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Brandenburg: Spinnen, Blut und Liberale

Graf Dracula sucht auf Schenkendorfer Schloss nach Einkommensquellen / Listenplatz 1 für die Kreistagswahl

Graf Dracula sucht auf Schenkendorfer Schloss nach Einkommensquellen / Listenplatz 1 für die Kreistagswahl Von Sigrid Pretzsch Schenkendorf. Sie lieben die Dunkelheit. Im Schatten der Nacht fallen sie mit ihren spitzen Zähnen über ihre Opfer her. Mit Vorliebe saugen Vampire das Blut aus der Halsschlagader junger Frauen. Und sie hassen Knoblauch. Doch einer ist anders. „Ich liebe Knoblauch“, sagt Ottomar Rodolphe Vlad Dracula Prinz Kretzulesco. Er ist nach eigenen Angaben der letzte lebende Nachfahre des rumänischen Herrschers Vlad Tepes, auch Dracula genannt. Im brandenburgischen Schenkendorf bewohnt er seit einigen Jahren ein romantisch heruntergekommenes Schloss. Vor Jahren hieß Prinz Kretzulesco noch Ottomar Berbig. Der gelernte Konditor aus dem Westteil Berlins betrieb ein Antiquitäten- und Juweliergeschäft, als 1987 eine Dame den Laden betrat, um ein Familienerbstück schätzen zu lassen. Es war eine Schwägerin der letzten Blutsverwandten des transsilvanischen Fürsten, der den Schriftsteller Bram Stoker zu seinem berühmten Vampir-Roman inspirierte. Catherine Olympia Prinzessin Caradja Prinzessin Kretzulesco nahm Berbig schließlich wenige Jahre vor ihrem Tod „an Sohnes statt“ an. Sie hatte selber keine Söhne und wollte, dass der Name nicht ausstirbt. Vor sieben Jahren nun kaufte Kretzulesco das große baufällige Schloss und steckte sein ganzes Vermögen in das Gut. Nach dem Krieg lebten in dem 1935 zwangsenteigneten Besitz des jüdischen Verlegers Rudolf Mosse zuerst Kriegswaisen, dann war es ein Heim für schwererziehbare Mädchen und schließlich zu DDR-Zeiten Ausbildungsstätte für Grenzsoldaten. Seit 1996 investiert Prinz Kretzulesco in den gelben Klinkerbau mit seinen 46 Zimmern und einem 16 Hektar großen dazugehörigen Park. „Ich hatte ein Ziel vor Augen“, sagt er. Mit seiner Lebensgefährtin Barbara Dienefeld nutzt der 63-Jährige drei Zimmer. Nach dem Kauf versuchten sie es unter anderem mit Gastronomie, einem Themenpark „Dracula“, mit Mittelaltermusik und Vampirpartys. Das Schloss sollte zur Grusel-Attraktion für Touristen umfunktioniert werden. Die Vorhaben mussten teilweise jedoch aufgegeben werden. So auch das im März vergangenen Jahres ausgerufene „Fürstentum Dracula“, mit dem sich Einwohner gegen die Gemeindegebietsreform wehren sollten. Bürger von insgesamt acht Gemeinden rund um Schenkendorf wollten ihrem Protest gegen die Eingemeindung Ausdruck verleihen. Dazu gab es Ehrenbürgerschaften für Mitglieder des Fürstentums. Das interessierte jedoch vor allem die Medien. Fast jede Woche kamen Journalisten aus aller Welt: Israel, Italien, Frankreich, Holland, Dänemark und den USA. Die Reform wurde durch das Projekt jedoch letztendlich nicht verhindert. Zu den „paar hundert“ Ehrenbürgern weltweit hat Graf Dracula heute „gar keinen Kontakt“ mehr. Neben Führungen in seinem Schloss und dem Schlitten- und Kutschenmuseum sowie dem Streichelzoo für Kinder bietet er auch Speisen und Getränke in seinem Restaurant an. „Das Geschäft läuft nicht wie erhofft“, erzählt der Prinz. Die Flaute im Gastronomiebereich treffe auch seinen kleinen Schenkendorfer Biergarten. Der Touristenstrom bleibt aus. „Man träumt von Dingen, die man nicht hat und wenn man sie dann hat, können sie einem lästig werden“, sagt der bärtige Mann. Die Bewirtschaftung des Schlosses und die Bearbeitung des Geländes durch rund 15 Mitarbeiter verschlingt sein letztes Geld. Zwar gebe immer wieder neue Probleme, doch Prinz Kretzulesco will weiter kämpfen. „Man darf sich nicht einschüchtern lassen“, betont er optimistisch. Nachbarn, die sich in ihrer Ruhe gestört fühlen, ein verlorener Gerichtsprozess oder behördliche Ablehnungen für neue Ideen wie standesamtliche Trauungen im Schenkendorfer Schloss bringen den aktiven Mann nicht aus dem Konzept. So wartet auf Prinz Kretzulesco nun eine neue große Aufgabe. Der FDP-Kreisverband hatte ihn angesprochen und schließlich für die Kreistagswahl auf Listenplatz 1 des zweitgrößten Wahlkreises Schönefeld, Mittenwald, Bestensee und Friedersdorf nominiert. „Innovation und mutige Entscheidungen braucht das Land“, sagt Prinz Kretzulesco, der in FDP-Kreisen als „erfahrener Mitstreiter und Praktiker“ gilt und touristisch die „gleichen Denkweisen“ wie die FDP habe, sagte der Kreisvorsitzende Raimund Thomczak. Für die Wähler sei dies ein deutliches Angebot, sich in der Region für Tourismus und bessere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft einzusetzen. „Wenn ich was bewegen kann, möchte ich es auch tun“, versichert Graf Dracula. Mehr im Internet: www.prince-dracula.com

Sigrid Pretzsch

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