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Man lernt nie aus. Die Vielfalt der Weiterbildungsangebote hängt aber stark von der Region ab. Die Bertelsmann- Studie konstatiert ein deutliches Gefälle von West nach Ost. In Baden-Württemberg gibt es deutlich mehr Möglichkeiten als in Brandenburg.

© Jan-Peter Kasper/dpa

Studie der Bertelsmann-Stiftung: Brandenburger bilden sich kaum weiter

Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung ist in Brandenburg das Interesse an Lernangeboten für Erwachsene eher gering. Eine überraschende Ausnahme: der Landkreis Elbe-Elster.

Potsdam - Der Landkreis Elbe-Elster – das ist Brandenburg mal so richtig jwd. „Eine Region wie eine Insel“, heißt es im Weiterbildungsatlas der Bertelsmann-Stiftung, der am gestrigen Dienstag veröffentlicht wurde. Zur nächsten Autobahnauffahrt fährt man eine gute halbe Stunde, zum nächsten Oberzentrum doppelt so lange. Überfüllte Volkshochschulkurse, bildungshungrige Bürger, lebenslanges Lernen – das vermutet man wohl eher in Städten wie Potsdam. Aber, man lernt ja nie aus: Das ist falsch. 

Elbe-Elster bundesweiter Leuchtturm

Der nur noch knapp 105 000 Einwohner zählende, mit enormen Bevölkerungsrückgang kämpfende Landkreis Elbe-Elster im Süden Brandenburgs macht deutschlandweit am meisten aus seinen Möglichkeiten im Bereich Weiterbildung. So liege die Weiterbildungsteilnahme deutlich über der Quote, die aufgrund der regionalen Strukturdaten zu erwarten wäre, schreiben die Bertelsmann-Forscher. „Das ist ein ebenso überraschendes Ergebnis wie auch ein großer Erfolg.“

Immer weniger Brandenburger bilden sich weiter

Insgesamt konstatieren die Macher der Studie aber: In Brandenburg bilden sich immer weniger Menschen weiter. Im Jahr 2015 nahm demnach nur gut jeder zehnte Bürger (10,7 Prozent) über 25 Jahren mindestens einmal jährlich an einer allgemeinen oder beruflichen Weiterbildung teil – ein steter Rückgang seit 2012. Damit liegt Brandenburg bei der Weiterbildungsbeteiligung unter dem Bundesdurchschnitt von 12,2 Prozent. Spitzenreiter ist Baden-Württemberg mit 15,3 Prozent. Und in Potsdam mit seiner vergleichsweisen Vielfalt an Angeboten ist der Bildungshunger offenbar auch nicht überbordend. 9,27 Prozent der Erwachsenen bildeten sich 2015 in der Landeshauptstadt weiter. In Elbe-Elster waren es fast 15 Prozent.

Zahl der Angebote lässt zu wünschen übrig

Wie erklärt die Studie die kommunalen Unterschiede? Zum Teil durch die regionale Sozial- und Wirtschaftsstruktur. So führe ein hoher Bildungsgrad der Bevölkerung und eine gute wirtschaftliche Lage dazu, dass sich mehr Menschen weiterbilden. Aber auch der Umfang des Weiterbildungsangebots sei entscheidend dafür, ob sich genug Menschen dafür interessieren.

Soweit die Theorie. In der Praxis zeigt sich aber: Brandenburg passt nicht recht ins Raster beziehungsweise hat mit Potsdam und Elbe-Elster zwei Extrembeispiele. Während das strukturschwache Elbe-Elster die Erwartungen weit übertreffe, bleibe Potsdam hinter seinen Möglichkeiten beim Thema Weiterbildung zurück. „Wenn man in Rechnung stellt, was mit der jeweiligen Bevölkerung und Wirtschaftskraft möglich wäre, zeigt sich der ungenutzte Handlungsspielraum“, kommentiert Professor Josef Schrader, Wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung die Ergebnisse der Potenzialanalyse.

Kreis setzt auf Weiterbildung Arbeitsloser

Aber was macht der Kreis Elbe-Elster besser als viele andere? Es scheint, so legt es die Studie nahe, ausgerechnet die Insellage zu sein, die die Region dazu zwingt, auf Weiterbildung zu setzen: Ortsansässige Unternehmen versuchen offenbar, ihren Personalbedarf durch die Weiterbildung gering Qualifizierter oder Arbeitsloser zu decken. Dabei seien die Weiterbildungsmöglichkeiten im Landkreis vergleichsweise überschaubar: Einziger kommunaler Träger in der öffentlichen Weiterbildung ist die Volkshochschule. Für die berufliche Weiterbildung gibt es zudem Angebote von Privatanbietern, Vereinen und Verbänden. Insgesamt beschreiben die Autoren der Studie bei der Angebotsvielfalt ein Gefälle von West nach Ost. So standen Einwohnern in Baden-Württemberg mit fast elf Volkshochschulkursen pro 1000 Einwohner im Schnitt viermal so viel öffentliche Weiterbildungsangebote zur Verfügung wie den Einwohnern in Brandenburg.

Auf dem Land fehlt die Infrastruktur

„Gern würden wir mehr anbieten wollen, wenn mehr Personal und Geld da wäre“, sagt Evelyn Dahme, Geschäftsstellenleiterin des Brandenburgischen Volkshochschulverbands. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass Bertelsmann nicht den Ist-Stand abbilde, sich die Zahl der Angebote seit 2015 um rund ein Drittel erhöht habe. Verglichen mit anderen Ländern sei es in Brandenburg aber generell schwieriger, flächendeckend viele Kurse anzubieten, insbesondere in berlinfernen Landkreisen mit großer Fläche, erklärt Dahme. Ab 2019 habe die Landesregierung eine spürbare Erhöhung der Fördermittel für die Grundversorgung vor Ort angekündigt– „das hilft schon etwas weiter“.

Von fehlendem Bildungshunger der Märker merke sie aber nichts. „Wir spüren ein großes Interesse an Weiterbildung“, sagte Dahme, aber oft seien Arbeitszeiten oder fehlende Verkehrsinfrastruktur ein Hindernis. „ In Brandenburg haben wir viele Pendler, die flexible Angebote brauchen“, erklärt sie. Für diese Zielgruppe kämen in einigen Volkshochschulen gerade digitale Angebote ins Programm, die auch von zu Hause aus genutzt werden können. 

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