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Ulrike Döbrich ist Seelsorgerin im Johanniter-Krankenhaus in Treuenbrietzen

© privat

Seelsorge in Pandemie-Zeiten: Ganz nah bei den Corona-Kranken

Ulrike Döbrich ist Seelsorgerin im Johanniter-Krankenhaus in Treuenbrietzen. Auch auf Corona-Stationen besucht sie Patienten.

Treuenbrietzen - „Über die Schuhe ziehe ich Stulpen“, sagt Ulrike Döbrich. „Handschuhe trage ich zwei Paar übereinander, natürlich einen Kittel, einen Haarschutz, eine FFP2-Maske und einen transparenten, durchsichtigen Gesichtsschutz über der Maske.“ Denn der Patient, den die evangelische Pfarrerin Ulrike Döbrich im Evangelischen Johanniter-Krankenhaus im mittelmärkischen Treuenbrietzen besuchen will, hat Corona. Regelmäßig ist die 46-Jährige auf allen Stationen der Klinik unterwegs, auch auf den Corona-Stationen. „Da muss ich mich natürlich schützen“, sagt Döbrich.

Seelsorgerin einziger Besuch für Klinikpatienten

Doch für die Patienten, die sie in der Klinik besucht, ist die Pfarrerin neben Ärzten und Ärztinnen sowie den Pflegekräften derzeit die einzige Besucherin. Im Krankenhaus herrscht Besuchsverbot, auf der Corona-Station sowieso. Nur Sterbende – etwa in der Palliativmedizin – dürfen noch Besucher empfangen. „Ich kann mit den Menschen sprechen, ihnen Zuhören“, sagt Döbrich. „Ich kann ihnen auch mal die Hand geben, Nähe und Geborgenheit vermitteln.“ 

Dass man unter der Schutzausrüstung das menschliche Gesicht nicht mehr richtig sieht, stört die Pfarrerin nicht. „Die Menschen sehen meine Augen“, sagt die Seelsorgerin. „Auch damit kann ich schon viel zum Ausdruck bringen“, meint sie. Für viele Patienten auf einer Corona-Station sind die Besuche der Pfarrerin wichtige Hoffnungsmomente. Denn oft kämen die Menschen hier ins Grübeln. 

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„Warum hat es gerade mich getroffen?“ Solche Fragen hört Ulrike Döbrich öfter. Oft ließen sie auch ihr Leben Revue passieren, machten sich Gedanken darüber, was einst schief gelaufen ist. „Wir reden dann auch mal darüber, wo solche Menschen Resillienzpunkte haben, Dinge, die ihnen Hoffnung und Kraft geben“, sagt Döbrich. Und natürlich: „Wenn Menschen das möchten, bete ich mit ihnen, oder spreche ihnen einen Segen zu.“ 

Einsamkeit und Angst vor dem Ende

Vor allem aber ist die Einsamkeit für die Patienten in den Krankenhäusern in der Pandemie ein Problem. Freizeitbeschäftigungen gibt es in den Krankenzimmern nicht viele. Döbrich bringt den Menschen dann schon einmal eine Tageszeitung vorbei. „Bücher kann ich den Corona-Patienten leider nicht besorgen“, sagt die Seelsorgerin. „Die müsste man ja, wie alles Material aus den Zimmern, wegwerfen, wenn sie wieder gesund sind.“ 

Die einzige Ausnahme ist die Bibel: Döbrich verteilt Exemplare, die vom Gideon-Bund, einer Organisation missionarisch aktiver, christlicher Geschäftsleute finanziert und preiswert hergestellt werden. „Davon habe ich immer ein paar Stück vorrätig“, sagt Döbrich. Aber wollen die Kranken überhaupt immer mit einer Pfarrerin sprechen? „Nein“, sagt Ulrike Döbrich. „Durchaus nicht.“ 

Manche Patienten wollten gar nichts mit der Kirche zu tun haben, zu ihnen geht sie dann nicht mehr. „Aber ich biete jedem meinen Besuch an, mit manchen rede ich auch einfach nur über weltliche Dinge“, sagt Döbrich. „Und manche haben auch Angst – wenn die Pfarrerin kommt, heißt das dann vielleicht, dass es zu Ende geht?“ Diese Angst allerdings kann die Theologin den Menschen dann in aller Regel nehmen. 

Menschen das Gefühl geben, dass sie nicht allein sind

Doch Pfarrerin Döbrich ist nicht nur für die Corona-Patienten da. Auch mit den Mitarbeitern der Klinik, den Angehörigen der Patienten  – und natürlich auch den Kranken auf der Palliativstation oder in anderen Teilen des Krankenhauses redet die Seelsorgerin. „Mir ist es wichtig, dass die Menschen das Gefühl bekommen, nicht alleine gelassen werden“, sagt Döbrich. 

Was sie in ihrer Arbeit motiviert? „In erster Linie ist das natürlich mein Glaube“, sagt die Pfarrerin. „Ich habe die Gewissheit, dass ich bei allem, was ich mache, nicht alleine bin – ich weiß Gott an meiner Seite.“ Was nicht heißt, dass die Seelsorgerin selbst keine Angst vor dem Virus hätte. „Man darf im Umgang damit nicht leichtfertig werden“, sagt Döbrich. „Und natürlich hoffe ich, wie viele Menschen hier im Krankenhaus, auch auf eine schnelle Impfung.“

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