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Kontrolle. Elektronische Fußfesseln sollen präventiv eingesetzt werden.  

© Dedert/dpa

Brandenburg: Strenger als die Linke erlaubt

Kabinett muss sich mit verschärftem Polizeigesetz von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) befassen

Potsdam - Elektronische Fußfessel für Gefährder, Schleierfahndung, Kontaktverbote und längere Speicherung von Videoaufnahmen: Brandenburg will sich mit einem schärferen Polizeigesetz gegen Terrorgefahr und „moderne“ Verbrechen wie Cybercrime rüsten. Der umstrittene Gesetzentwurf liegt nun den Ressorts zur Befassung vor. Im September will Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) sein verschärftes Polizeigesetz ins Kabinett einbringen, wie er Ende Juni im Landtag ankündigte. Anschließend soll das Parlament darüber beraten.

Widerstand kommt vom Koalitionspartner Linke. Linke-Landeschefin und Sozialministerin Diana Golze hatte erklärt, dass ihre Partei die mögliche Verschärfung des Gesetzes sehr kritisch prüfen werde. „Brandenburg braucht keinen Überwachungswahn nach bayerischem Vorbild“, so Golze. „Das Sicherheitsgefühl der Menschen steigt nicht mit dem Maß an Beschränkung von Freiheitsrechten.“ Innere Sicherheit sei wichtig, aber nicht auf verfassungsrechtlich bedenklichen Wegen.

Neu in das Gesetz aufgenommen werden soll ein Passus „Besondere Befugnisse zur Abwehr von Gefahren des Terrorismus“. Wie aus dem vergangene Woche veröffentlichten Verfassungsschutzbericht hervorgeht, ist die Bedrohung durch Extremisten jeder Couleur in Brandenburg gestiegen. Die Zahl islamistischer Extremisten, denen Anschläge zugetraut werden, liegt mittlerweile bei 130 Personen – das sind 30 mehr als noch 2016.

Der Gesetzentwurf, der den PNN vorliegt, sieht zum Beispiel vor, dass einer Person, die im Verdacht steht, einen Terroranschlag zu planen, der Aufenthalt an bestimmten Orten untersagt werden kann. Das können zum Beispiele Orte sein, an denen der Gefährder mutmaßliche Helfer treffen könnte. Auch der Kontakt zu bestimmten Personen kann untersagt werden. Ein Richter muss diese Auflagen genehmigen. Um den Aufenthaltsort eines Gefährders zu überwachen, sollen auch elektronische Fußfesseln zum Einsatz kommen. Längstenfalls drei Monate darf diese Maßnahme zur Gefahrenabwehr eingesetzt werden. Eine Verlängerung um jeweils drei Monate ist möglich. Das Neue daran: Bislang kommen solche am Fußgelenk befestigten Sensoren nur zum Einsatz, um bereits verurteilte Gewalttäter zu überwachen, meist geht es dabei um Sexualdelikte. Präventiv, also bevor überhaupt eine Straftat begangen wurde, kann die Fußfessel erst durch eine 2017 verabschiedete Neustrukturierung des Bundeskriminalamtsgesetzes eingesetzt werden.

Der Brandenburger Gesetzentwurf sieht zudem vor, dass eine Person in Gewahrsam genommen werden kann, „wenn das unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat ... zu verhindern“. Wenn sich ein Gefährder nicht an ein Aufenthaltsverbot hält oder die Fußfessel manipuliert wurde, könne davon ausgegangen werden, dass eine Tat geplant sei. Maximal zwei Wochen darf diese Freiheitsentziehung laut Gesetzentwurf dauern. Eine Verlängerung um einmalig nicht mehr als zwei Wochen ist zulässig.

Neu und nicht nur auf Terrorabwehr bezogen ist zum Beispiel die Möglichkeit, Buch- und nicht nur Bargeld zu beschlagnahmen, also auch die digitale Währung Bitcoin. Zeitgemäßer soll das Polizeigesetz auch bei Überwachungsmöglichkeiten werden: Derzeit können nur Telefongespräche von Beschatteten ohne deren Wissen kontrolliert werden, diese Befugnis soll auf Messenger wie WhatsApp ausgeweitet werden.

In anderen Bundesländern gibt und gab es großen Protest gegen schärfere Polizeigesetze. In Düsseldorf demonstrierten am Wochenende Tausende gegen ein neues Polizeigesetz für Nordrhein-Westfalen. Kritiker befürchten Einschnitte in die Freiheits- und Grundrechte. Zuletzt hatte es in Bayern immer wieder Demonstrationen gegen das neue Polizeiaufgabengesetz gegeben. Es war dennoch im Mai vom Landtag verabschiedet worden. M. Kaufmann

M. Kaufmann

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