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Bald ausgedampft. Mit einem eigenen Projektteam bereitet sich die Betreiberfirma LEAG seit etwa drei Jahren auf die ab Oktober beginnende Sicherheitsbereitschaft am Block F des Kraftwerkes Jänschwalde im Landkreis Spree-Neiße vor.

© Patrick Pleul/dpa

Brandenburg: Stilllegung auf Raten

In der Lausitz wird im Herbst der Anfang vom Ende eines Kohlekraftwerkblocks eingeläutet

Peitz- Im Kesselhaus ist es laut. Eine riesige Wasserdampfwolke strömt aus dem Kühlturm in direkter Nachbarschaft. An dem Block im Braunkohlekraftwerk Jänschwalde in Südbrandenburg läuft die Stromerzeugung. In einigen Monaten wird sich hier sehr viel ändern: Block F wird am 1. Oktober in die Reserve überführt und vier Jahre danach stillgelegt.

Es ist das erste Mal, dass das Lausitzer Revier – zweitgrößtes in Deutschland – von dieser Regelung im Energiewirtschaftsgesetz betroffen sein wird. Genau ein Jahr darauf soll Block E des Kraftwerks in die Sicherheitsbereitschaft folgen. Innerhalb der jeweils vier Jahre Reserve-Zeit können die Blöcke bei Extremsituationen auf dem Strommarkt wieder hochgefahren werden – ansonsten speisen sie keinen Strom ins Netz ein.

Das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde des Betreibers Leag wird damit langfristig auf dann noch vier Kraftwerksblöcke und um ein Drittel seiner installierten Kraftwerksleistung von derzeit 3000 Megawatt reduziert. Der Leag-Vorstandsvorsitzende Helmar Rendez spricht am Donnerstag am Kraftwerksstandort von einem „bitteren Moment“. Jänschwalde im Grenzgebiet zu Polen ist das größte Kraftwerk von Leag. Der Grundstein wurde nach Unternehmensangaben Mitte der 1970er Jahre gelegt, die Blöcke gingen nach und nach ans Netz, Ende der 1980er Jahre wurde das Kraftwerk mit seiner Gesamtleistung fertiggestellt.

Ziel der Sicherheitsbereitschaft und der Stilllegung ist es, die Kohlendioxidemissionen bei der Stromversorgung in Deutschland zu verringern. Zusätzlich soll mit der Reserve-Zeit die Versorgungssicherheit abgesichert werden. Auch andere Braunkohlekraftwerke in Deutschland sind von der Regelung betroffen, insgesamt 2700 Megawatt Braunkohlekraftwerkskapazität. Laut Bundeswirtschaftsministerium sollen bis zu 12,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid bis zum Jahr 2020 eingespart werden. In Reserve befinden sich bereits seit Oktober 2016 das Kraftwerk Buschhaus bei Helmstedt in Niedersachsen sowie seit Herbst 2017 zwei Blöcke des Kraftwerks Frimmersdorf in Grevenbroich in Nordrhein-Westfalen. Neben Jänschwalde sollen noch Blöcke in Niederaußem und Neurath (beide Nordrhein-Westfalen) folgen. Bislang musste noch kein in Reserve stehender Kraftwerksblock aktiviert werden, wie es vom Bundeswirtschaftsministerium heißt.

Dass die zwei 500-Megawatt-Kraftwerksblöcke E und F am Standort Jänschwalde in einigen Jahren stillgelegt werden, bedeutet für den Tagebau- und Kraftwerksbetreiber Leag in den nächsten Jahren einen Wegfall von rund 600 Jobs über alle Unternehmensbereiche hinweg. Kündigungen soll es nicht geben, wie Rendez bekräftigt. Nach Unternehmensangaben soll das Ganze sozialverträglich wie zum Beispiel mit vorzeitigen Altersrenten gestemmt werden. In der Braunkohleindustrie in Brandenburg und Sachsen sind rund 8000 Mitarbeiter beschäftigt. Der umstrittene Energieträger bringt der Region bis heute viele gut bezahlte Industriearbeitsplätze. Immer wieder gibt es die Befürchtung, dass es in der Lausitz mit der schwindenden Bedeutung der Kohle zu harten Einschnitten kommen könnte.

Obwohl Block F des Kraftwerks Jänschwalde im Oktober in Reserve geht, werden sich weiterhin täglich Mitarbeiter um diesen Kraftwerksteil kümmern. Derzeit befindet sich Leag nach eigenen Angaben in der Abstimmung und Gesprächen mit Firmen. In der Reserve-Zeit muss der Block demnach zum Beispiel beheizt werden, um Frostschäden zu verhindern. Auch Rost ist demnach eine Gefahr. Rendez spricht bei der Sicherheitsbereitschaft von „Neuland“. Ein Block in der Reserve soll innerhalb von zehn Tagen wieder anfahrbereit sein, wie es von Leag heißt. Die Kraftwerksbetreiber werden dafür entschädigt, dass sie die Blöcke in Sicherheitsbereitschaft halten. Rendez betont mehrmals: „Wir bekommen hier kein Geld fürs Nichtstun.“ (dpa)

Anna Ringle

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