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Brandenburg: Strafsache Hesco: Geld- und Gefängnisstrafen Manager-Paar wegen Insolvenzverschleppung verurteilt / 2,5 Jahre Haft für Potsdamer Anwalt

Die Vorsitzende Richterin spricht klare Worte: „Handstreichartig“, „planmäßig organisiert“, „mit Schachzügen“ hätten die Chefs des Luckenwalder Hesco-Unternehmens 2002 die Insolvenz ihres Betriebes verschleppt, Geschäftsbücher unterschlagen, Firmenmittel veruntreut und den Bankrott herbeigeführt. Fast zwei Jahre nach Prozessbeginn war für die Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Potsdam die Schuld des Geschäftsführer-Ehepaars R.

Die Vorsitzende Richterin spricht klare Worte: „Handstreichartig“, „planmäßig organisiert“, „mit Schachzügen“ hätten die Chefs des Luckenwalder Hesco-Unternehmens 2002 die Insolvenz ihres Betriebes verschleppt, Geschäftsbücher unterschlagen, Firmenmittel veruntreut und den Bankrott herbeigeführt. Fast zwei Jahre nach Prozessbeginn war für die Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Potsdam die Schuld des Geschäftsführer-Ehepaars R. erwiesen.

Das Gericht verurteilte die beiden Hesco-Geschäftsführer gestern zu einer Geldstrafe von insgesamt 61 200 Euro. Damit lag es deutlich über den von der Staatsanwaltschaft geforderten 32 000 Euro. Ein als Strohmann zur Insolvenzverschleppung eingesetzter Geschäftsführer – ein gelernter Maurer – bekam eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten. Der Potsdamer Anwalt Jörg-Klaus B. muss wegen Anstiftung und Beihilfe zur Insolvenzverschleppung, Untreue und Bankrott in mehreren Fällen für zwei Jahre und vier Monate ins Gefängnis. Zudem wurde er mit einem zweijährigen Berufsverbot bestraft.

Das 1946 gegründete Familien-Unternehmen, zu DDR-Zeiten in Volkseigentum überführt und nach der Wende rückübertragen, war spezialisiert auf die Herstellung von Kunststoffteilen. Aufträge kamen in den 1990er Jahren vor allem aus der Telekommunikationsbranche. Ab 2002 brach das Geschäft ein, Umsätze gingen zurück. Doch der Betriebsrat wehrte sich gegen Kurzarbeit und Entlassungen der damals 62 Mitarbeiter. „Daher versuchten die Geschäftsführer, sich handstreichartig ihres Unternehmens zu entledigen und ein neues mit reduzierter Belegschaft zu gründen“, fasste die Vorsitzende Richterin bei der gestrigen Urteilsverkündung die Vorgänge des Jahres 2003 zusammen. „Kalte Liquidation mit professioneller Hilfe“, nannte sie den Verkauf der alten und die fast zeitgleiche Gründung einer neuen Firma, die bis heute im gleichen Geschäftsfeld tätig ist.

Professionellen Einfluss bei der „Firmenbestattung“ hatte der Potsdamer Anwalt Klaus-Jörg B. Der Insolvenzrechts-Experte habe nach Worten der Richterin den Hesco-Chefs „detailliert geraten, sich zu entreichern, um sich gezielt den Forderungen der Gläubiger zu entziehen“. Verbindlichkeiten von mehr als einer Million Euro sollen zu diesem Zeitpunkt nach Auskunft des späteren Insolvenzverwalters bestanden haben. Der angeklagte und gestern verurteilte Jurist agierte dabei offenbar nach einem Muster, mit dem er auch andere bankrotte oder verschuldete Unternehmen vor einem Insolvenzverfahren gezielt ausschlachtete: Die amtierende Geschäftsführung wurde abberufen, die Firma an einen Strohmann verkauft – den gleichen wie in einer Vielzahl von Fällen und dem Anwalt offenbar seit Jahren bekannt. Dieser hatte jedoch keinerlei Vollmachten und Einfluss. Der Hesco-Verkaufspreis von rund 1,8 Millionen Euro sollte durch die Übernahme der Verbindlichkeiten durch den Strohmann beglichen werden. Dabei soll es sich laut Gericht allerdings nur um Forderungen von Banken und Lieferanten gehandelt haben. Offene Lohn- und Gehaltszahlungen, die sich Mitarbeiter später teilweise vor dem Arbeitsgericht erstreiten mussten, spielten in dem Kaufvertrag keine Rolle.

Eine Adresse in der Dorfstraße in Horla, einem 200-Seelen-Ort in Sachsen-Anhalt, wurde Firmensitz der verkauften Hesco-Firma – genauso wie von anderen Schein- und Briefkastenfirmen. Am dort zuständigen Amtsgericht stellte Anwalt B. den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Weil die anhaltinische Behörde den vorgetäuschten Wechsel des Hesco-Betriebssitzes erkannte, der scheinbare Verkauf als Firmenüberführung enttarnt und das Ehepaar R. nach wie vor als faktische Geschäftsführer identifiziert wurde, wurde der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens an das Amtsgericht Potsdam weitergeleitet. Dort wurde im Dezember 2003 das Verfahren eröffnet – wegen der Verschleierungsaktivitäten erst Monate nach der gesetzlichen Drei-Wochen-Frist.

Zu den Anstrengungen der Beschuldigten, das Verfahren zu verhindern, gehörte laut Strafkammer unter anderem der Transfer eines hohen Geldbetrages auf das Hesco-Konto durch den beschuldigten Anwalt in seiner Eigenschaft als Prokurist einer Firma in Zypern. „Das Geld diente zum Aufkauf der Forderungen der Gläubiger, um so das Insolvenzverfahren zu beenden“, führte die Vorsitzende Richterin aus, für die es nach 59 Verhandlungstagen keinen Zweifel an der Schuld der Angeklagten gab. Indes sprach der Verteidiger der Angeklagten R. aufgrund der Höhe der Strafe von einem „Überraschungsurteil“. Gegen das Urteil kann Revision eingelegt werden.

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