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Streit um den BER: „Das ist definitiv eine neue Qualität“

Woidke beantragt in Eigentümerversammlung BER-Nachtflugverbot: Lob von Bürgerinitiativen, Schweigen Berlins und des Bundes

Potsdam - Der Streit um ein strengeres Nachtflugverbot am BER verschärft sich. Auf den Vorstoß von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), in einer Gesellschafterversammlung die BER-Eigentümer Brandenburg, Berlin und den Bund förmlich über eine Ausweitung des Flugverbotes auf 22 Uhr bis 6 Uhr abstimmen zu lassen, gab es am Wochenende geteilte Reaktionen. „Wir begrüßen das außerordentlich“, sagte Matthias Schubert von der Bürgerinitiative Kleinmachnow am Sonntag den PNN. Er ist einer Initiatoren des mit 106 000 Unterschriften erfolgreichen Brandenburger Nachtruhe-Volksbegehrens, das Woidke nach Übernahme durch den Landtag vor einem Jahr nun durchsetzen will. Auf einer Anhörung letzte Woche im Landtag hatte Schubert den Ministerpräsidenten und die Landes-SPD scharf attackiert, weil bislang nichts passierte.

Doch letzten Freitag hat Brandenburg in einem Schreiben an Berlins Regierenden Klaus Wowereit (SPD) die Einberufung einer Gesellschafterversammlung noch vor dem 25. März beantragt, was die PNN am Samstag berichteten und inzwischen von Regierungssprecher Thomas Braune bestätigt wurde. Dort soll über einen Beschlussantrag Brandenburgs für ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr abgestimmt werden. Damit zwingt Woidke Berlin und den Bund zu einer förmlichen Entscheidung. „Das ist definitiv eine neue Qualität“, sagte Schubert. Umso mehr richten sich die Blicke nun auf Berlin und den Bund, die bislang strikt gegen ein strengeres Nachtflugverbot sind und auf den vom Bundesverwaltungsgericht bestätigten Planfeststellungsbeschluss pochen. Der sieht ein totales Flugverbot lediglich von Mitternacht bis fünf Uhr vor. Am Wochenende hielten sich Berlin und der Bund bedeckt, wie sie mit dem Woidke-Vorstoß umgehen, der nach den jüngsten Mehdorn-Pleiten um die Absage des Testbetriebes am Nordpier und der Sanierung der Nordbahn nun auch zu offenem Krach innerhalb der Gesellschafter führt. Für Berlin reagierte Senatssprecher Richard Meng lediglich mit dem Hinweis, dass jeder Gesellschafter in den Eigentümerversammlungen Themen zur Sprache bringen kann. Vom Bund gibt es bislang keine Stellungnahme.

Anders als aus Berlin sind aber Signale vernehmbar, dass es beim Bund ein Nachdenken gibt. In jüngerer Zeit hatten Vertreter von Fluglärm-Bürgerinitiativen Gespräche mit Rainer Bomba, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und Aufsichtsratsmitglied, sowie mit Katherina Reiche, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium und CDU-Bundestagsabgeordnete für die Potsdamer Region, geführt. Schubert will es nicht überbewerten, sagt aber: „Wir registrieren zumindest eine neue Offenheit gegenüber dem Anliegen.“

Widerstand droht hingegen aus der Wirtschaft. Erst vor wenigen Tagen hatten die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) und die Industrie- und Handelskammer (IHK) Cottbus vor jedweder Ausweitung des Flugverbots gewarnt. Der Cottbuser IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Krüger, der auch Mitglied des Flughafenaufsichtsrates ist, verwies auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13. Oktober 2011 zu Flügen in den Tagesrandzeiten: „Diese stellt bereits einen umfassend abgewogenen Kompromiss zum Thema Nachtflug dar und darf nicht infrage gestellt werden.“ Ohne den Kompromiss, so erklärte Krüger, „steht die Wirtschaftlichkeit des künftigen Flughafens infrage, weil er dann nicht als internationales Drehkreuz der Metropolregion Berlin-Brandenburg dienen kann“. Die wirtschaftliche Basis des Flughafens „dürfe nicht kurzfristigen wahltaktischen Überlegungen geopfert werden“, hieß es in der Erklärung mit Blick auf die Landtagswahl in Brandenburg im Herbst. Dort wird sich für Woidke entscheiden, ob er Ministerpräsident bleibt.

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