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Brandenburg: Senat entsetzt: Hetze gegen Asylheim In Hellersdorf eskalierte eine Bürgerversammlung

Berlin - Einen Tag nach den fremdenfeindlichen Ausfällen auf einer Bürgerversammlung in Hellersdorf reagiert der Senat schockiert. Klaus Wowereit (SPD) bezeichnete den Auftritt von Neonazis bei dem Anwohnertreffen als unerträglich.

Berlin - Einen Tag nach den fremdenfeindlichen Ausfällen auf einer Bürgerversammlung in Hellersdorf reagiert der Senat schockiert. Klaus Wowereit (SPD) bezeichnete den Auftritt von Neonazis bei dem Anwohnertreffen als unerträglich. Der Regierende Bürgermeister warnte davor, dass Rechtsextreme die Debatten um Flüchtlingsheime wie in Hellersdorf instrumentalisierten: „Sie schüren Ausländerfeindlichkeit und wollen auf dem Rücken der Schwächsten ihre fremdenfeindliche Propaganda verbreiten.“

Der für Flüchtlinge zuständige Sozialsenator Mario Czaja (CDU) sagte, es gebe durchaus berechtigte Sorgen und Ängste, wenn ein Flüchtlingsheim in der Nachbarschaft entstehe. Am Dienstagabend sei es aber nur noch darum gegangen, dass Flüchtlinge grundsätzlich unerwünscht seien. „In der rechtsradikalen Szene wurde mobilisiert, auch die NPD hat dazu beigetragen, dass auf der Veranstaltung ein so aggressiver Ton herrschte“, sagte Czaja. „Die Menschen, die aus ihrer Krisenheimat hierher kommen, haben ein Recht auf ein faires Asylverfahren. Und für dessen Dauer sind wir verpflichtet, sie menschenwürdig unterzubringen.“

Am Dienstagabend hatten sich auf Einladung des Bezirksamtes fast 1000 Menschen auf einem Schulhof in Kaulsdorf versammelt. Dort wollte der Chef des für die Heime zuständigen Landesamtes für Soziales (Lageso), Franz Allert, die Lage erläutern. Weit kam er nicht, Gäste berichteten von Sprechchören wie „Nein zum Heim“. Der NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke versuchte über das Mikrofon die Stimmung anzuheizen, was ihm gelungen sein soll. Beobachter sprachen von einer „Keif- und Schreiatmosphäre“.

In Kaulsdorf sollen in den kommenden Wochen 200 Flüchtlinge in einer leeren Schule untergebracht werden. Das Haus dient als vorläufige Notunterkunft. Angesichts des Krieges in Syrien sind die Flüchtlingszahlen bundesweit gestiegen. Nach einem Ausbau soll dort kommendes Jahr ein reguläres Heim für Flüchtlingsfamilien mit 400 Plätzen entstehen. Daran ist nicht mehr zu rütteln. „Wir brauchen jeden Platz und können nicht auf das Heim verzichten“, sagte Lageso-Sprecherin Silvia Kostner. „Wir renovieren gerade das Haus, ziehen Wände in frühere Klassenzimmer ein und richten Bäder her.“ Angesichts der Proteste wird der Wachschutz aufgestockt. Die Sicherheitsbehörden beobachten die Lage. In Marzahn-Hellersdorf leben mit 149 Flüchtlingen vergleichsweise wenige. Laut Czaja sind Heime kein Kriminalitätsschwerpunkt. Dies zeigten Zahlen der Polizei.

Zahlreiche Neonazis waren am Dienstag gezielt nach Kaulsdorf gefahren. Rund 40 Männer und Frauen stammten aus dem Umfeld von NPD und „Nationalem Widerstand“, einer gut organisierten Clique militanter Neonazis. Weitere 40 Männer wurden als enge Sympahisanten eingestuft. „Wir werden vor der Bundestagwahl weiter gegen die Heime protestieren“, sagte NPD-Landeschef Schmidtke. Dabei habe er neben Hellersdorf die Unterkunft in Westend im Blick. In den vergangenen Wochen hatten sich Anwohner auch über neue Flüchtlingsheime in Westend und Wittenau beschwert. Die NPD konnte dort nicht punkten. In Charlottenburg und Reinickendorf hat sich der Protest beruhigt. Einige Anwohner helfen den Flüchtlingen inzwischen, andere setzen sich beim Bezirksamt für eine andere Unterbringung ein.H. Heine, F. Keilani

H. Heine, F. Keilani

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