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Brandenburg: Ständiger Gast

Der Brandenburger Landtag und Michael Mara gehören für mich zusammen. Wenn es irgendetwas Brisantes, Interessantes oder Neues in der Landespolitik oder in der damaligen PDS gab, war er zur Stelle.

Der Brandenburger Landtag und Michael Mara gehören für mich zusammen. Wenn es irgendetwas Brisantes, Interessantes oder Neues in der Landespolitik oder in der damaligen PDS gab, war er zur Stelle. Er kam mit Notizblock und Kugelschreiber, er hörte zu, fragte nach und schrieb.

Michael Mara war der erste West-Journalist, der sich 1989/90 zu uns traute. Eine Konsequenz aus dem Scheitern der SED war, dass Sitzungen der PDS öffentlich waren. Und so kam er – zum Entsetzen einiger – in unsere Beratungen. Außer über Notizblock und Stift verfügte er über ein riesiges Akku-Telefon, das er mit sich herumschleppte, um die neuesten Beschlüsse und Vorkommnisse aktuell in die Redaktion durchzugeben. Es war nicht immer freundlich, was wir dann lesen konnten. Aber, er kam wieder und stellte sich auch der Diskussion um die Berichterstattung.

Mit den Jahren gehörte Michael Mara zum Inventar des Landtags auf dem Brauhausberg, es fiel auf, wenn er im Urlaub war. Er war ständiger Gast unserer Fraktionssitzungen. Und wenn wir, was selten genug geschah, die Öffentlichkeit aufgrund anstehender Personalentscheidungen ausschließen wollten, hob Michael Mara wie selbstverständlich die Hand und stellte den Antrag auf öffentliche Tagung. Wurde diesem nicht entsprochen, beschwerte er sich im Nachhinein nachdrücklich, wohl wissend, dass es ihm gar nicht zustand, auf Fraktionssitzungen irgendwelche Anträge zu stellen. (Oder etwa doch?) Die Berichterstattung hat das übrigens nicht beeinträchtigt. Michael Mara entging kaum etwas, er verfügte über ein ausgeklügeltes Informationssystem und ein umfangreiches Telefonverzeichnis. Er kannte die Protagonisten inhaltlicher Positionen und persönlicher Animositäten wie kein anderer und verstand es, auch Zwischentöne zu vernehmen.

Wer in der Landespolitik ernst genommen werden wollte, kam am Tagesspiegel nicht vorbei. Das ist in erster Linie der journalistischen Arbeit von Michael Mara geschuldet. Das für mich Erstaunlichste aber war und ist, dass man sich in Zeiten zunehmender Nachrichtenschlamperei bei Michael Mara immer auf faire Berichterstattung und korrektes Zitieren verlassen konnte. Manche seiner Meinungen teile ich nicht, nur: Sie waren stets erkennbar vom Bericht unterschieden. Ein Qualitätsjournalist geht – schade!

Lothar Bisky war von 1990 bis 2002 Fraktionsvorsitzender der PDS im brandenburgischen Landtag. Er ist Vorsitzender der Partei Die Linke

Lothar Bisky

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