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Sieben Mal Abschied: Bilanz der scheidenden Minister in Brandenburg

Dem neuen Kabinett Woidke werden einige Politiker nicht mehr angehören. Welche Baustellen sie hinterlassen und wohin es sie zieht. Ein Überblick.

Potsdam - Am Dienstag wird nach dem positiven Mitgliedervotum der Grünen der Kenia-Koalitionsvertrag unterschrieben. Am Mittwoch stellt sich Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zur Wiederwahl im Landtag, die neuen Minister werden vereidigt. Für sieben der bisherigen Kabinettsmitglieder – vier von der SPD und drei von der Linken – endet damit die Amtszeit.

Die PNN ziehen eine Bilanz der scheidenden Minister und des Staatskanzleichefs.

Martin Gorholt (SPD)

Staatskanzlei

Potsdam - Diese Personalie überraschte am meisten: Martin Gorholt gibt die Leitung der Staatskanzlei an die bisherige Infrastrukturministerin Kathrin Schneider (SPD) ab und wird in den Ruhestand versetzt. Gorholt führte die Staatskanzlei seit gut einem Jahr allgemein anerkannt, galt als Generalist – passte aber nicht zu Woidkes Erneuerungskurs. Jünger, weiblicher, ostdeutscher soll das künftige Kabinett sein. Der 63 Jahre alte, aus Nordrhein-Westfalen stammende Gorholt war Bevollmächtigter des Landes Brandenburg beim Bund, Staatssekretär im Bildungs- sowie im Wissenschaftsministerium.

Mit seinem Namen verbunden bleiben wird das Jesiden-Programm: Brandenburg nimmt 72 Jesidinnen und Jesiden auf, die dem Terror des Islamischen Staats entkamen. Gorholt war als Staatskanzleichef für das Programm zuständig, dessen Umsetzung auch wegen bürokratischer Hindernisse kompliziert ist.

Karl-Heinz Schröter (SPD)

Inners und Kommunales

Er polarisierte am meisten: Karl-Heinz Schröter hatte sich schon als Landrat von Oberhavel nicht nur Freunde gemacht. Als Minister galt er vielen als zu ruppig, undiplomatisch, stur. Zum Ende seiner Amtszeit beklagte beispielsweise die Härtefallkommission, dass Schröter die Empfehlungen des Gremiums vielfach ignorierte, seine Asyl- und Abschiebepolitik zu hart gewesen sei. Auch dass er im Streit um die automatische Kennzeichenerfassung (Kesy) den Hauptkritiker aus seinem eigenen Haus umsetzte, kam bei vielen nicht gut an.

Aber: Bei der Polizei hatte der 65-Jährige, der von CDU-Landesparteichef Michael Stübgen beerbt wird, einen ganz guten Stand. Unter Schröter sei der Personalabbau bei der Polizei endgültig gestoppt werden, lobt etwa die Kripo-Gewerkschaft BDK. Damit sei eine Trendwende eingeleitet worden. Zudem habe Schröter ein Einsehen gehabt und durch die Einführung des Masterstudienganges für Kriminalistik die Kriminalistenausbildung in Brandenburg wieder gestärkt. Was er künftig machen will, weiß er noch nicht. „Erstmal Familie, dann schauen. Nichts überstürzen“, sagte Schröter den PNN.

Jörg Vogelsänger (SPD)

Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft

Martin Gorholt (SPD).
Martin Gorholt (SPD).

© Monika Skolimowska/dpa

Jörg Vogelsänger enttäuschte als Minister – zumindest die Umweltlobby. Den schwierigen Ausgleich zwischen Landwirtschaft und Umweltschutz, beides in seinem Ressort angesiedelt, habe er nicht hinbekommen, heißt es. Bei den Umweltschützern hatte der Diplom-Ingenieur für Maschinenbau und Konstruktionstechnik, zuvor Infrastrukturminister, von Anfang an einen schlechten Stand. Die Versetzung des langjährigen Präsidenten des Landesumweltamtes, Matthias Freude, Ende 2014 stieß auch in den eigenen Reihen auf Kritik. Auch die schleppende Auszahlung von Agrarfördermitteln wurde Vogelsänger angelastet. Woidke, so hieß es, haben zwischenzeitlich sogar die Ablösung Vogelsängers erwogen. Einen Pluspunkt sammelte Vogelsänger vor gut einem Jahr: Unter dem Eindruck der verheerenden Waldbrände in Brandenburg stoppte er die mit Stellenabbau einhergehende umstrittene Forstreform.

Auch in seinem Wahlkreis Erkner kommt Vogelsänger an: Als einziger Minister errang er bei der Landtagswahl ein Direktmandat und bleibt damit Landtagsabgeordneter. Im Umweltministerium folgt nun Vogel auf Vogelsänger: Der bisherige Grünen-Fraktionschef Axel Vogel wird versuchen müssen, Landwirte und Umweltschützer zu versöhnen.

Martina Münch (SPD)

Wissenschaft, Forschung und Kultur

Karl-Heinz Schröter (SPD).
Karl-Heinz Schröter (SPD).

© Monika Skolimowska/ dpa

Seit März 2016 war Martina Münch Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur – und das bereits zum zweiten Mal. Nach der Landtagswahl 2009 hatte sie im Platzeck-Kabinett schon einmal dieses Amt inne, ehe sie nach dem Rücktritt Holger Rupprechts im Februar 2011 dessen Nachfolge als Bildungsministerin antrat. In diesem Ressort hatte sie keine allzu glückliche Hand. Angetreten war sie beispielsweise, um die Inklusion in Brandenburgs Schulen umzusetzen – mit mäßigem Erfolg. Es zeigte sich bald, dass die Ausstattung der Schulen dafür nicht ausreicht.

