Uniabsolvent für die Offerte einer Firma entscheide, so Herbst. Wichtig sei die Möglichkeit, sich im Job entfalten zu können. „Es geht dem jungen Arbeitnehmer nicht darum, dass BMW größer wird. Er will bei BMW größer werden“, verdeutlicht Herbst ihre Beobachtungen.

„Viele suchen einen coolen Job, der ihr Freund ist“

Auch eine gute Work-Life-Balance, also eine gesunde Bilanz zwischen Arbeits- und Privatleben, sei der Generation der Anfang 20-Jährigen wichtig. „Viele suchen einen coolen Job, der ihr Freund ist“, so Herbst. Diskrepanz: Gleichzeitig wünschen sich die Berufseinsteiger ein hohes Gehalt. So hielten die Befragten ein Einstiegsgehalt von rund 42300 Euro für angemessen, während die Unternehmer nur bereit sind, 35600 zu zahlen. Geld allein macht die Mitt- und Endzwanziger aber nicht glücklich: „Viele sind bereit, schlechter bezahlte Jobangebote in Berlin anzunehmen. Berlin sticht Brandenburg aus“, so Herbst. Um junge Leute auch für Betriebe in Finsterwalde zu interessieren, müssten diese mit Angeboten wie einem Kindergartenplatz oder der Möglichkeit zur Teilzeitarbeit locken. „Mehr bezahlen nützt nichts“, macht die Professorin deutlich.

„Geld ist nur eine kurzfristige Motivation“, meint auch der Vorstandsvorsitzende der MBS, Andreas Schulz. Die Studie zeige aber, dass Brandenburger Unternehmen nicht den Kopf in den Sand stecken müssten, denn grundsätzlich seien junge Leute durchaus daran interessiert, in ihrer Heimat zu bleiben und ihren oft noch aus der Schulzeit bestehenden Freundeskreis nicht aufzugeben. „Es gibt eine Sehnsucht nach Regionalität“, ist Schulz überzeugt. Den Absolventen sei nur oftmals nicht bewusst, dass es in Brandenburg attraktive Jobs für sie gebe.

Das sollen die Firmen nach Empfehlung der Uni Potsdam den Managern von morgen auf moderne Art vermitteln. Etwa durch Firmenvideos und digitale Unternehmensführungen, die sich der potenzielle Bewerber auf seinem Smartphone anschauen kann. Die MBS als einer der größten Ausbilder und Arbeitgeber im Land ist teils schon im virtuellen Personalmarketing aktiv. Allerdings müsse die Firma dabei authentisch bleiben, meint MBS-Chef Schulz. Man könne als Sparkasse „nicht Amazon-mäßig unterwegs sein“, sagt Schulz mit Blick auf den bei jungen Arbeitnehmern beliebten Onlinehändler Amazon, der einen Sitz in Berlin-Mitte und ein cooles Image hat. Schulz macht sich nichts vor: „Einen, der mit kurzen Hosen ins Büro will, werde ich nicht für uns gewinnen.“

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