Nach der Landtagswahl 2014 war sie deshalb wenig überraschend erst einmal raus aus dem Ministerrennen. Nach dem Ausscheiden von Sabine Kunst feierte sie dann 2016 ihr politisches Comeback als Wissenschaftsministerin, wobei ihr der Bereich Kunst mehr gelegen haben soll als Wissenschaft und Forschung, wie es aus dem Ministerium heißt. Insgesamt mehr ruhige Verwalterin als Akzentsetzerin – so wird Münch beschrieben. Frischen Wind ins Ministerium soll nun Manja Schüle (SPD) bringen. Bei der Landtagswahl im September konnte Münch in Cottbus kein Direktmandat erringen und gehört folglich nicht mehr dem Landtag an. Welche Pläne die siebenfache Mutter und Ärztin nun verfolgt, ist noch offen. Die 57-Jährige wolle sich erst einmal Zeit für die Familie nehmen, heißt es.

Christian Görke (Linke)

Finanzen und Vize-Regierungschef

Jörg Vogelsänger (SPD).
Jörg Vogelsänger (SPD).

© Bernd Settnik/dpa

Skandalfrei, solide – die Bilanz von Christian Görke kann sich sehen lassen. Der bisherige Stellvertreter Dietmar Woidkes hinterlässt als Finanzminister einen ordentlichen Haushalt – und wetterte dementsprechend gegen das Milliardenpaket, das Kenia kurz vor Inkrafttreten der Schuldenbremse auf den Weg gebracht hat. Auch innerhalb der SPD galt Görke als verlässlicher Gesprächspartner.

Der Sportlehrer hätte gerne weiter gemacht in einer rot-roten Koalition, aber die Linken müssen nun ihre Rolle in der Opposition finden. Görkes Posten übernimmt die frühere Innenstaatssekretärin Katrin Lange (SPD). Völlig raus aus der Politik ist der frühe Linken-Landeschef aber nicht: Der 57-Jährige bleibt Landtagsabgeordneter, auch wenn es ihm bei der Landtagswahl im September nicht gelang, zum vierten Mal in Folge das Direktmandat in Rathenow zu holen. In der Fraktion ist er Sprecher für Infrastruktur, Bau- und Verkehrspolitik.

Stefan Ludwig (Linke)

Justitz, Europa und Verbraucherschutz

Martina Münch (SPD).
Martina Münch (SPD).

© Soeren Stache/dpa

Kurz vor seinem Amtsende sorgte Justizminister Stefan Ludwig (Linke) noch einmal für Schlagzeilen: Er wandte sich gegen die Bezeichnung „Unrechtsstaat“ für die DDR. Ludwigs dreieinhalbjährige Amtszeit ist auch verbunden mit Missständen in der Justiz: Vor allem die CDU-Opposition machte Ludwig dafür verantwortlich, dass Gerichte und Staatsanwälte überlastet seien. Wegen überlanger Verfahrensdauer wurden zwei Straftäter aus der Untersuchungshaft entlassen. Aber: Ludwig steuerte um, stellte die Weichen für einen Personalaufwuchs in der Justiz.

Zudem unterstützte der Diplom-Jurist gegen den Willen des damaligen Koalitionspartners SPD und ungeachtet der politischen Ausrichtung die Bewerbung der Konservativen Susanne Hofmann als Generalsstaatsanwältin – die nun seine Nachfolgerin im Ministerium wird. Über Ludwigs weitere Pläne außerhalb der Kommunalpolitik – der 52-Jährige ist Mitglied der Stadtverordnetenversammlung Königs Wusterhausen sowie des Kreistages Dahme-Spreewald – ist noch nichts bekannt.

Susanna Karawanskij (Linke)

Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie

Christian Görke (Linke).
Christian Görke (Linke).

© Ralf Hirschberger/dpa

Die Linke-Politikerin Susanna Karawanskij hatte nur 14 Monate Zeit, in ihrem Ressort etwas zu bewegen – und trat dazu noch ein schweres Erbe an. Sie folgte im September 2018 auf Diana Golze (Linke), die im Zuge der Lunapharm-Affäre um gestohlene Krebsarznei zurückgetreten war. Die weitere Aufklärung des Pharmaskandals hatte sich die Leipzigerin Karawanskij, deren Name in Brandenburg zuvor kein Begriff war, auf die Fahne geschrieben.

Nach Einschätzung ihrer Nachfolgerin Ursula Nonnemacher (Grüne) ist ihr das auch gelungen. „Das Haus ist auf einem guten Weg“, sagte Nonnemacher am Montag. Aus dem Bericht der Task Force, die sich mit dem Lunapharm-Skandal befasste, seien die richtigen Schlussfolgerungen gezogen und Umstrukturierungen in Angriff genommen worden – auch wenn es noch viel zu tun gebe, so Nonnemacher. Auch die Stärkung der Krankenhauslandschaft, die Karawanskijs Anliegen war, will Nonnemacher fortsetzen. Karawanskij selbst hat noch keine konkreten Pläne für ihre berufliche Zukunft. „Ich werde erstmal ausschlafen und dann schauen, was da kommt“, sagte die 39-Jährige den PNN.

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